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Viertelfinale USA gegen BrasilienDanke Marta, danke USA!

Was für ein Spiel: Eigentor, Platzverweis, Elfmeter, Hope Solo, Wiederholung, Marta, nochmal Marta, Verlängerung, Elfmeterschießen. Die USA siegen.

Hope Solo gegen Marta Bild: dpa

DRESDEN taz | Als Aby Wambach in der Nachspielzeit der Verlängerung (120.+2) des Viertelfinales zwischen den USA und Brasilien zum 2:2 köpfte, wurde das gefeiert wie ein Sieg. Zu zehnt hatten die USA lange Zeit spielen müssen, waren, wie viele im Stadion fanden, ungerecht behandelt worden, und hatten es nicht verdient, einfach auszuscheiden. Und sie gewannen das Elfmeterschießen.

Es war das Spiel, das die größte Geschichte erzählt hat bei diesem Turnier. Mit 5:3 im Elfmeterschießen gewann die Mannschaft, die schon ausgeschieden schien, die am Boden lag. Hope Solo, die US-Torhüterin, hielt einen Elfmeter von Daiane in finalen Shootout und wurde zur Heldin dieser Geschichte. Es durfte geweint werden.

Bis dahin war Solo die Hauptrolle von der Schiedsrichterin streitig gemacht worden. Die australische Schiedsrichterin Jacqui Melksham war es, die Dynamik in ein Spiel gebracht hat, das bis zu ihrem spektakulären Auftritt eher mäßig war: 66 Minuten waren gespielt, da pfiff sie Elfmeter gegen die USA und stellte Rachel Bühler vom Platz. Die soll Marta gefoult haben, nun gut. Aber Rot? Die Amerikanerinnen waren entsetzt.

Die Daten zum Spiel

Brasilien - USA 3:5 i.E. (2:2,1:1,0:1)

Brasilien: Andreia - Aline, Daiane, Erika - Fabiana, Formiga (113. Renata Costa), Ester, Maurine - Cristiane, Marta - Rosana (85. Francielle)

USA: Solo - Krieger, Buehler, Rampone, LePeilbet - O'Reilly (108. Heath), Boxx, Lloyd, Cheney (55. Rapinoe) - Rodriguez (72. Morgan), Wambach

Schiedsrichterin: Melksham (Australien)

Zuschauer: 25.598 (ausverkauft)

Tore: 0:1 Daiane (2./Eigentor), 1:1 Marta (68./Foulelfmeter), 2:1 Marta (92.), 2:2 Wambach (120.+2)

Elfmeterschießen: 0:1 Boxx, 1:1 Cristiane, 1:2 Lloyd, 2:2 Marta, 2:3 Wambach, Daiane gehalten, 2:4 Rapinoe, 3:4 Francielle, 3:5 Krieger

Gelbe Karten: Aline, Erika, Francielle, Marta / Boxx, Lloyd, Rapinoe, Solo

Rote Karten: - / Buehler (65./Notbremse)

Beste Spielerinnen: Fabiana, Cristiane / Lloyd, Solo

Und noch entsetzter blickten sie drein, als Frau Melksham den von Cristiane getretenen und von Hope Solo gehaltenen Elfmeter wiederholen ließ. Ja, warum das denn? Eine Spielerin war zu früh in den Strafraum gelaufen. So sind die Regeln. Marta nahm sich den Ball. Es stand 1:1.

Die USA mussten zu zehnt weiterspielen – bis zum Abpfiff nach mehr als 120 Minuten. Diese Frau Melksham. Die hat dann auch noch übersehen, dass Maurine im Abseits stand, als sie sich anschickte das 2:1 durch Marta vorzubereiten. Mannomann!

