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Streit um WasserprivatisierungWasserschlacht im Europaparlament

Konservative wollen verhindern, dass Zugang zu Wasser als Grundrecht gilt. Sie versuchen, Erfolge einer Initiative gegen Privatisierung zurückdrehen.

Zugang zu Wasser für jeden? Darüber wird im Europaparlament gestritten. Foto: dpa

Brüssel taz | Der Streit um das Grundrecht auf Wasser geht in eine neue Runde. Nachdem die Eurogruppe im Sommer beschlossen hat, Griechenland zur Privatisierung seiner Wasserversorgung zu zwingen, droht nun auch im Europaparlament ein Rückschlag: Konservative und Liberale versuchen, die Erfolge der europäischen Bürgerinitiative „Right2Water“ zurückzudrehen. Bei der Sitzung des Umweltausschusses am Dienstag droht ein Eklat.

Die Initiative hatte 2012 und 2013 europaweit 1,9 Millionen Unterschriften für eine nicht profitorientierte Wasserversorgung gesammelt – und die EU-Kommission in die Knie gezwungen: Die Brüsseler Behörde musste den Wassersektor aus der Konzessionsrichtlinie der EU ausklammern, mit der die Vergabe von öffentlichen Aufträgen geregelt wird. Es war der bisher größte Erfolg einer Europäischen Bürgerinitiative, die erst 2009 eingeführt wurde.

Allerdings weigerte sich die Kommission danach, weitere Konsequenzen zu ziehen und den freien Zugang zu Wasser als Grundrecht zu verankern. Demgegenüber griff der Umweltausschuss des Europaparlaments die Ideen der Initiative auf. Doch genau das will die konservative EVP-Fraktion, der auch CDU/CSU angehören, nun rückgängig machen. Dies geht aus Änderungsanträgen hervor, die der taz vorliegen.

Darin wird jede Kritik an der Privatisierungs- und Austeritätspolitik gestrichen. Auch die Passage, dass der freie Zugang zu Wasser ein „unverrückbarer Teil der Menschenrechte“ sei und ein Wasserentzug eine „Menschenrechtsverletzung“, ist gestrichen. Auch die Handlungsempfehlung an die EU-Kommission wird abgeschwächt. Statt von (verbindlichen) „Legislativ-Vorschlägen“ zur Durchsetzung des Rechts auf Wasser soll nur noch von unverbindlichen „Vorschlägen“ die Rede sein.

Dies führte schon vor der geplanten Abstimmung zu großem Ärger im Umweltausschuss. Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold spricht vom „skandalösen Manöver in letzter Minute“. Scharfe Kritik kommt auch aus der SPD. Die Konservativen wollten die Erfolge von „Right2Water“ verwässern, warnt SPD-Mann Matthias Groote.

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11 Kommentare

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  • Der Antrag ist einer der größten Lobbyerfolge überhaupt. Dort wird nämlich mit keinem Wort gefordert, dass Wasser staatlich bleiben sollte oder Privatisierung sogar zu verbieten ist.

    Nur, dass sich die Kommission bitte aus allem raus halten soll. Folge: Jeder Bürgermeister darf seine Wasserversorgung verscherbeln wie er möchte, ohne dass die Bürger wenigstens einen Anspruch auf ein transparentes Vergabeverfahren hätten. Grundrecht auf Wasserversorgung? Nicht mit diesem Antrag!

  • Die werden als "Konservative" bezeichnet?

    Echte Konservative würden das Grundrecht aus freien Zugang zu Trinkwasser einführen!

     

    Die da sind korrupte Mafia-Gangster!

  • So ganz nebenbei geht es auch um etwas völlig anderes, nämlich den Versuch einiger Lobbies, durch die Hintertür für sich ein Grundrecht auf beliebiges Verseuchen des Grundwassers zu konstruieren.

  • Die Liberalisierung, von der immer geredet wird, ist am Ende die totale Versklavung, schlimmer als es Auswüchse des Feudalismus je vermocht hätten.

    • @Khaled Chaabouté:

      Ja nun, in dieser Liberalität stehen jedem alle Freiheiten offen - sofern er sie sich leisten kann.

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Jaja, die völlig Rechtlosen wurden deshalb früher ja auch vogelfrei geheißen.

  • Gerade beim Wasser zeigt sich die Ganze Dummheit der "Liberalisierung" der Grundversorgung. Aber die Konservativen haben offensichtlich noch nicht aufgegeben...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Nein, aber warum? Sie haben's einfach (noch) nicht kapiert!

       

      Bereiten wir nun die nächste Kampagne vor, oder besser kommen wir einfach mal persönlich vorbei!

      • @noevil:

        Natürlich ist es wichtig, den Widerstand wieder zu verstärken. Aber ich fürchte, die Konservativen begreifen es nie.

  • Ist halt 'ne super Kanzlerin.

     

    Man hat mit Merkel halt immer die Wahl: Pest oder Cholera.

     

    Oder durch die Hintertür.

  • Wenn jemand mit den Lebensgrundlagen spekulieren will und die allgemeinen Menschenrechte nach der Französischen Revolution privatisieren will, wird es Krieg geben. Wie jetzt schon um die anderen knappen Ressourcen, z. B. seltene Erden!

     

    Wenn die Umwelt sich ändert haben die Menschen immer einen Weg gesucht und gefunden, ihre Chancen zu überleben zu verbessern oder wenigstens zu erhalten.

    Das gilt erst recht bei Mangel an Lebensgrundlagen, Klima, Wasser, Luft, Sicherheit, Krieg und die Möglichkeit diese zu verbessern. Geld ist lediglich ein Versprechen, einmal reale Güter dafür zu erhalten (J.M. Keynes 1936) Ansonsten ist es wertlos.

    Die Wanderung 2015 ist voll im Gange. Das lässt sich nicht durch politische Beschlüsse zurückdrehen. Politiker, die diese Erkenntnis nicht wahrhaben wollen, handeln dumm.

     

    Der Staat hat die Aufgabe dem Volk die Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die es benötigt um sich selbst zu helfen! Eine Privatisierung mit Gewinnabsichten und Finanzierungskosten wird immer teuerer als Steuerfinanziert. Sie führt zu Gewinnoptimierung für Privatpersonen zu lasten der Qualität für des Volk.