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Frauenförderung in HannoverPeniskostüm im Geiste

Beim Verkehrsbetrieb „üstra“ in Hannover tragen Busfahrer einen Rock, um den Beruf für Frauen attraktiver zu machen. Das ist so gaga.

So sieht das jetzt aus in Hannover. Foto: marshi / photocase.de

BERLIN taz | Es ist so niedlich und so gut gemeint, man kann es ihnen kaum übel nehmen. Der hannoversche Verkehrsbetrieb „üstra“ hat sich eine vertrottelte PR-Kampagne ausgedacht, um den Frauenanteil in ihrem Unternehmen zu erhöhen. Unter dem Motto “üstra rockt“ tragen zehn Bus- und Stadtbahnfahrer seit dieser Woche einen Rock als Dienstkleidung, um den Beruf für Frauen attraktiver zu machen.

„Luftig“ finden die Männer ihren Dienstrock, der aussieht wie ein Kilt und den sie ausdrücklich freiwillig tragen, „positiv angenehm“ und „wirklich sehr geil“, so beschreiben sie das in einem Video der Hannoverschen Allgemeinen. „Wir wissen jetzt, wie Frauen sich fühlen“, sagt einer der Stadtbahnfahrer. Das ging natürlich flott.

„Wir wollten Rollenklischees und Berufsbilderklischees aufbrechen“, sagt Claudia Kudlinski, Projektleiterin von „üstra rockt“. Man brauche nicht nur „Lippenbekenntnisse“, sondern auch „Kultur- und Verhaltensänderungen“, um bestimmte Berufe für Frauen attraktiver zu machen. Das ist alles natürlich sehr richtig. Die „üstra“ hat dazu auch eine ganze Liste konkreter Maßnahmen zur Frauenförderung, darunter Weiterbildungsangebote und eine feste Quote. Immerhin gibt es demnächst 600 Stellen neu zu besetzen.

Die Rock-Aktion ist nur eine zusätzliche Show, um mehr Aufmerksamkeit zu kriegen – was ja offensichtlich funktioniert. “Üstra-Fahrer zeigen Bein“, berichtet die Hannoversche Allgemeine, “Männer, die mit Röcken fahren“ titelt ndr.de und “Mutig! Wir haben Bock auf Rock!“ schreibt bild.de. Auch alle Wortspiele mit „die Hosen anhaben“ sind schon gemacht. Es läuft.

Frauen, so schön!

„Der schönste Grund, warum Männer Rock tragen, sind Frauen“ ist der Werbespruch zur Kampagne. Das ist so gaga. Als gäbe es nichts Lustigeres, als wenn Männer einen Rock tragen. Genau so sinnvoll hätten die Herren Busfahrer sich eine Slipeinlage auf die Stirn kleben können. Frauenkram und so.

Natürlich ist es bemerkenswert, wenn ein Verkehrsunternehmen seine cismännlichen Busfahrer dazu kriegt, in der Öffentlichkeit freiwillig Röcke zu tragen. Cross-Dressing als PR ist aber auch nur mittelmäßig subversiv, wenn der Rock mit derselben Geste getragen wird wie ein Peniskostüm bei einem Junggesellenabschied.

Da wird es der Personalabteilung aber die Schuhe ausziehen, wenn die angeworbenen Frauen dann – huch – in Hosen zum Bewerbungsgespräch erscheinen. Oder wenn sich jetzt haufenweise Schotten bewerben.

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24 Kommentare

 / 
  • 9G
    91655 (Profil gelöscht)

    An Ihrem Artikel ist so gut wie alles falsch ... Endlich wird einmal intensiv und ausführlich mit einer für viele Männer eher undenkbaren Aktion um Frauen in einem sog. Männerberuf geworben ... und Sie können Gedanken lesen (Peniskostüm)!

    Im Übrigen:

    Slipeinlagen werden nicht auf der Stirn getragen.

  • Macht die Schotten dicht ... und denkt immer daran, Slipeinlagen kleben auf der Stirn auch nicht besser.

  • Frau Stokowski,

    woher wissen Sie eigentlich dass der Rock mit derselben Geste getragen wird, wie das Peniskostüm auf einem Junggesellenabschied?

  • Ich und meine Freundinnen schmeißen regelmäßig cfnm Parties um dieses Geschlechterverhältnis einmal umgekehrt zu erleben und wir amüsieren uns jedes mal köstlich.

  • Eine positive Aktion. Sie stellt Rollenbilder in Frage - auch wenn es "nur" um ein Kleidungsstück geht. Das ist durchaus nicht so unwesentlich - ein Blick auf Frauen, die dafür gekämpft haben, Hosen zu tragen oder die aktuelle Debatte um Kopftücher - sowie die ablehnenden Forumsbeiträge hier, zeigen, dass die Üstra hier tatsächlich Rollenmodelle in Frage stellt - und nicht nur längst gelösten Konfliktfragen hinterher läuft.

  • Hans Wurst.

  • Geehrte Frau Stokowski!

