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Taliban attackieren an mehreren Fronten

Afghanistan Sechs Natosoldaten verlieren bei Anschlag ihr Leben. Die Provinz Helmand vor dem Fall

KABUL dpa/afp | Bei einem Selbstmordattentat nahe der Hauptstadt Kabul sind nach Nato-Angaben sechs Soldaten der Militärallianz getötet worden. Der Anschlag der Taliban ereignete sich am Montag in der Nähe des Luftwaffenstützpunkts Bagram, wie ein Nato-Sprecher mitteilte. Die Provinz Helmand steht laut einer Warnung ihres Vizegouverneurs kurz vor dem Fall an die Taliban.

Der Attentäter sei in der Nähe des Stützpunkts mit einem Motorrad auf eine gemeinsame Patrouille aus Nato-Soldaten und afghanischen Polizisten zugefahren und habe einen Sprengsatz gezündet, sagte der Gouverneur der Provinz Parwan, Mohammed Asem. Nach Angaben des Gouverneurs wurden mehrere weitere Soldaten und Polizisten verletzt.

Zu dem Anschlag bekannten sich die Taliban. Die islamistische Rebellenbewegung hat ihre Angriffe seit dem Sommer deutlich verstärkt. Vor allem der Bezirk Sangin in Helmand ist seit Tagen heftig umkämpft.

„Ich kann nicht länger schweigen. Helmand steht kurz vor dem Fall“, schrieb Vizegouverneur Mohammed Dschan Rasuljar am Sonntag über das Online-Netzwerk Facebook an Präsident Aschraf Ghani. In den vergangenen zwei Tagen seien 90 Soldaten bei Kämpfen mit den Rebellen getötet worden. Ihm sei es nicht gelungen, den Präsidenten über andere Kanäle zu erreichen, beklagte Rasuljar. Er warf Ghani vor, die bedrohliche Lage in Helmand herunterzuspielen.

Rasuljar sagte, die Taliban hätten am Sonntag in Sangin das Polizeihauptquartier, das Büro des Gouverneurs und das Gebäude des Geheimdienstes erobert. „Die Kämpfe im Bezirk eskalieren“, sagte Rasuljar. Die Regierung versprach, Verstärkung zu schicken, bestritt aber, dass der Bezirk an die Taliban zu fallen drohe.

Laut Regierungsbeamten sind 12 der 14 Bezirke von Helmand heftig umkämpft oder bereits unter Kontrolle der Islamisten. Die Aufständischen überrannten kürzlich auch einen Vorort der Provinzhauptstadt Laschkar Gah.

Die US-Armee entsandte in den vergangenen Wochen Spezialkräfte nach Helmand, um die afghanische Armee zu unterstützen. Ursprünglich sollten sich die internationalen Truppen im Laufe des kommenden Jahres ganz aus Afghanistan zurückziehen. Wegen der verschlechterten Sicherheitslage beschloss die Nato aber kürzlich, 2016 in praktisch unveränderter Stärke von etwa 12.000 Soldaten in Afghanistan zu bleiben.

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