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Die EU und die WasserprivatisierungKoalitionsdisziplin statt Überzeugung

Die Union beteuert, gegen Wasserprivatisierung zu sein, lehnt entsprechenden Antrag aber ab. In Brüssel stützt die Regierung die EU-Pläne erneut.

Objekt der Begierde: Wasser. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Abgeordneten von CDU und CSU haben am Donnerstag Nachmittag im Bundestag mehrheitlich gegen einen Antrag der Grünen zur Wasserprivatisierung gestimmt. Darin sollte die Bundesregierung aufgefordert werden, sich in Brüssel gegen EU-Pläne zu stellen, die kommunale Wasserwerke unter verstärkten Privatisierungsdruck setzt. Bemerkenswert ist dieses Votum vor allem deshalb, weil die Union das Anliegen des Antrags eigentlich teilt: Die Grünen hatten sich darin im Wesentlichen auf einen Parteitagsbeschluss der CDU vom vergangenen Dezember gestützt.

Für die Unionsfraktion bekräftigte Norbert Lange die inhaltliche Zustimmung: Sie sage "Nein zur Privatisierung" und werde versuchen, die EU-Richtline "zu kippen". Dabei würden aber "populistische Anträge" der Opposition nicht helfen, erklärte er. Ebenso wie die Mehrheit seiner Fraktion lehnte Lange den Antrag ab: Lediglich fünf CSU-Abgeordnete stimmten dafür, weitere fünf enthielten sich. Aus der CDU gab es eine einzige Enthaltung.

Das wurde selbst von der FDP (mit zwei Enthaltungen) übertroffen. Dabei hatte Hans-Joachim Otto, parlamentarischer Staatssekretär der FDP im Wirtschaftsministerium, der Opposition vorgeworfen, einen "Popanz" aufzubauen und "Unsinn" zu verbreiten. "Es gibt auch in Zukunft keinen Zwang zur Privatisierung", sagte er. Die geplante EU-Regelung diene lediglich dazu, bei Ausschreibungen von Kommunen "Korruption und Vetternwirtschaft zu verhindern".

SPD, Linke und Grüne bekräftigten hingegen, dass mit der geplanten Richtlinie der Privatisierungsdruck für Stadtwerke zunimmt, vor allem wenn Private dort bereits in geringem Umfang mit im Boot sind. Daran änderten auch die angkündigten Zugeständnisse des zuständigen Kommissars Michel Barnier nichts.

Für die Grünen kritisierte Britta Haßelmann, dass die Bundesregierung die umstrittene Richtlinie im klaren Widerspruch zur Beschlusslage von CDU und CSU in Brüssel weiter unterstütze. Just an diesem Donnerstag habe Österreich im Ständigen Ausschuss der EU-Mitglieder versucht, die Wasserversorgung aus der Richtlinie herauszunehmen, sei aber von Deutschland nicht unterstützt worden. "Angela Merkel lässt Philipp Rösler offenbar völlig freie Bahn", sagte Haßelmann. Auch Ulla Lötzer (Die Linke) appellierte an die Union: "Sie müssen heute Farbe bekennen und können sich nicht hinter Herrn Rösler verstecken."

Die Appelle blieben ohne Erfolg. Ebenso wie der Grünen-Antrag bekamen ähnliche Forderungen von SPD und Linken keine Mehrheit. Bei der Union blieb die Koalitionstreue stärker als die inhaltliche Überzeugung.

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3 Kommentare

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  • D
    Durchblicker

    Wieso versteht das keiner? Eine etwaige Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung ist und bleibt Entscheidung der Kommune! Es wird keinen Privatisierungs-Zwang geben. Einfach mal die Richtlinie lesen ...

  • SM
    Stephan Monecke

    Was in diesem Artikel fehlt, ist die Tatsache, dass sich die gesamte SPD-Fraktion beim Antrag der Linken auf Anerkennung von Wasser als unabdingbares Menschenrecht geschlossen enthalten hat. Scheinbar ist für die SPD Wasser kein Menschenrecht oder interne Parteistreitigkeiten wichtiger als ein Menschenrecht!

  • N
    noevil

    Wenn der Wähler diese FDP/C..-Lügen und Nebelkerzen nicht bis zum 22. September entlarvt und dann durch sein Votum abgestraft hat, bleibt nur noch zu hoffen, dass die empörten Bürger zusammen mit den geknebelten Kommunen von Fall zu Fall endlich aufstehen und auf die Straßen gehen.