piwik no script img

Kommentar KirchenreichtumNicht mit meinen Steuern

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Die Bistümer scheffeln auch jenseits von Limburg Millionen – dabei rührt das Geld nicht von den Gläubigen allein. Für den Kirchenprunk zahlen: alle.

Dafür haben nicht nur Katholiken gelöhnt: der umstrittene Bischofsitz in Limburg. Bild: ap

75 Millionen Euro. Die flossen allein im vergangenen Jahr aus dem Staatshaushalt an die beiden christlichen Kirchen in Deutschland. Seit 1949 waren es insgesamt rund 15 Milliarden Euro. Bezahlt wurden davon unter anderem Bischöfe, Priester und Kirchenleitungen. Hinzu kommen jedes Jahr etwa 50 Millionen Euro für kirchliche Bauten.

Finanziert wird das aber nicht etwa nur von denen, die jeden Sonntag zum Gottesdienst gehen. Nein, diese Summe begleichen alle SteuerzahlerInnen. Auch jene, die keiner Religion angehören oder jüdischen oder muslimischen Glaubens sind. Atheisten und Andersgläubige kommen mit auf für die Reichtümer zweier Amtskirchen, von denen die katholische nicht einmal weiß, wie viel sie da schon angehäuft hat. Sie zahlen mit für goldene Kirchtürme und Kruzifixe, für 7er BMWs und Chauffeure, für 200 Quadratmeter große Wohnungen, in denen sich der Bischof schon mal verlaufen kann.

Manche Kirchenmitglieder finden, dass sei richtig so. Schließlich wurden mit der Aufhebung der Staatskirche Ausgleichszahlungen vereinbart – aus dem Staatssäckel, an die Kirchen. Aber mal davon abgesehen, dass diese Schulden abgegolten sind: Es ist unerklärlich, dass jemand den Reichtum einer Organisation nähren muss, der er nicht nur nicht angehört, sondern die er möglicherweise ablehnt. Seit Jahren gibt es mehr Kirchenaustritte als Taufen. Die Konfessionslosen sind im Ranking der Religionszugehörigkeit längst die größte Gruppe.

Kirche und Staat müssen endgültig voneinander getrennt werden. Dann darf die katholische Kirche mit den Kirchensteuern machen, was sie will: Prunksitze bauen, erster Klasse fliegen, dicke Autos kaufen. Und Regierungssprecher sind nicht mehr genötigt, dafür eine Erklärung abzugeben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
Mehr zum Thema

22 Kommentare

 / 
  • S
    Semilocon

    Und jetzt übertrage man diese Empörung auch auf die GEZ, die nichts anderes als die gleiche Zwangssteuer ist, ob man die ÖRR nun verwendet oder nicht.

  • Das Parlament bildet zum Beispiel nicht ab, dass ein Drittel der Bevölkerung nicht den christlichen Religionsgemeinschaften angehört. Folglich wird nichts gegen die jährlich an die Kirchen weitergeleiteten Steuer-Millionen unternommen. In jedem Parteivorstand arbeiten erfolgreich Kirchen-Lobbyisten. Seit 1903 ist es Verfassungsauftrag, dieses zu ändern. Pustekuchen. Weiterhin verschwinden Millionen in kirchlichen schwarzen Kassen, die von keiner Steuerprüfung belästigt werden. Lächerlicherweise bezahlt jeder Deutsche, ob Kirchenmitglied oder nicht, Bischofs- und Priestergehälter. Während besonders die katholischen Bischofsstühle Milliarden verstecken, bezahlt der Staat 90% der Kosten für konfessionelle Kindergärten und Krankenhäuser. Die dort Beschäftigten dürfen keiner Gewerkschaft beitreten, es wird überwacht, mit wem sie wie lange verheiratet sind u.s.w. – alles kein Thema für dieses Parlament. Es wurstelt sich höhnisch an der zu diskutierenden Wirklichkeit vorbei. Mehr dazu in meinem Blog http://frizzfocus.wordpress.com/2013/10/16/der-bischof-von-limburg/

  • E
    Einer

    "Die Konfessionslosen sind im Ranking der Religionszugehörigkeit längst die größte Gruppe."

     

    Ach ja?

    "24,7 Millionen Deutsche sind Mitglied der katholischen Kirche. 24,3 Millionen Menschen gehören der evangelischen Kirche an. ... Die Zahl derjenigen, die keiner Religion angehören, wird mit 8,3 Millionen angegeben."

     

    Quelle: Süddeutsche Zeitung über den Zensus 2011:

    http://www.sueddeutsche.de/politik/zensus-aus-dem-inneren-der-republik-1.1685113-2

  • S
    Stirnrunzel

    Traurig, wie billig der Populismus ist.