Und so wird man noch lange diskutieren, ob es wirklich richtig ist, richtig zu pfeifen. Kein Schiedsrichterlehrer wird sich finden, der sagen würde, es wäre falsch gewesen, den Elfmeter wiederholen zu lassen. Aber jede Menge Schiedsrichter werden sich finden lassen, die in einem Spiel zu der Ansicht kommen, dass eine Mannschaft mit einem Strafstoß und einem Elfmeter schon bestraft genug ist. Die Amerikanerinnen konnten einem Leid tun. Und den meisten Zuschauern taten sie auch Leid. „USA, USA!“, hallte es durch das Rudolf-Harbig-Stadion. Aber hätte es soweit überhaupt kommen müssen? Waren die USA nicht lange Zeit in Führung?

Spektakuläres Sprintrennen

Und in der Tat hatte es gut angefangen für die Amis. Vor dem Anpfiff haben die brasilianischen Abwehrspielerinnen noch einmal einen Kreis gebildet, um sich einzuschwören. Zwei Minuten später stand es 1:0 für die USA – durch ein Eigentor der Libera Brasiliens. Daiana lenkte eine scharfe Hereingabe von Shannon Box ins eigene Netz.

Doch das war durchaus nicht das einzig Bemerkenswerte in diesen ersten Minuten. Beide Teams gingen extrem motiviert zu Werke. Jede gelungene Aktion wurde von den Mitspielerinnen beklatscht, enge Zweikämpfe per Foulspiel beendet. Das Engagement stimmte. Darüber freute sich das gut gelaunte Dresdner Publikum, das das erste Mal applaudierte kurz bevor das Spiel begann. Da wurde das Flutlicht eingeschaltet. Und siehe da – es funktionierte.

Vom Spiel der beiden Mannschaften konnte man das lange Zeit nicht sagen. Zu nervös agierten alle Spielerinnen auf dem Platz. Kaum ein Angriff wurde zu Ende gespielt. Auch die USA, denen doch geschenkt worden war, wovon viele Mannschaften träumen, ein frühes Tor, ließen beinahe jede Sicherheit vermissen. Und so blieb vor allem ein Leichtathletikduell aus der ersten Halbzeit in Erinnerung. Das Sprintrennen zwischen der mit Ball schnellen Marta und der ohne Ball nicht ganz so schnellen Kapitänin des US-Teams Christie Rampone war wirklich spektakulär: Marta schoss dann drüber.

Dass die zweite Hälfte nicht viel besser begann, als die erste endete, lag an der Verunsicherung der Amerikanerinnen, die einfach nicht weichen wollte. Die schlugen die Bälle planlos nach vorne, so lange bis ein Teil des Publikums nach dem Heimatverein rief: „Dynamo, Dynamo!“. Und dann kam der Auftritt Melkshams und die Dresdner wurden zu wahren Freunden der USA. Am Ende weinten dann alle.

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19 Kommentare

 / 
  • O
    ole

    @Peter A. Weber

     

    [...ist es unangebracht, amerikanischen Sportlern noch besondere Verehrung entgegen zu bringen. ...]

     

    Dann lassen Sie solch ein propagandistischen Unsinn doch einfach weg.

     

    "Ich an ihrer Stelle hätte den Zuschauern die Faust oder den Finger gezeigt."

     

    Das hat sie zuvor schon getan, indem sie die Autogrammwünsche der Fußballfans in der Dresdner Innenstadt mit "fuck you" quittierte.

  • PA
    Peter A. Weber

    von ole:

     

    @Peter A. Weber

     

    Seit wann bestimmen Sie denn, welchen Sportlern eine besondere Verehrung entgegengebracht werden soll und welchen nicht. Unangebracht finde ich eher ihre Belehrung à la Politbüro.

     

    Lesen müßte man können und verstehen, daß nicht die Spur von Bestimmen im Spiele war.

     

    Im übrigen gehöre auch ich seit Jahren zu den Kritikern von Marta, die mir zu verbissen ist und außerdem nicht verlieren kann. Nur bei diesem Spiel hat sie sich wegen ihrer Selbstbeherrschung meine Hochachtung verdient. Ich an ihrer Stelle hätte den Zuschauern die Faust oder den Finger gezeigt.

  • HV
    Hans-Hubert V.

