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Armut in DeutschlandDer Suppenküchenstaat wächst

Der Armutsforscher Christoph Butterwegge erzählt von der Umwandlung des Sozialstaats. Er malt ein beunruhigendes Bild unserer gespaltenen Gesellschaft.

Wenigstens ein Apfel. Bild: artpartner-images/getty

„Wir haben einen funktionierenden Niedriglohnsektor aufgebaut, und wir haben bei der Unterstützungszahlung die Anreize dafür, Arbeit aufzunehmen, sehr stark in den Vordergrund gestellt.“ (Bundeskanzler G. Schröder vor dem World Economic Forum 2005 in Davos über die Hartz-IV-Gesetze.)

„Ich fange einfach mal an“, sagt Herr Butterwegge und wirkt total entspannt: „Mit der Agenda 2010 leitete die rot-grüne Koalition unter Kanzler Gerhard Schröder einen radikalen Kurswechsel ein, der die sogenannte Lissabon-Strategie im nationalen Rahmen umsetzte. Auf dem dortigen EU-Sondergipfel im März 2000 hatten die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten als ’strategisches Ziel‘ für das Jahrzehnt beschlossen und verlautbart, ’die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen – einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen.‘

Von Beginn an wurde gelogen und beschönigt, Hartz IV bzw. Arbeitslosengeld II, war nicht, wie das der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder so irreführend formulierte, ’eine Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe‘, da wurde nichts zusammengelegt, die Arbeitslosenhilfe wurde schlicht abgeschafft! Spätestens seit den sog. Hartz-Gesetzen für ’moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt‘ ist feststellbar, dass die etablierten Parteien die Interessen der Langzeitarbeitslosen, der Armen, der Geringverdiener immer weniger vertreten, sonst hätten sie nicht solche Gesetze gemacht, wie Zeitarbeit und Leiharbeit zu deregulieren, Mini- und Midi-Jobs einzuführen und damit einen breiten Niedriglohnsektor zu schaffen.

Die Prekarisierung der Lohnarbeit ist ja das Haupteinfallstor für Armut bei uns heute in der Bundesrepublik. Und aus dieser Erwerbsarmut wird automatisch Altersarmut. Altersarmut ist also das Ergebnis der Deregulierung des Arbeitsmarkts, der Demontage des Sozialstaats im Allgemeinen und der Demontage der gesetzlichen Rentenversicherung durch Teilprivatisierung der Altersvorsorge im Besonderen.

Seit der Einführung von Hartz IV im Januar 2005 hat sich nicht nur die soziale Ungleichheit verschärft, es wurde auch das Leistungsniveau für den Bürger stark abgesenkt. Die ’Reform‘ des Sozialstaats zieht zwangsläufig eine Pauperisierung nach sich. Zunehmend mehr Menschen werden von Verarmungsprozessen erfasst. Sie sind die Hauptleidtragenden dieser Politik, und viele wenden sich entsetzt von den etablierten Parteien oder überhaupt von der Politik ab.

Christoph Butterwegge

Professor für Politikwissenschaft am Institut für vergleichende Bildungsforschung und Sozialwissenschaften, Universität Köln. Nach dem Abitur 1970 in Dortmund Studium der Sozialwissenschaft, Rechtswissenschaft, Psychologie und Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum. 1975 Dipl. rer. soc. 1978 M.A. (Philosophie). 1980 Promotion z. Dr. rer. pol. a. d. Universität Bremen, 1990 Habilitation im Fach Politikwissenschaften ebenda. Nach versch. Lehraufträgen 1991–1994 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bremischen Stiftung für Rüstungskonversion und Friedensforschung. 1994–1997 Lehre am Fachbereich für Politikwissenschaft und Sozialpolitik an der FH Potsdam. Seit 1998 Professur an der Uni Köln.

Er wurde 1951 in Albersloh (Krs. Münster/Westfalen) als uneheliches Kind geboren, seine Mutter war anfangs Sparkassenangestellte und bildete sich dann fort zur beamteten Gewerbe-Amtsrätin. Herr Butterwegge ist Verfasser zahlreicher Schriften und Beiträge zu seinem Schwerpunktthema Armutsforschung. Eben erschien in 5. aktualisierter Auflage sein Buch „Krise und Zukunft des Sozialstaats“.

