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Unglaubwürdige Terror-HinweisgeberinAufgeblasener Terror-Alarm

Nachdem die Stürmung des IKZ am „Bremer Terror-Tag“ für unrechtmäßig erklärt wurde, bestreitet nun die Tippgeberin des Verfassungsschutzes ihre Aussagen.

Schwerbewaffnete Polizisten auf dem Bremer Marktplatz am 28. Februar 2015 Foto: dpa

BREMEN taz | Als die ARD am Montagabend einen Bericht über den „Bremer Terror-Tag“, den 28. Februar, unter der Überschrift „Bedingt abwehrbereit“ ausstrahlte, war für Beate Krafft-Schöning das Maß voll: Ja, sie sei damals die „Hinweisgeberin“ des Verfassungsschutzes gewesen, erklärte sie – aber das, was da in den Akten des Verfassungsschutzes als ihre Aussage stünde, habe sie nicht gesagt.

In einer schriftlichen Stellungnahme erklärte sie: „Zu keiner Zeit habe ich Behörden gegenüber ausgesagt oder anderweitig Hinweise darüber abgegeben, dass (der Hauptverdächtige, Anm. d. Red.) Mohammed M. in irgendwelche Ankäufe von Waffen oder anderweitig in diese Angelegenheit involviert ist, dass das Islamische Kulturzentrum (IKZ) in Waffenankäufe oder anderweitig in diese Angelegenheit involviert ist, dass die ‚Waffenbeschaffung nun sicher abgeschlossen sei’ und – die ‚Waffen nun unter den Mitgliedern des IKZ verteilt worden sind’.“

Hinweise hätten wochenlang vorgelegen

Genau das waren aber die Vorwürfe, die über die Akten des Verfassungsschutzes in den Durchsuchungsbeschluss für das „Islamische Kulturzentrum“ (IKZ) gelangt waren. Das Bremer Landgericht hatte noch unterstellt, dass diese Hinweise ernst zu nehmen gewesen wären, allerdings schon Wochen vorgelegen hätten.

Die Durchsuchung des IKZ am 28. Februar sei mit einem anderen Hinweis gerechtfertigt worden, nämlich einem einer „Bundesbehörde“ auf vier „schwer bewaffnete Franzosen“. Dazu sei kein Behördennachweis vorgelegt worden, hatte das Landgericht moniert und die Durchsuchung daher für rechtswidrig erklärt.

Mit dem Dementi der „Hinweisgeberin“ wird die Basis, auf deren Grundlage der Innensenator in Bremen für einen Tag eine große Terrorwarnung herausgegeben hatte, nun noch brüchiger. Denn entweder hat der Verfassungsschutz hier eine Gefahrenlage herbeiphantasiert, oder er hat sich auf eine Informantin verlassen, die vier Monate später nicht mehr zu ihren Angaben steht. Das eine wäre nicht weniger fatal für das Amt als das andere.

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss

Die Fraktionsvorsitzende der Linken zum Beispiel, Kristina Vogt, hält das aktuelle Dementi von Krafft-Schöning für unglaubwürdig und verweist darauf, dass der Verfassungsschutz schon Ende Februar große Zweifel an den der „Hinweisgeberin“ zugeschriebenen Angaben hatte.

Umso dringender ist die Frage, wie diese Behauptungen in den Gerichtsbeschluss zur Durchsuchung des IKZ kamen. Dazu hatte der verantwortliche Oberstaatsanwalt die Aussage verweigert.

Das ist einer der Gründe, warum die Linksfraktion am gestrigen Dienstag Unterschriften für einen Untersuchungsausschuss sammelte. Die CDU hatte zugesagt, dass sie dafür sorgen wolle, dass die erforderliche Zahl von 13 ihrer Abgeordneten unterschreiben.

Druck aus politischen Gründen?

Ihr Verdacht: Da hat der Innensenator aus politischen Gründen ordentlich Druck gemacht auf die Ermittlungsbehörden, die ihre Erkenntnisse aufbauschen mussten. Wenn sich das so erweisen würde, wäre der Senator fällig.

SPD und Grüne gingen am Dienstag ebenfalls davon aus, dass Krafft-Schönings Dementi unglaubwürdig ist – und die Neuwahl des Senats daher ohne Überraschungen über die Bühne gehen kann.

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