    Ein STRAFSTOß wird zwar aus 11 Metern geschossen, jedoch handelt es sich hierbei um eine Strafe, daher auch der Name. Und im Unterschied zu einem ELFMETER der nach 120 min. Spielzeit in einem Wettkampf ausgetragen wird, darf man bei einem STRAFSTOß auch nachschießen, falls der Torwart pariert hat oder der Ball an Pfosten oder Latte traf. Soviel zum Unterschied.

  • C
    Carsten

    @Mel B

     

    "Eine überforderte Schiedsrichterin"

     

    Da stimme ich noch zu.

     

    "die ausser medizinischen Qualitäten (Gelbe Karte für schnelles Erholen von Schmerzen)"

     

    Die Gelbe Karte war völlig korrekt, da Cristiane das Spielfeld betrat, ohne sich vorher bei der Schiedsrichterin anzumelden. Da spielt es keine Rolle, ob Cristiane Valderrama zitieren wollte oder wirklich so schnell wieder auf den Beinen war.

     

    "den USA durch Aberkennen des 1. völlig korrekt gehaltenen Elfmeters den Sieg schenkte"

     

    Die brasilianische Torhüterin bewegt sich deutlich zu früh von der Linie. Sie darf die Linie laut Regelwerk erst verlassen, wenn der Ball nach vorne gestoßen wurde - da stand sie aber schon deutlich vor der Linie. Insofern war auch die Wiederholung korrekt.

  • R
    realpirate

    Es gibt doch einen fussballgott und er ist gerecht...

    Beim tor von Wambach bin ich totalst ausgeflippt, meine reaktion auf den finalen elfmeter von Krieger hat man strassen weiter noch gehoert.

    Ich habe mir die szene zu martas elfer x-mal angeschaut, marta springt im strafraum kung fu style ueber die amerikanerin, liegt in der luft fast ausgestreckt ueber ihr.

    Nie und nimmer ein elfmeter.

    Noch ein beweis fuer die existenz eines fussballgottes :

    Erikas valderama einlage,

    ( tot vom platz getragen, nach knapp 3 minuten wunderheilung durch total verblueffte sanis, eleganter sprung von der trage, sprint zur mittellinie und zurueck auf das feld ) duerfte den total fertigen Amis genau die luft gegeben haben, die sie fuer den last minute push brauchten.

    Mit letzter kraft flanke Rapinoe, Kopfball Wambach, Tor.

     

    Fussball kann so geil und so fair sein.

     

    Das die brasilianerinnen 'opfer' ihrer eigenen miesen strategie werden ist fuer mich ein weiterer beweis :

    Es gibt ihn. Den Fussballgott. Sicher.

  • MB
    Mel B

    Ich muss ein anderes Spiel gesehen haben, als die Mehrheit, die eindeutig parteiisch ist.

    Ich sah eine spielerisch überlegene brasilianische Mannschaft, die nur durch Überhärte der USAlerinnen jenseits von gut und böse, "gebremst" werden konnte.

    Eine überforderte Schiedsrichterin, die ausser medizinischen Qualitäten (Gelbe Karte für schnelles Erholen von Schmerzen) den USA durch Aberkennen des 1. völlig korrekt gehaltenen Elfmeters den Sieg schenkte.

    Sowas hab ich in meinem langen Fussballerleben noch nie gesehen. Gekauft nennt man diese Berufskrankheit bei Schiedsrichtern. Jetzt auch bei den Frauen!

    Ich hätte nicht nur eine Amerikanerin vom Platz gestellt, sondern auch noch das Publikum wegen erwiesener Unfairness heimgeschickt (gegen Martha!).

  • K
    klimperwimper

    Eure Fussballüberschriften sind BILD-verdächtig. Könnt Ihr einmal nicht voneinander abschreiben?

     

    "Danke Marta, danke USA!" In Schleimen seid Ihr wirklich die perfekten Lehrer,

    schreibt mal mit mehr Esprit, ihr Überdankbaren!!!