Die Verarmenden und Armen ziehen sich immer mehr zurück, schon deshalb, weil die Teilhabe am öffentlichen gesellschaftlichen Leben ja auch Geld kostet. Sie steigen auch nicht auf die Barrikaden, weil sie ganz andere Sorgen haben, etwa die, wie sie am 20. des Monats noch was Warmes auf den Tisch kriegen. Die soziale Spaltung vertieft sich zusehends, und wir kommen in einen Teufelskreis, der uns, wenn wir nicht aufpassen, auch eine Brutalisierung unserer Gesellschaft bringen wird, mit mehr Drogensucht, Alkoholismus, Kriminalität auf den Straßen und vielem anderen mehr.

Die Armen gehen nicht mehr wählen

Dass die Armen sich als Fremde im eigenen Land fühlen, wurde bei der jüngsten Bundestagswahl besonders in den westdeutschen Großstädten augenfällig, es zeigte sich, dass sie vielfach gar nicht mehr wählen gehen. Hier in Köln gab es in Hochhaussiedlungen Wahlbeteiligungen von 40 Prozent, in den Villenvierteln lag sie bei fast 90 Prozent. Das zeigt, wir haben nicht nur eine Krise des Sozialstaats, der Wirtschaft, des Finanzmarkts, wir haben auch eine Krise des Repräsentativsystems der repräsentativen Demokratie!

Die sozial Benachteiligten sind derart desillusioniert, dass sie am politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess gar nicht mehr teilnehmen. Eine Demokratie sieht anders aus, Demokratie bedeutet für mich, dass alle Menschen, die in einem Land leben, in der Lage sind, über dessen Schicksal – und damit über ihr eigenes – politisch mitentscheiden zu können. Das können sie aber eher nicht, wenn sie hoffnungslos sind, wenn ihre soziale Absicherung gefährdet ist bzw. am seidenen Faden hängt, weil sie Angst davor haben, am nächsten Monatsende ihre Miete nicht mehr zahlen zu können oder dass ihnen Strom und Gas abgestellt wird, oder weil sie ’Transferleistungen‘ beziehen und ständig entwürdigenden Schikanen unterworfen sind.

Woran es für die Betroffenen spürbar fehlt, ist Gerechtigkeit. Es gibt ja die gefühlte und gemessene Gerechtigkeit … also das möchte ich mal etwas genauer ausführen: Mit dem Begriff Gerechtigkeit wird zunehmend Schindluder getrieben. An die traditionelle Vorstellung von Gerechtigkeit wird kaum noch angeknüpft.

Im politischen Raum sind das immer die Bedarfsgerechtigkeit und die Verteilungsgerechtigkeit gewesen. Bedarfsgerechtigkeit bedeutete, demjenigen, der durch Behinderung, Arbeitslosigkeit und ähnliche Zwangslagen Hilfe braucht, diese auch ausreichend zur Verfügung zu stellen. Aufgabe des Sozialstaats war es, die Armut zu bekämpfen und die Bürger vor bestimmten Lebensstandard… nein Standardlebensrisiken, zu schützen, Krankheit Unfall usw. – was bei uns durch die Sozialversicherungen geregelt ist.

Und daneben gab’s die Vorstellung von Verteilungsgerechtigkeit, davon, dass die Aufgabe des Sozialstaats natürlich auch darin besteht – als dritte Hauptfunktion des Sozialstaats quasi –, für sozialen Ausgleich zu sorgen, dafür, dass die Kluft zwischen Arm und Reich nicht immer tiefer wird.

Das war bei den Vätern und wenigen Müttern unserer Verfassung eine ganz konkrete Absicht, dass sie in Artikel 20 und Artikel 28 deutlich reingeschrieben haben, die Bundesrepublik Deutschland ist ein sozialer Bundesstaat bzw. ein sozialer Rechtsstaat. So, das beruhte auf der Vorstellung, es muss Verteilungsgerechtigkeit geben, also es darf der Reichtum des Landes sich nicht in den Händen von wenigen konzentrieren, so dass für die große Masse der Bürger kaum Nennenswertes übrig bleibt.

Heute ist es aber genau so. Selbst der beschönigte 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung von 2013 sagt, dass die reichsten 10 Prozent der Haushalte über 53 Prozent des gesamten Nettovermögens in Händen halten, während die ärmere Hälfte der Bevölkerung, also 50 Prozent, nur über 1 Prozent des Gesamtnettovermögens verfügen darf. Über 40 Millionen Menschen leben sozusagen von der Hand in den Mund.

Der Durchschnittsverdiener, der kein Vermögen besitzt, sondern lediglich nur seinen ungesicherten Arbeitsplatz, befindet sich in einer Art sozialem Schwebezustand zwischen Armut und Wohlstand, vom Absturz trennt ihn nur eine schwere Erkrankung oder die noch nicht ausgesprochene Kündigung.

„Die Prekarisierung der Lohnarbeit ist ja das Haupteinfallstor für Armut bei uns heute“, sagt Christoph Butterwegge. Bild: Gabriele Goettle

Nur Reiche könn sich armen Staat leisten

Während sich das private Nettovermögen allein zwischen 2007 und 2012 um 1,4 Billionen Euro erhöht hat, ist das Nettovermögen des Staats laut 4. ARB in den letzten beiden Jahrzehnten um mehr als 800 Milliarden Euro gesunken. Entsprechend sind die Auswirkungen. Es wird verkündet, man müsse ’den Gürtel enger schnallen‘.

Nur die Reichen können sich einen armen Staat leisten, sie umsorgen sich selbst, ihre Kinder besuchen Privatschulen und ausländische Universitäten, sie sind auf gute staatliche Schulen und Krankenhäuser, auf öffentliche Schwimmbäder, Bibliotheken und sonstige kommunale Einrichtungen nicht angewiesen. Aus ihrer Wahrnehmung fällt die Lebensrealität eines abhängig Beschäftigten vollkommen heraus.“ (Heute muss ein Arbeitnehmer 45 Jahre lang in Vollzeit arbeiten, und das zu einem Stundenlohn von über 10 Euro, damit er im Alter eine Rente knapp über dem Hartz-IV-Niveau erreicht. 4,7 Millionen Arbeitnehmer verdienen aber derzeit weniger. Anm. G.G.)

„Jedenfalls, diese beiden Vorstellungen von Gerechtigkeit, zum einen Bedarfsgerechtigkeit als Aufgabe des Sozialstaats herzustellen und zum anderen Verteilungsgerechtigkeit, die werden mehr und mehr verdrängt. Natürlich durch neoliberale Ideologen, ihre Thinktanks und Einrichtungen. Da gibt es z. B. das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln mit seinem Direktor Michael Hüther, der behauptet, diese Kluft zwischen Arm und Reich sei ein Märchen, in Wirklichkeit schließe sie sich – oder würde zumindest nicht größer.

Das Institut der deutschen Wirtschaft hat als Lobbyeinrichtung der deutschen Wirtschaft natürlich ein verständliches Interesse daran, die soziale Ungleichheit kleinzurechnen. Da wird jetzt sehr stark die ’Chancengerechtigkeit‘ betont. Sie haben eine Untersuchung gemacht, bei der angeblich rausgekommen ist, dass die Chancengerechtigkeit die Teilgerechtigkeit ist, die die Deutschen am wichtigsten finden.

Früher in den 70er Jahren sprach man mal von Chancengleichheit als Ziel. Heute nehmen nicht nur die FDP, sondern auch andere Parteien diese Chancengerechtigkeit in ihre Programmatik auf. Damit ist aber gar nichts ausgesagt, es ist so, als würde man mir und allen anderen ermöglichen, zur Lottoannahmestelle zu gehen und Lotto zu spielen. Dann hätten wir diese Art von Chancengerechtikeit.

Der vorherrschende Gerechtigkeitsbegriff wurde in dreifacher Hinsicht transformiert: von der Bedarfs- zur Leistungsgerechtigkeit, von der Verteilungs- zur Teilhabegerechtigkeit und von der sozialen Gerechtigkeit zur Generationengerechtigkeit, wobei dieser Begriff ablenken soll von der wachsenden Ungerechtigkeit innerhalb aller Generationen. Eines jedenfalls ist vollkommen unbestreitbar: Gerechtigkeit kann es nur geben, wenn es ein Mindestmaß von sozialer Gleichheit gibt.

Das auszublenden, dass das nicht der Fall ist, es möglichst zu verdrängen, ist Ziel der Propagierung von solchen neuen, modischen Vokabeln und Leerformeln. Sprachkritik ist auch sehr wichtig. Die Verdrehung von Worten und Werten, die Umdeutung tradierter Begriffe wie Gerechtigkeit, Gleichheit, Reform, das ist Sprachmissbrauch als politisches Instrument zum Zweck der ’Gehirnwäsche‘ und Vernebelung ihrer ursprünglichen Bedeutung.

Nur Bildung reicht nicht

In der Zeit des ’Wirtschaftswunders‘ in der Bundesrepublik gab es den Slogan ’Wohlstand für Alle‘, er stammt vom 1957 erschienenem gleichnamigen Buch von Ludwig Erhard. Heute ist nur noch ’Bildung für alle‘ das Versprechen, das die Bundeskanzlerin gibt. Dieses Versprechen, die Armut mit Bildung zu bekämpfen, kann vielleicht für Einzelfälle funktionieren, es ist aber Bildung längst kein Garant mehr dafür, dass sie ein berufliches Fortkommen und gutes Einkommen sichert.

11 Prozent aller im Niedriglohnsektor Tätigen haben z. B. einen Hochschulabschluss. Selbst im öffentlichen Dienst an den Hochschulen sind es 80 Prozent inzwischen, die nur noch eine befristete Stelle haben. Also das ist ein Bereich, der ja allgemein als gesellschaftlich privilegiert gilt. Dennoch wird unverdrossen propagiert, es soll aus der Bundesrepublik eine Bildungsrepublik gemacht werden. Wer keine oder nur schlecht bezahlte Arbeit hat, hat eben nicht genug Bildungsanstrengungen gemacht.

Tatsächlich ist es aber so, dass bei immer besserer Bildung die Jungen z. B. einfach nur auf höherem Niveau um die Arbeitsplätze konkurrieren, unbezahlte Praktika machen und dass noch mehr Taxifahrer mit Hochschulabschluss herumfahren.

Und an den Hochschulen selbst ist die Bildung ja auch ’verschlankt‘ worden. Unter Bildung wird nur noch berufliche Qualifikation verstanden, die Hochschulen sollen in möglichst kurzen Studiengängen, sprich Bachelor-Studiengängen, für den Arbeitsmarkt die erforderlichen Kräfte produzieren. Ich habe natürlich Bachelorisierung, Masterisierung, Modularisierung und all das bekämpft, denn im Grunde wird die Universität dadurch reduziert auf eine akademische Berufsschule.

Zugleich wurde die Hochschule umstrukturiert, und ich muss mit ansehen, wie stark auch meine Universität hier immer mehr zu einem Unternehmen gemacht wird. Stichwort Exzellenzinitiative. Auf dem Einzelnen lastet ein immer stärker werdender Druck, nur noch das an Wissenschaft zu produzieren, was verwertbar ist und ökonomischen Gewinn abwirft. Der Konformismus in der Wissenschaft ist inzwischen so groß, wie er seit den 50er Jahren der bleiernen Adenauerzeit nicht mehr war.

Bildungsversprechen taugen nicht zur Armutsbekämfung. Und auch nicht Reichtumsförderung auf steuerpolitischem Gebiet. Was nötig wäre, ist eine Umverteilung nach unten, und zwar von Einkünften, Vermögen und auch von Arbeit. Arbeitszeitverkürzung wäre ein ganz wichtiger Ansatz und ebenso Lebensarbeitszeitverkürzung. Unabdingbar ist natürlich eine inhaltliche, organisatorische und strukturelle Erneuerung des sozialen Sicherungssystems.

Wobei ich Ihnen an dieser Stelle sagen muss, ich halte nichts vom ’bedingungslosen Grundeinkommen‘. Das wird Sie vielleicht wundern, aber ich will meine Gründe darlegen, vielleicht kann ich Sie ja überzeugen: Ins Gespräch gebracht wurde es als Alternative zum Sozialstaat, nach dem Motto, wir vertrauen jetzt nicht mehr auf unsere bisherigen sozialen Sicherungssysteme, sondern wir lösen das, was einstmals hart erkämpft wurde und wie es besteht seit Bismarck, ab und ersetzen es komplett durch ein steuerfinanziertes bedingungsloses Einkommen. Das ist für mich Sozialpolitik nach dem Gießkannenprinzip, ein Grundeinkommen für alle Mitglieder der Gesellschaft, ob arm ob reich.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre eine Falle

Hier wird das Prinzip der Bedarfsgerechtigkeit vollkommen auf den Kopf gestellt. Es gibt verschiedene Modelle, wobei das Konzept der Linken sich allerdings von dem der anderen unterscheidet. Einer der Hauptvertreter fürs bedingungslose Grundeinkommen ist Götz Werner, Milliardär und Gründer der DM-Drogeriemarkt-Kette, und der braucht nun wirklich kein bedingungsloses Grundeinkommen von 1.000 oder 1.500 Euro vom Staat. Ich als C4-Professor brauche es auch nicht.

Die andere Sache ist aber, dass es für die, die es brauchen, eine Falle ist. Es wäre im Grunde ein Kombi-Lohn für ALLE. Es wäre ein eindeutiges Signal an die Unternehmer, das als Lohnsubvention aufzufassen. Der ohnehin schon ausufernde Niedriglohnsektor, in dem jetzt schon fast alle Beschäftigten arbeiten – über 4 Millionen Menschen arbeiten für einen Bruttostundenlohn von unter 7 Euro –, der würde noch breiter.

Sehr deutlich ist das heute ja schon an der immer größer werdenden Zahl von ’Aufstockern‘. Hartz IV ist ja nicht nur für Langzeitarbeitslose, es werden auch 1,3 Millionen Erwerbstätige finanziert, weil ihre Einkommen so gering sind, dass sie ergänzend finanzielle Leistungen vom Jobcenter in Anspruch nehmen müssen.

Und wenn man das Grundeinkommen finanzieren will, so wie Götz Werner, nämlich über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, dann wird das Geld beim Einkauf ja schon wieder aufgezehrt. Dem hält er das Argument entgegen, dass durch den von ihm gewünschten vollkommenen Wegfall der Einkommens-, Gewerbe- und Körperschaftssteuer für Unternehmer diese dann, wegen der finanziellen Entlastung, ihre Preise senken würden. Das ist natürlich ein genialer Einfall, um auch noch die letzten Verpflichtungen loszuwerden.

Außerdem würde eine 50- oder 100-prozentige Erhöhung der Mehrwertsteuer dazu führen, dass gerade diejenigen, die wenig haben, die sozial Benachteiligten, die jeden Cent in den notwendigen Alltagskonsum stecken müssen, ihr bedingungsloses Grundeinkommen auch noch selber finanzieren. Ich kann natürlich verstehen, dass viele, die durch Schikanen und Sanktionen der Jobcenter drangsaliert werden und keine ruhige Nacht mehr haben, nach diesem Strohhalm nur allzu gerne greifen würden.

Licht am Ende des Tunnels

Aber das Licht am Ende des Tunnels würde sich bald als Trugschluss erweisen, denn über das Grundeinkommen hinaus gibt es dann keinerlei verbürgten Rechtsanspruch mehr. Auf nichts! Es ist alles abgegolten. Die eigentlichen Gewinner sind wieder mal nur die Vermögenden und Unternehmen, die endlich von allen Abgaben befreit wären.

Es ist ja heute schon so, dass nur noch Rudimente der ehemaligen Ansprüche der Arbeitnehmer und Arbeitslosen übrig geblieben sind. Dahinter steckt die Absicht, dass der Sozialversicherungsstaat in der Tradition Bismarcks mehr und mehr zu einem Fürsorge-, Almosen- und Suppenküchenstaat gemacht wird.

Im Resultat führt das zu einer ’US-Amerikanisierung‘ unseres Sozialstaats. Und es führt dazu, dass den prestigebedachten Reichen die Möglichkeit eröffnet wird, zu spenden, zu stiften, als Mäzene aufzutreten und Almosen zu verteilen. Almosen übrigens, die verteilte der Sozialstaat vor seiner Demontage nämlich gerade nicht, weil er die Grundrechte beachten musste und sein Handeln auf Rechtsansprüchen beruhte. Almosenempfänger hingegen haben keinen Rechtsanspruch. Sie sind der Bereitschaft der Reichen ausgeliefert, etwas abzugeben von ihrem Reichtum.

Das spiegelt auch genau dieses neoliberale und marktradikale Denken wider, dass das mündige Individuum im Sinne seiner Freiheit – jetzt nicht der Freiheit des Citoyens, sondern des Bourgeois, und diese Unterscheidung ist wesentlich – entscheidet, was und wofür und wem es gibt von seinem Reichtum. Die Bedürftigen hingegen haben die Freiheit, Wohlverhalten, Bescheidenheit, Fügsamkeit und natürlich auch Dankbarkeit an den Tag zu legen – oder auch nicht.

Nein! Wofür ich plädiere, ist etwas ganz anderes: eine allgemeine, einheitliche und solidarische Bürgerversicherung als eine konsequente Weiterentwicklung des von Bismarck begründeten Sozialversicherungssystems. Dazu ist ein Um- und Ausbau des bestehenden Systems zu einer Sozialversicherung aller Wohnbürgerinnen- und -bürger nötig. Und dadurch erfährt diese Bürgerversicherung auch ihre wichtigste Rechtfertigung, dass sie nämlich den längst fälligen Übergang zu einem die gesamte Wohnbevölkerung einbeziehenden solidarischen Sicherungssystem verwirklicht.

