: Testballon Feld-bebauung
Kommentar
von Nina Apin
Traglufthallen auf dem Tempelhofer Feld
Wer das freie Tempelhofer Feld liebt, verfiel am Donnerstag kurz in Schnappatmung. „Koalition will Tempelhofer Feld für Flüchtlinge bebauen“, titelte die Morgenpost. Von „baulichen Anlagen einschließlich Einfriedungen“ war die Rede. Dafür müsste freilich das „Tempelhof-Gesetz“ geändert werden, das nach dem Volksentscheid von 2014 jegliche Bebauung des Feldes untersagt. Schickt Regierungschef Müller jetzt also die Flüchtlinge vor, um doch noch bauen zu können?
Wenig später stellte sich heraus: So wild ist es nicht. Man will, wie aus der SPD eilends klargestellt wurde, nur Traglufthallen aufstellen. Und diese Ausnahme ganz konkret im Tempelhof-Gesetz festhalten. Das heißt: Es wird keine Container auf dem Feld geben, keinen Leichtbau. Und schon gar keine Häuser. Wer kann also in diesen Zeiten, in denen es an Schlafplätzen für die Geflüchteten fehlt, ernsthaft gegen ein paar Traglufthallen sein? Disqualifizieren sich kategorische Gegner von Unterkünften nicht als Anhänger des Sankt-Florians-Prinzips, denen das Freizeitparadies vor der Nase wichtiger ist?
Schaler Beigeschmack
Doch so bestechend, wie es Müller und die Senatskanzlei darstellen, sind die Sachzwänge nicht. Das Feld ist nicht der einzig freie Platz im Zentrum, auf dem man Traglufthallen aufstellen kann. Warum jetzt unbedingt das Feld? Bei aller Platznot: Von Müllers Vorstoß bleibt ein schaler Beigeschmack. Es scheint, als teste der Bausenator a. D. schon mal die Leidensfähigkeit der Feldschützer für den Ernstfall. Denn dass er irgendwann bauen will, daraus hat Müller nie einen Hehl gemacht. Nur: die Flüchtlingskrise – das ist der falsche Testballon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen