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Augstein und der AntisemitismusRabbiner Cooper legt nach

Auf einer Pressekonferenz in Berlin verschärft das Simon Wiesenthal Zentrum seine Vorwürfe gegen den Publizisten Jakob Augstein.

Fordert eine Entschuldigung: Rabbi Cooper in Berlin. Bild: dapd

BERLIN taz | Er halte Jakob Augstein inzwischen für einen echten Antisemiten, gab sich der Rabbiner Abraham Cooper am Donnerstag überzeugt. Denn der deutsche Publizist habe es bis heute versäumt, sich für seine Artikel zu entschuldigen, monierte Cooper auf seiner Pressekonferenz, für die der Vizedirektor des Simon-Wiesenthal-Zentrums eigens aus den USA nach Berlin angereist war.

Das Simon Wiesenthal Zentrum wurde 1977 vom Star-Rabbiner Marvin Hier in Los Angeles gegründet. Der Name geht zurück auf den Shoah-Überlebenden und Publizisten Simon Wiesenthal aus Wien, der sich in der Nachkriegszeit einen Ruf als Nazijäger erarbeitet hatte.

Rabbi Cooper mühte sich, eine Linie von Wiesenthal zu den heutigen Aktivitäten des Zentrums zu ziehen. Der Name sei „eine große Verpflichtung“, sagte Cooper. Auch Wiesenthal habe Angst vor „neuen Nazis“ und „gegenwärtigen Gefahren“ gehabt, so Cooper. Damit rechtfertigte er, warum das Zentrum den deutschen Publizisten Jakob Augstein auf einer Liste führt, die es seit dem Jahr 2010 jedes Jahr veröffentlicht und welche die zehn – ihrer Meinung nach – „schlimmsten antisemitischen Verunglimpfungen“ nennt.

Der Rabbi störte sich vor allem daran, dass Augstein die ultraorthodoxen Juden in Israel mit islamistischen Fundamentalisten verglichen hatte. Immerhin seien die orthodoxen Juden auch diejenigen gewesen, die wegen ihrer äußerlichen Erkennbarkeit dem Judenhass der Nazi-Zeit auf der Straße als erste zum Opfer gefallen seien. Außerdem seien sie nicht für Gewalt oder Selbstmord-Attentate bekannt.

„Wir könnten noch besser darin sein, Israel zu verteidigen“, gab sich Rabbi Cooper gegen Ende seiner Pressekonferenz selbstkritisch. Auf die Nachfrage, welches Israel er meine, da es ja über dessen Grenzen und religiöse Verfassung auch in Israel ganz unterschiedliche Ansichten gebe, sagte Cooper, er wende sich gegen jeden, der „die Legitimität Israels als jüdischen Staat“ in Frage stelle.

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17 Kommentare

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  • N
    Neronimus

    Der Rabbiner Abraham Cooper ist Jude und damit nach eigenem Selbstverständnis Semit. Somit empfindet er Kritik an Israel, an einem Juden oder an sich selbst als antisemitisch. Wenn aber Jakob Augstein kein Jude ist, ist er Nichtsemit. Die Kritik von Abraham Cooper an Jakob Augstein ist somit antinichtsemitich. Er sollte deshalb das tun was er von Augstein erwartet, er sollte seine antinichtsemitsichen Äußerungen unterlassen.

  • MH
    Marco Hoffmann

    P.S.

     

    Gefunden!

     

    "

    Der Vorstand der Jüdischen Gemeinde, Ruben Herzberg, sagte: "Alle Dokumente, die der Vorstand gesehen hat, belegen, dass die Familie Wankum evangelische oder lutherische Wurzeln hat . " Er betonte zudem, dass Herr Wankum den Beleg für sein Jüdischsein zu erbringen habe, dem aber jahrelang nicht nachgekommen sei. "Hier schleicht sich jemand in eine Familie , zu der er nicht gehört" , sagte der Vorsitzende.

    "

    http://www.welt.de/regionales/hamburg/article3507880/Juedische-Gemeinde-Hamburg-schliesst-Ex-Chef-aus.html

     

    Also nochmal und in vollem Ernst: Cooper soll erstmal beweisen, dass er überhaupt jude ist.

  • C
    Christoph

    Die Kritik des SWC ist durchaus angebracht und nachvollziehbar - sie beschränkt sich im übrigen nicht auf den einen Punkt, der in dem Artikel herausgegriffen wurde, die taz hat hier leider das Ziel journalistischer Information sehr weit verfehlt. Ein etwas ausführlicher Bericht über die Pressekonferenz des Middle East Freedom Forum zeigt dies:

     

    http://haolam.de/artikel_12084.html

  • S
    sol1

    2007 lancierte das Simon Wiesenthal Center eine ähnliche Kampagne gegen Jimmy Carter.