    Das ohne die Investitionen der Kirche die Dörfer rein gar nichts zu bieten haben,

    der Beruf des Bildhauers,

    klassischen Malers,

    Feinblechners, Restaurateurs,

    der Bibliothekare uvm.,

    das alte Bauwissen und alte

    Bücher schon längst irgendwelchen Kulturrevolutionen

    zu Opfer gefallen wäre, interessiert nicht. Es ist

    eine Schande, wie leicht sich

    die Menschen aufhetzen lassen,

    wenn man sie nur läßt! Wirklich häßlich. Solange der Reichtum

    in der Gemeinde geteilt wird, und der Bischof ihn nicht für sich allein und auf Pump konsumiert, ist alles in Ordnung. Ob der Mann krank

    und bedingt zurechnungsfähig ist,

    weiß auch niemand

    oder ob man ihm im Bistum dazu verführte. Wichtig:

    Eine Kirche soll in öffentlichen Anlagen investieren

    und das eben auch in Deutschland. Das ist nicht anstößig, sondern anständig!

    Wir brauchen Arbeitsplätze und keinen Verfall!

  • S
    Sauerei
  • S
    sarko

    Mir völlig schleierhaft, wie es möglich ist , dass die christlichen Kirchen immer noch so viele Mitglieder haben . Nehmen die alle noch die theologischen Fundamente ernst ? Weder die Moral noch die Religion berührt sich im Christentum doch mit irgend einem Punkte der Wirklichkeit. Lauter imaginäre Ursachen (»Gott«, »Seele«, »Ich«, »Geist«, »der freie Wille« );dazu lauter imaginäre Wirkungen (»Sünde«, »Erlösung«, »Gnade«, »Strafe«, »Vergebung der Sünde«); ein Verkehr zwischen imaginären Wesen (»Gott«, »Geister«, »Seelen«);imaginäre Gefühle ( »Reue«, »Gewissensbiß«, »Versuchung des Teufels«, »die Nähe Gottes ); eine imaginäre Teleologie (»das Reich Gottes«, »das jüngste Gericht«, »das ewige Leben«)....

    Alles reine Fiktions-Welt ! Wer zum Teufel kann das Zeug h e u t e noch glauben ?!

    • K
      kotzbrech
      @sarko:

      Aber SARKO , ... hast Du denn den "theologischen Urknall" der Neuzeit verschlafen ?! Der inzwischen abgetretene Benedikt , der Einstein der Theologie , hat doch eine "Zweite Vernunft" , entdeckt , welche er - er konnte nicht anders - die eigentlich göttliche Vernunft genannt hat . Darin lösen sich die Probleme ua von Urknall , Trinität , Evolution etc in schönster Klarheit wie von selbst auf !

  • HH
    Hamburg Herbt

    Ich stimme ebenfalls voll und ganz zu. Es ist unglaublich (und erstaunt mich immer wieder), dass Andersgläubige und Atheisten den Einfluss und das Wirken der beiden großen christlichen Kirchen einfach mittragen sollen. Noch dreister finde ich, dass in Talkshows und in den Zeitungen immer so getan wird, als sei die Kirche der finazielle Träger der der kirchlichen Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser, obwohl diese 90 bis 95% vom Staat bezahlt werden. Den Bürger wird ein Engagement vorgetäuscht, das gar nicht stattfindet. Ebenso wird immer fälschlicherweise (besondern von der katholischen Seite) hervorgebracht, dass unsere heutige Moral hauptsächlich durch die Kirche entstanden ist. Obwohl was Gegenteil der Fall ist. Viele neue moralische Vorstellungen wurden im Sinne der Aufklärung GEGEN die Kirche durchgesetzt.

     

    Also Kirche und Staat endlich vollständig trennen. Kein Einzug von Kirchensteuern mehr. Keine Bevorzugung einer Religion. Die Kirche sollte ausbezahlt werden und dann ihre Gehälter alleine tragen.

  • KU
    Kirchlicher Unrechtsstaat

    Das Ende der "Staatskirche" war das Ende eines Unrechtsregimes.

     

    Zu den von der taz genannten Steuerausgaben zugunsten der Kirchen kommen staatliche Zuschüsse für kirchliche Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Altenheime, Wohnungsbau, sonstigen Immobiliengeschäften usw. Die Förderrate liegt meist bei 80% bis 100%. Damit werden wir alle gezwungen, die Kirchen und deren Propagandamaschinen zu finanzieren. Hinzu kommen der öffentlich-rechtliche Rundfunk, Zensuranstalten (ha!) usw., in denen die Kirchen ihre Finger haben (jetzt nicht an die Kinderpopos denken). Und es geht weiter mit dem weltweiten "Hilfsangebot". All das wird von allen Steuerzahlern finanziert. Diese Sauerei läuft so in den meisten EU-Staaten. Das muss sich endlich ändern!

  • Dem stimme ich voll und ganz zu. Vor allem soll die Kirche endlich aufhoeren zu behaupten wir wuerden Einrichtungen die von der Kirchensteuer bezahlt werden nutzen ohne Kirchensteuern zu zahlen. Die Kirche bezahlt nichts an ihre Krankenhaeuser um mal ein Bsp zu nennen, behaelt sich aber das Recht vor als somit staatliches Krankenhaus christliche Werte durchzusetzen. Einfach nur widerlich.