Es braucht eine Bürgerbewegung

Dass nicht mehr nur Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern auch Selbständige, Freiberufler, Beamte, Abgeordnete, Minister usf. mit ihren sämtlichen Einkommen und Einkunftsarten zur Finanzierung der Leistungen im Sozial- und Gesundheitsbereich herangezogen oder ’verbeitragt‘ werden, wie der Fachausdruck heißt. Ich bin übrigens, das ist ein wichtiger Punkt, den ich einschieben möchte, nicht für den Wegfall des Arbeitgeberbeitrages, sondern im Sinne einer Maschinensteuer, eines Wertschöpfungsbeitrags kann ich mir sogar vorstellen, dass man das noch ausweitet. Jedenfalls kann ich mir eine solidarische Bürgerversicherung für alle geeigneten Versicherungszweige vorstellen, auch für die Kranken-und Pflegeversicherung .

Und es ist doch die Frage, warum eigentlich der riesige private Reichtum nicht stärker an der Finanzierung des sozialen Sicherungssystems beteiligt werden sollte. Es muss sich endlich, um das durchzusetzen, eine breite, möglichst alle Bevölkerungsschichten übergreifende Bürgerbewegung herausbilden, die solch eine Bürgerversicherung mit aller Macht einfordert und damit eine Umverteilung von oben nach unten ermöglicht. Und es muss durch eine bedarfsorientierte Grundsicherung dafür gesorgt werden, dass es keine Armut, Unterversorgung und soziale Exklusion gibt. Bürgerversicherung und Grundsicherung müssen als siamesische Zwillinge gedacht werden.

Diese soziale Grundsicherung muss ihren Namen aber auch verdienen. Sie muss deutlich über dem Niveau der heutigen Sozialhilfe liegen. Sie muss das soziokulturelle Existenzminimum – und zwar ohne eine entwürdigende Antragstellung und eine bürokratisch-exzessive Bedürftigkeitsprüfung – wirklich problemlos sicherstellen. Sie muss also armutsfest und repressionsfrei sein und eine weder durch Existenzangst bestimmte noch von Ausgrenzung bedrohte Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ermöglichen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Modell nicht durch die ’Grundsicherung für Arbeitsuchende‘ im SGB II nach Hartz IV für immer diskreditiert ist.

Mein Resümee ist: Wenn hier der Neoliberalismus mit seiner marktradikalen Sozialphilosophie – von der ich sage, dass sie eine politische Zivilreligion ist, die im Grunde alle Poren der Gesellschaft bereits durchdringt –, wenn die zur herrschenden Weltsicht wird, dann geht das einher mit einem rigiden Armutsregime, mit einer Kriminalisierung der Armen und Stigmatisierung der Überflüssigen.

Ich halte nichts von der Verelendungstheorie, deshalb sage ich, gegen eine solche Entwicklung müssen sich breite Bündnisse bilden zwischen Arbeitslosenforen, Gewerkschaften, Kirchen, Globalisierungskritikern wie Attac und den vielen anderen kritischen Organisationen und Initiativen, die ja zahlreich existieren in diesem Land. Es gibt in der Gesellschaft so einen Unwillen, eine Unzufriedenheit in dem Sinn, dass man mit sich mit dem Status quo nicht mehr abspeisen lassen will.

Ich wünsche mir eine Renaissance des Solidaritätsgedankens und die Schaffung eines ’inklusiven‘ Sozialstaats, der alle Lebensformen toleriert – nicht wie Rot-Grün einen ’investiven‘, dessen Sozialpolitik zwangsläufig zu noch mehr sozialer Selektion führt. Sicher, ich bin mir absolut bewusst darüber, mit einem inklusiven Sozialstaat ist noch lange nicht der Kapitalismus beseitigt, aber man hat ihn mit Sicherheit etwas erträglicher gemacht, fürs Erste. Das ist die Dialektik, die dem Sozialstaat innewohnt. Ein solcher Sozialstaat wäre aber sozusagen die vorgeschobenste Bastion einer Bewegung, die einen Systemwechsel anstrebt und die will, dass dieser Finanzmarktkapitalismus überwunden wird.“