     

    Der antwortete mit einem lapidaren Brief an den Präsidenten:

     

    "To Rabbi Marvin Hier

     

    I don’t believe that Simon Wiesenthal would have resorted to falsehood and slander to raise funds.

     

    Sincerely,

     

    Jimmy Carter"

     

    Der Eindruck, es gehe in Wahrheit um Spenden, ist nicht von der Hand zu weisen, wenn man einen Blick auf das Gehalt von Rabbi Hier wirft. 2010 verdiente er 721.714 Dollar und belegte damit Platz 2 unter den Leitern jüdischer Organisationen in den USA:

     

    http://forward.com/articles/147588/salaries-of-us-jewish-communal-leaders/

  • VL
    vergessene Liebe

    Na ja... Wenn das SWZ einem Menschen, der eine Art Symbol für kosmopolitische Haltungen, für säkuläre Aufklärung, soziale Emanzipation, für allgemeine Menschenrechte, für Gerechtigkeit, für Frieden und Meinungsfreiheit ohne Tabu ist...

    der Hässlichkeit des Antisemitismus bezichtigt...

    Dann ist irgendwas verkehrt in der Werte- Logik des SWZ ( meine ich !) .

    Das SWZ erhebt den Anspruch das moralische Sprachrohr der historischen jüdischen Kultur an sich zu sein.

    Dieser Anspruch leidet sehr durch die Eifrigkeit des SWZ `antisemitische Prädikate´ zu verteilen.

    In jedem Fall wird das SWZ dem Anspruch gerecht, eine art Sprachrohr des politischen Zionismus zu sein. Es gibt jedoch sehr viele Menschen jüdischer Herkunft die auf eigene Art dem kosmopolitischem Humanismus im Stile von J.A. zugetan sind.

    Die die Radikalität des SWZ ablehnen.

    Die sich nicht durch das SWZ repräsentiert sehen/ fühlen!

    Klar hat der Staat Israel ein Daseins- Recht ! Wie auch ein palästinensischer Staat ein Daseins- Recht hat!

  • N
    Name

    Orthodoxe mit Fundamentalisten zu vergleichen reicht also schon aus um als anti-semit verunglimpft zu werden, das bleibt dann bestehen, wenn man sich nicht dafür entschuldigt. Cooper ist einfach ein ....

  • BV
    blanke Verwirrung

    Rabbi Cooper störte sich also vor allem daran, dass Augstein die ultraothodoxen Juden in Israel mit islamischen Fundamentalisten verglichen hatte. Dann gibt es ja noch so ein Zitat, mit dem sich das SWC mal beschäftigen könnte:

     

    "Den Orthodoxen sind solche Überlegungen fremd. Sie bekommen ihre Befehle direkt vom Allmächtigen, und der kann sich weder irren noch Ungehorsam zulassen. Ihre Haltung zur individuellen Freiheit kann man mit der christlicher und moslemischer Fundamentalisten vergleichen, die sich ebenfalls als Vollstrecker göttlichen Willens verstehen.

     

    Gut, "unsere Taliban" schicken keine Kinder mit Dynamit-Taschen auf den Weg ins Paradies. Aber: Bevor ein jüdischer Fanatiker Jizchak Rabin ermordete, hatten ein paar exzessiv orthodoxe Rabbiner in einer Art "Fatwa" den "Verräter" Rabin zum Abschuss freigegeben."

     

    Das ist aber nicht von Augstein, sondern von Broder (Januar 2012). Und nun bitte noch mal Herr Cooper zum Thema "Double Standards als Mittel der Delegitimierung und Dämonisierung"...

  • R
    R.J

    Ein schlechter Verlierer....

     

    Vergangenheit und Gegenwart nach Gutdücken zusammenzudichten, ein Markenzeichen.

  • M
    Michelle

    Natürlich kann man ultraorthodoxe Juden mit Islamisten oder erzkonservativen Katholiken vergleichen. Spinner gibt's in jeder Religionsgemeinschaft, dass hat nichts mit Antisemitismus, Islamphobie oder Hass auf Christen, etc. zu tun. Simon Wiesenthal war ein großartiger Mann und hätte bestimmt kein Problem mit Augstein zu diskutieren. Naja, es gibt wichtigeres als sich über Kleingeister wie Cooper zu echauffieren...