  • C
    Christian

    Ein leider unpassender, weil polulistischer, Kommentar. Dass die katholische Kirchen ihre Reichtümer nicht veröffentlicht, ist in der Tat ein Skandal, der aber in erster Linie eine innerkirchliche Angelegneheit ist. Dass es noch immer Staatsleistungen gibt, mit denen u.a. Bischöfe und Kirchenleitumngen bezahlt wurden, ist nicht mehr zeitgemäß und gehört abgeschafft. Soweit d'accord. Nun aber die Kritik an der Kritik: Mal abgesehen davon, dass wohl auch in Berlin keine goldenen Kirchtürme stehen, schließen Sie aufgrund eines Erste-Klasse-Fluges eines Bischofs darauf, dass alle Kirchenleute Erster Klasse fliegen. Wie kommen Sie darauf? Und was ist nun mal ehrlich gegen einen BMW für einen Menschen in leitender Funktion einzuwenden? Macht es nicht Sinn einem solchen Menschen die Möglichkeit zu geben, im Auto zu arbeiten? Sollen sie etwa auf dem Esel reiten? Schließlich die 50 Mio für kirchliche Bauten. Kirchliche Bauten sind nun mal auch Kulturdenkmäler, die nicht selten auch von solchen Menschen besucht und besichtigt werden, die sich der Gruppe der Konfessionslosen zurechnen.

  • K
    kotzbrech

    ... und der ganze unsägliche "Rechts"zustand geht zurück auf den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 ! Man nehme sich die paar Minuten Zeit , hierüber bei Wiki nachzulesen :

    http://de.wikipedia.org/wiki/Reichsdeputationshauptschluss

     

    Weil die "Väter" unseres Grundgesetzes der Meinung waren , auch Art.138 (zwei Zeilen !) der Weimarer Reichsverfassung ins Grundgesetz hineinzunehmen (Art. 140 ) , haben auch wir Atheisten und andere Ungläubige die von CDUCSU geschützte Kacke am Hacken . Auf ewig .

  • H
    Hunni

    Und ich möchte nicht, dass meine Steuern für den "Kampf gegen Rechts", für Kriegseinsätze im Ausland, die Euro-Rettung und die Diäten für Bundestagsabgeordnete ausgegeben werden.

  • Sehr guter Kommentar. Vielleicht stellt die kath. Kirche ja bald zwecks Kostenkontrolle auch in den höheren hiearchischen Etagen auf Zeitarbeit um, oder auch auf den früher von einer sehr lobenswerten Zeitschrift mal ins Gespräch gebrachten "Leihbischof". Und der hieß damals auch noch Klamm...

  • G
    Gast

    Sehr Vieles spricht für eine striktere Trennung von Staat und Kirche. Aber nicht dieser polemische Artikel. "Goldene Kirchtürme", ist ja schon gut! 485 Millionen pro Jahr; also doch immerhin fünf Euro nochwas pro Bürger. Wofür ich nicht alles mit meinen Steuern zahle: Leistungssportarten, die mich nicht interessieren, Kulturträger, die ich nicht mag, Parteien, die mir feind sind. Alles in Ordnung, wenn es dem gesellschaftlichen Zusammenhalt dient, auch wenn es um manchen Euro schade ist. Etwas mehr Sachlichkeit, bitte!

  • "Die Konfessionslosen sind im Ranking der Religionszugehörigkeit längst die größte Gruppe."

    Ach, und trotzdem wählt diese Mehrheit Partien, die diese Massenenteignung fördern.

    Seltsam, nicht?

    • @vic:

      Vllt. sind viele Religionslose auch Nichtwähler?

    • @vic:

      In der Tat, lieber Vic, in der Tat...

  • NM
    Nicht mit MEINEN Steuern

    Sorry aber bei einer Billion für Garantien fremder Schulden durch "Rettungspakete" ist mir das dann auch egal. Sehe ich mir all die Subventionen an, dann werden sich einige denken "nicht mit meinen Steuern". In einer direkteren Demokratie mit Volksabstimmungen wie sie nur die AfD und die Piraten im Programm haben könnte man ja mitbestimmen. Dann würden aber die heiligen Kühe der Altparteien plötzlich auch kein Futter mehr bekommen. Sollte jemand sagen "nicht mit meinen Steuern" wenn man osteuropäische Sinti-Roma bezahlt oder die üblichen laut Sarrazins Zahlen der Rot-Grünen Regierung 16 Milliarden jährlich für Multikulti, dann dürften die Artikel in der taz anders klingen. Es ist halt das Übliche. Beim Nachbarn Tips zur Dreckbeseitingung geben und den Misthaufen vor der eigenen Tür nicht sehen.

  • V
    Volker

    Ja bitte. Trennung von Staat und Kirche.

  • Dem stimme ich uneingeschränkt zu. Gleichzeitig sollte der Einzug der Mitgliedsgebühren über die Kirchensteuer abgeschafft werden. Ich bin dafür diese, wie bei sonstigen Vereinsmitgliedschaften auch, direkt an die eigene Kirche zu zahlen. Ich bin Mitglied der lutherisch-evangelischen Kirche.

  • T
    teufelnochx

    Wieso das denn? "Dann darf die katholische Kirche mit den Kirchensteuern machen, was sie will..."

    Die evangelische kriegt kein geld vom staat bzw. von den steuergeldern???