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61 Kommentare

 / 
  • DL
    Daniel L

    Der ganze Frust in dem Artikel kommt wohl vom 2003 aufgkuendigten historischen Kompromiss, in dem vor allem das Bildungsbuergertum die Garantie hatte, nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung nie mehr unter einen bestimmten Status zu sinken. Haette sich die Welt nicht veraendert, waere dieser Kompromiss auch nie aufgekuendigt worden. Aber sie hat sich geaendert und ein in Asien gefertigtes Smartphone kostet nur wenige hundert Euro, waehrend eins von einer deutschen Firma wohl 50000 Euro kosten wuerde. Und das ist moeglich, weil es in China Fabriken gibt, die einen Weltbedarf befriedigen koennen, weil in Korea Schiffe gebaut werden, die das transportieren, weil in Silicon Valley extrem gut ausgebildete Ingenieure aus der ganzen Welt zusammenkommen koennen und weil Investmentbanken die transnationale Finanzierung sicherstellen. So bitter es auch ist fuer alle, die auf Hartz IV absteigen mussten, diese Reformen haben die wirtschaftliche Basis geschaffen, dass jetzt ein Mindestlohn eingefuehrt werden kann. Es ist zugig geworden im globalen Haus, wir konkurrenzieren gegen den Rest der Welt und koennen leider keinen Wohlstand per Gesetz festschreiben. Hier in London kann man beobachten wie das in extremis aussieht, davon ist Deutschland noch weit entfernt. Das Bildungsbuergertum kann sich doch auch mal neu erfinden, anstatt nur ueber seine Statusaengste zu lamentieren.

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @Daniel L:

      Das Hohelied auf die Lohnsklaverei. Bestimmt fühlen Sie sich auch in Textilien aus Bangladesch wohl.

  • RS
    Reinhold Schramm

    Herr Butterwegge, sie möchten den Kapitalismus (und damit den Imperialismus) retten - und verschönern.

     

    Die bestehende spätbürgerliche Gesellschaftsformation - der objektiv herrschenden Finanz- und Monopolbourgeoisie (in Deutschland, in der Europäischen Union - und weltweit) - bedarf ihrer revolutionär-emanzipatorischen Überwindung und Aufhebung, durch eine (objektiv notwendig) soziale Revolution!

     

    Nur auf der Grundlage des Gemeineigentums an den gesellschaftlichen Produktionsmitteln gibt es die sozial-ökonomisch-ökologische Entwicklung zur Emanzipation der Gesellschaft - und damit zur sozialen Gleichheit (- dies beinhaltet keine "Gleichmacherei", wie es die bürgerlichen und pseudo-akademischen Sozialdarwinisten und Kapital-Faschisten - der Bourgeoisie - gerne behaupten).

  • B
    Blechstein

    In Gerhard Schröder steckt immer noch der Junge, der in ärmlichen Verhältnissen ohne Vater aufwuchs und dessen Mutter die Familie - Gerhard und seinen Halbbruder - mit einer Beschäftigung als Putzfrau durchbrachte.

    Er hat sich von seinem Herkunftsmilieu getrennt und gehört nun zu den Starken und Einflußreichen, zu denen er immer neidvoll aufgeschaut hat.

    Fatal ist, daß er den gleichen mitleidslosen Blick angenommen hat.

  • L
    lowandorder

    ok - 3.0

     

    Schön, daß via der unverdrossenen Gabriele Goettle noch Raum in diesem "Linken Nachrichtenportal"

    auch in e-Form für Beiträge dieser Art ist;

     

    Egal.Christoph Butterwegge zeigt eindrucksvoll, wie unter dem Deckmantel - Verschieben der Begriffe -, unverhohlen brutal eine andere Landschaft geschaffen wird und mit dem Vermächtnis der Generation der Mütter und Väter des Grundgesetzes - mit zwei Weltkriegen, zwei Geldentwertungen und einem Nazi-Staat auf dem Buckel - ohne Not Schindluder getrieben wird.

     

    Sehr gut gesehen, daß es gerade die Profiteure der 70er - Leistungsstaat und Grundrechte - wie GazPromGerd und BMW-Joschka usw - unter offen-höhnischem Beifall von CDU/FDP und Wirtschaft und Banken waren, die völlig geschichtsvergessen und klassenverräterisch diese Verluderung ´schlands mittels Hartz-IV-Verbrechen, Deregulierung et al beschleunigt haben.