  • BE
    Björn Eriksson

    Dem Franz Josef Strauß war der Vater ein „Landesverräter“, dem Cooper der Sohn ein „Antisemit“. Wie für den Vater damals der Vorwurf „Landesverräter“ der zu zahlende Preis für informativen Journalismus war, ist für den Sohn heute der Vorwurf „Antisemit“ der zu zahlende Preis für die vorbehaltslose Unterstützung des UN-Menschenrechtsrats. Dabei blieb der als „Antisemit“ gescholtene weit hinter der Beurteilung des Kommissionsvorsitzenden des UN-Menschenrechtsrats zurück, der feststellte, dass sich Israel seit Jahren einer „systematischen und alltäglichen Diskriminierung des palästinensischen Volkes“ schuldig mache, die Siedlungspolitik mit der Vertreibung von Menschen verbunden sei, und daher in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) in Den Haag falle.

    Abschließend wäre noch festzustellen, dass dem „Antisemiten“ Augstein nicht einmal im Traum einfallen würde, man müsse Jüdinnen aus rassistischen Motiven heraus zwangsweise das Verhütungsmittel Depo-Provera verabreichen, so wie in Israel gängige Praxis. Wann setzt Herr Cooper Israel auf die Liste, oder erfüllt die Behandlung der äthiopischen Jüdinnen nicht den Tatbestand des „Antisemitismus“?

  • G
    Gonzi

    Er wird wohl gemerkt haben, mit seinen bzw. mit den Äußerungen des S - WC bestenfalls Befremden ausgelöst zu haben.

  • R
    rusti

    Mit Verlaub Herr Cooper, aber Sie sind ein Brandstifter. Wenn Sie und der von Ihnen benutzte Verein so weiter machen, brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass auch die treusten Freunde Israels, wegen ihrer Mischpoke, den Rücken kehren.

  • T
    tommy

    Augstein ist doch kein Antisemit. Er ist einfach nur, um es mal vorsichtig auszudrücken, nicht sonderlich intelligent, was so ziemlich jeder seiner Artikel beweist (diese Woche ein Prachtbeispiel: von Brüderles Herrenwitzen kommt Augstein zu demographischen und geopolitischen Machtverschiebungen und feiert das Ende der Dominanz des "weißen Mannes" - schließlich sind ja ältere, weiße FDP-Männer global gesehen die bei weitem schlimmsten Vertreter einer brutalen Machokultur). Augstein hat einfach von nichts auch nur irgendeine Ahnung und bastelt sich sein Geschreibsel aus Versatzstücken von Meinungen zusammen, die er woanders gelesen hat und irgendwie für "progressiv" hält. Auch für Leute, die Israel eher kritisch sehen, einfach nur peinlich; bedenklich nur, dass jemand wie Augstein so präsent in den Medien ist (muss der Bonus seiner prominenten Väter und von Augsteins Vermögen sein, denn an der Leistung kann es ja nicht liegen). Rabbi Cooper sollte sich wichtigere Gegner aussuchen.

  • E
    e.a.

    Religiöser Wahnsinn... Klar lässt sich mit Fanatikern nicht reden. Nicht mal die Differenzierung zwischen den handlungen eines Staates einerseits und der Religion andererseits machen sie.

  • P
    pablo

    Ja sie könnten Israel besser verteidigen aber sie müssten Israel auch besser kritisieren oder besser gesagt die Politik die in Israel gemacht wird(Siedlungsbau).

  • DP
    dt. Patriot

    "Der Rabbi störte sich vor allem daran, dass Augstein die ultraorthodoxen Juden in Israel mit islamistischen Fundamentalisten verglichen hatte."

     

    Etwas VERGLEICHEN bedeutet, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu suchen, und von ersterem findet man bei den zwei genannten Gruppen erschreckend viele. Das alleine ist Kritik wert und nichts anderes hat Augstein gemacht.

     

    Das Auftreten von Herrn Cooper und dem Wiesenthalcenter ist eine Frechheit und moralische Anmaßung, die keinem Juden in der Form zusteht. Denn diese Leute argumentieren nicht, sie beleidigen und fordern ohne Berechtigung. Augstein tut gut daran, diese Leute zu ignorieren, genau wie es viele aufrechte antizionistische Linke in Deutschland tun.

    Augstein hat übrigens nie die Existenz Israels in Frage gestellt, auch das ist eine unverschämte Verleumdung Augsteins.

  • F
    Fritz

    Dieses Thema ist absolute Zeitverschwendung.