Klimafreundliche Mobilität: Oslo will autofrei werden
CO2-neutral, aber voll mobil? Läuft, meint die neue rot-rot-grüne Stadtregierung in der norwegischen Hauptstadt. Man muss nur wollen.
Stockholm taz | In vier Jahren wird Norwegens RegierungschefIn zu Fuß gehen müssen, wenn sie an einer Parlamentssitzung teilnehmen will. Ebenso wie ihre Minister und die Abgeordneten. Das Storting-Gebäude soll dann in der autofreien Zone der Hauptstadt liegen. Das sehen Pläne vor, die Oslos Stadtregierung am Montag präsentierte.
„Historisch“ nennt der sozialdemokratische Oberbürgermeister Raymond Johansen den Beschluss. Möglich machte ihn ein ebenfalls historisches Wahlresultat: In Oslo regiert seit September ein Bündnis aus der grünen Miljøpartiet De Grønne, den Sozialdemokraten und den Linkssozialisten.
Die autofreie City war eine Hauptforderung des Wahlkampfs, bis 2019 soll sie umgesetzt sein.
Zwar wohnen nur noch rund 1.000 Menschen in der City, doch 90-mal so viele haben dort ihre Arbeitsplätze. Sie sollen mobil bleiben, indem die Kapazitäten des öffentlichen Nahverkehrs durch einen neuen U-Bahn-Tunnel erweitert und mindestens 60 Kilometer neue Radwege gebaut werden. Für Schulkinder soll der Nahverkehr gratis sein. Ausnahmen für Autoverkehr in der City sollen auf Warenlieferungen und Serviceverkehr begrenzt werden.
Auch außerhalb der City wird der Autoverkehr unattraktiver, aber klimafreundlicher – das bestehende Mautsystem wird ausgebaut, die Maut generell und speziell für Autos mit fossilem Brennstoffantrieb verteuert. Dagegen werden Hybridfahrzeuge entlastet, Elektroautos sind bereits Maut-frei. Diese Maßnahmen sollen den Ausstoß von Klimagasen bis 2020 auf 50 Prozent des Niveaus von 1990 senken und den individuellen Autoverkehr bis 2030 um 30 Prozent reduzieren. „Autos, die 2030 noch fahren, müssen emissionsfrei sein“, sagt Lan Marie Nguyen Berg, grünes Mitglied der Stadtregierung.
Bedenken hat die Geschäftswelt. Mehrere große Hotels und elf der 57 Einkaufszentren Oslos würden in der autofreien Zone liegen. Dort fürchtet man Umsatzeinbußen. Oberbürgermeister Johansen sagte jedoch: „Es geht nicht an, klimapolitische Maßnahmen immer nur zu verschieben.“
Leser*innenkommentare
noevil
Schon seltsam: Die Bedenken von Hotels und Einkaufszentren. Sind doch auch heute schon die teuersten Geschäfts- und Hotellagen in den Fußgängerzonen der Innenstädte. Da rollen die Gäste ihre Koffer meist ebenso widerstandslos zu den Unterkünften in den Cities wie auch die Shoppenden ihre Taschen mit ihrer Einkaufsbeute ohne zu schmollen durch die Fußgängerzonen schleppen.