  • O
    ole

    @Peter A. Weber

     

    Seit wann bestimmen Sie denn, welchen Sportlern eine besondere Verehrung entgegengebracht werden soll und welchen nicht. Unangebracht finde ich eher ihre Belehrung à la Politbüro.

     

    Und was Marta betrifft, kann ich die Zuschauer teilweise zumindest verstehen. Denn neben ihren tollen Leistungen fiel sie beim gestrigen Spiel auch dadurch auf, daß sie ständig und bei jeder Kleinigkeit meckerte, moserte und wie wild vor der Schiedsrichterin herumfuchtelte. Und daß sie eine ordentliche Knochengrätsche beherrscht, hat sie auch bei dieser WM gezeigt.

    Da gab es schon ganz andere Schwalbenkönige, Schauspieler und Meckerer unter den großen Spielern, denen es mal ähnlich erging.

  • Z
    zweifelhaft

    Ich vermisse ja den Hinweis auf diese engagierte Brasilianerin, die schwer verletzt vom Platz getragen werden musst, aber - just als sie die Seitenauslinie passiert - dann plötzlich wunderhaft wieder genaß. Quasi das Wunder von Dresden! Toll.

  • G
    gunT19

    Marta! Du schöne! Endlich muss ich Dich nicht mehr sehen. Dazu ist "das Marta" auch noch höchst unsportlich. Schon immer. Nie bemerkt? Konnte und kann da nur wegschauen.

  • PA
    Peter A. Weber

    Ich wundere mich wirklich sehr, daß nirgendwo - nicht im Artikel selbst oder bei den Kommentaren - erwähnt wird, daß die Brasilianerinnen eindeutig das bessere Spiel gemacht haben. Oder war ich im falschen Film? Die Dresdner Zuschauer hatten sowieso nicht alle Tassen im Schrank, wenn sie die beste Spielerin des Platzes ständig grundlos ausgebuht haben.

     

    Abgesehen von der Anerkennung von individuellen sportlichen Leistungen ist es unangebracht, amerikanischen Sportlern noch besondere Verehrung entgegen zu bringen. Die selbst ernannte Heiligsprechung wird in "God's own Country" eh in Form einer chronischen Hybris gepflegt, so daß es des Guten wirklich zu viel ist, wenn wir uns auch noch in den Chor des "God bless America" einreihen!

  • RB
    Rainer Baumann

    Ein Strafstoß ist ein Elfmeter!

    Und dann gibt es noch Freistöße ...

  • KH
    Karin Haertel

    Die Amerikanerinnen haben gekaempft wie Loewinnen und letztendlch siegte die Gerechtigkeit uber die Unfaehigkeit der Schiedsrchter. Danke USA fuer diesen Fussballthriller.

  • AP
    albert P.

    jamann!! strafstoss + elfmeter ist ja wohl total ungerecht !!! löl!! an alle nörgler: ja, jeder mensch darf mal fehler machen, lustitsch ists trotzdem bla bla bla!!

  • L
    lolo

    @ WieErkläreIchAbseits?:

    das ist fast so schlimm wie rote karte und dazu noch platzverweis !

  • VS
    Volker Scheunert

    Zuerst hat Solo eben den Strafstoß gehalten, dann gab es einen Elfmeter, und den schoss Marta rein. ;)

    Wegen der zweifelhaften Entscheidungen zu Brasiliens Gunsten ist das Endergebnis sicher nicht unverdient, aber: Arme Marta! Sie hatte, nicht nur gegen das US-Team, sondern auch gegen das Publikum spielend, den allergeringsten Anteil an der Niederlage.

  • HS
    Han Solo

    Marta ist eine sehr gute Spielerin aber auch große Schauspielerin. Soviel Überheblichkeit mußte bestraft werden. Yes, we can win! Go Girls.

  • U
    USA

    God Bless America!!!

  • W
    WieErkläreIchAbseits?

    "...dass eine Mannschaft mit einem Strafstoß und einem Elfmeter schon bestraft genug ist."

     

    Krasse Sache. Wie brutal doch Fussball sein. Strafstoß UND dazu Elfmeter, meine Güte!