    Ich verstehe Ihre Kritik nicht. Da ist ein Unternehmen, das händeringend Mechatronikerinnen (!) sucht. Es möchte potentiellen Arbeitnehmerinnen signalisieren, dass das Brechen von tradierten Geschlechterrollen im Unternehmen gern gesehen wird und kommen auf die Idee, dies zu tun, indem ihre Angestellten signalisieren: "Wir (Deine zukünftigen Kollegen) tun das auch!" Was ist daran lustig? Die gezeigten "Rockträger" taten das mit Spaß, aber nicht veralbernd. Ich fand es sehr glaubwürdig, zumal die Üstra auch dafür bekannt ist, dass den Vätern Teilhabe am Familienleben ermöglicht wird. Ich finde das modern und zeitgemäß. Ihr abwertendes Gemäkel allerdings hat mich zum ersten Mal verstehen lassen, warum so viele Menschen den modernen Feminismus (den ich immer glühend vertrete) nicht begreifen.

  • Schade dass es bei der taz des Öfteren solche Artikel und dann auch noch doofere Kommentare (Horst) zu lesen gibt. Glaube nicht dass diese Debatte irgend etwas in der Gesellschaft positiv verändert.

  • Also ich würde gerne einen Rock auf Arbeit tragen.

    Bei uns besteht Krawatten-, Hemd- und Hosenpflicht! Egal wie heiß es ist.

    Und ein Rock ist manchmal doch recht praktisch, mal ganz davon abgesehen das ich meinen Kilt auch recht kleidsam bei mit finde…

    Außerdem ist die Werbeaktion, von den ganzen schlechten Wortwitzen die da bestimmt gerissen wurden abgesehen, nicht schlecht.

    Und es muss eigentlich auch kein tieferer Sinn dahinter sein, PR hat nur die Aufgabe dafür zu sorgen dass die Leute etwas mitbekommen.

    Das ist in diesem Fall geschehen.

    Und wie ja schon im Artikel stand, hat die üstra auch ein Programm vorgelegt.

    Kritik wäre m. M. n. nur angebracht wenn es außer der Rockaktion nichts anderes geben würde.

    • @derSchreiber:

      Jammern hilft nix. Wenn es so schlimm ist muessen sie den beruf wechseln

  • Anderenorts haben Busfahrer freiwillig und aus eigenen Stücken Röcke angezogen, da weibliche Busfahrer das durften, männliche Busfahrer hingegen auch bei großer Hitze lange Hosen zu tragen hatten.

     

    Fragen Sie doch mal den Bankangestellten ihres "Vertrauens", am besten bei über 37°C, wie toll er es findet, dass für ihn, je nach Institut, Krawatten, Sakko und lange Hosen-Pflicht besteht, während weibliche Angestellte ärmellos, äußerst luftig und mit sehr kurzen Röcken ihre Arbeit verrichten dürfen. Dabei ist üblicherweise Frauen schneller kalt als Männern.

     

    Gleichberechtigung ist keine Einbahnstraße!

    • @anteater:

      Seit wann ist gleicberechtigung keine einbahnstrasse mehr? Wenn eine weniger rechte hat als einer, dann kann der weg ja nur zum hieherwertigen recht gehen.

      • @Demokrat:

        @Demokrat

        Zum einen ist die GleichBERECHTIGUNG längst erreicht - diskutiert wird die Gleichstellung etc.

        Effektiv und nicht nur auf der positiv-rechtlichen Ebene gibt es natürlich Diskriminierungen. Es ist aber nicht so einfach, dass Frauen da nur benachteiligt werden. Väter werden z.B. gegenüber Müttern bei Sorgerechtsstreitigkeiten oder Unterhaltsprozessen massiv benachteiligt. Frauen erhalten bei gleichen Delikten geringere Strafen.

        Ein Unrecht rechtfertigt ein anderes Unrecht nicht und niemand hat die "Opferrolle" gepachtet.

        Es ist sicher bequemer hier nur eindimensional zu denken - das hat aber eben mit der Realität wenig zu tun.

  • Was heißt "cismännlich"???

    • @AlexA:

      Das Gegenteil von Transgender. Sprich: Cismännlich sind Männer, die sich auch als Männer verstehen.

      • @Ulli Kunz:

        Was es alles gibt

      • @Ulli Kunz:

        Gallia cis & trans alpina -

         

        Doch doch - das leuchtet ein - &

        macht den CDU/CSU/FDP-Slogan -

        Weg mit den Alpen -

        Freier Blick zum Mittelmeer!

        Erst richtig gelegant!

  • Wohl neidisch?

  • Schottenrock? Eine Hommage an Sean Connery zum 85ten?

  • "There is no such thing as 'bad PR'."

     

    Alles gesagt. Solange sich Hinz, Kunz und natürlich auch Frau Stokowski nur ausreichend öffentlich darüber aufregen, hat die üstra ihr Ziel erreicht, wie Sie selbst irgendwo in der Mitte des Artikels (/Kommentars/ der Kolumne?) richtig feststellen. Ich darf Ihnen in deren Namen herzlich fürs brave Mitspielen danken.

    • @Normalo:

      Das möchte ich unterstützen und ebenso darum bitten, Kommentare als solche zu kennzeichnen.

  • 2G
    23879 (Profil gelöscht)

    Ich hätte nicht gedacht, daß ich der Frau Stokowski so bald beipflichten würde. Aber hier hat sie tatsächlich mal Recht. Das IST gaga.