     

    Nur mal so: - wie verbreitet "Aufstockung" als "business as usual" ist:

    Zufällige Taxifahrt mit einem ehemals selbst. Bäckermeister,

    der Dank der Intervention meines Vaters damals

    - heute eine gute Rente hat:

    "von vier Job-Angeboten waren drei

    - völlig selbstverständlich und offen -

    so gestrickt:

    volle Arbeit - halber Lohn;

    weil - ich hätte ja meine Rente!"

    ( das ist nicht soo neu:

    als mein Vater in den 20ies um Erhöhung nachkam;

    der Prinzipal:"wieso, so wohnen doch bei ihrem Vater!"

    " - ach, da soll mein Vater Ihre Firma....?)

     

    Und das kann man rauf und runterrechnen.

    Noch ist unser FDJ-Winkelement

    - am deutschen Wesen soll die Welt genesen -

    mit ihrem weiteren Exportschlager

    GazPromGerd-Hartz-IV-Verbrecher-Song

    "2010"

    Eu-weit gescheitert;

     

    Frage ist - quo usque tandem? - wie lange noch? Angie!

    (=>solange wir sie und ihre

    parteiübergreifenden Büttel und geneigten Schreiber machen lassen!)

  • R
    reblek

    "... in der Lage sind, über dessen Schicksal – und damit über ihr eigenes – politisch mitentscheiden zu können..." - In der Lage zu sein, bedeutet, etwas zu können. "In der Lage sein, zu können" ist ein sinnloser Pleonasmus, weil es nicht darauf ankommt, "zu können", sondern "mitzuentscheiden".

    "... sondern lediglich nur seinen ungesicherten Arbeitsplatz..." - "lediglich" und "nur" bedeuten dasselbe.

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @reblek:

      Deutsch kann echt unterhaltsam sein.

  • B
    Blechstein

    Bei Schröder hat eine frühe Identifikation mit dem Aggressor stattgefunden,sonst hätte er nicht Millionen Menschen in die A'rmut gestossen, aus der er selber stammt. Marx sagte: "Man kann seine eigene Klasse nicht verlassen - nur verraten!"

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @Blechstein:

      Schröder, der Verräter! Paßt echt gut!

  • Etwas krass finde ich schon, dass er sich mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen offenbar überhaupt nicht auseinander gesetzt hat.

    Und sich an Götz Werners wirrem Mehrwertsteuer"konzept" aufzuhängen ist wirklich die abgelutschtestes Variante der Nicht-Auseinandersetzung mit einem Vorschlag, der überhaupt nichts mit einer bestimmten Steuerreform zu tun hat (und auch nicht mit der Aufhebung aller anderen Rechtsansprüche wie der Mann hier behauptet).

     

    Mit diesem Arbeitsstil kann man natürlich keine sinnvollen Ergebnisse erzielen, aber vermutlich ist der Herr ja auch mit seinem eigenen Leben recht zufrieden, er hat es immerhin angedeutet.

    Armutserklärer, die sich mit aller Macht gegen die Abschaffung der Armut einsetzen, gibt es wohl immer wieder...

     

    Dann doch lieber den Bürgerrechtler Martin Luther King lesen http://www.livableincome.org/aMLK-deutsch.htm

  • AV
    Aufklärung vs. Schlafmützen

    "Marktwirtschaft" und/bzw. "Soziale Marktwirtschaft" ist Kapitalismus! - die reale imperialistische Herrschaft der Finanz- und (auch Erbschafts-) Monopolbourgeoisie in Deutschland und der Europäischen Union!

     

    Traumtänzer - "mit" und/oder "ohne" bürgerlichen Doktortitel - von "Demokratie", "Freiheit" und "Menschenwürde", in der sog. "Marktwirtschaft" und/bzw. "Soziale Marktwirtschaft" aufwachen! - oder weiterschlafen? (!)

  • A
    Ardaga

    Bravo Christoph Butterwegge. Bravo. (Und nochmal:) Bravo. Eure (germanischen) Zahlen sind zwar harmlos - im Vergleich zur systemischen sozialen Ungerechtigkeitsweltmeisterlichkeit bei uns, im Brasilostan der ach-so-linken Lula-Dilma-Regierungen - aber wie sagten jene Holocaustüberlebenden die noch genuine Sozis waren? "Wehrte den Anfängen". Genau. Denn wo sich die (von oben) gewollte und geplante Armut einmal in die Breite rein- und tiefgefressen hat, gepaart mit idem gewolltem und geplantem Bildungsholismusabbau (und dann verwalteter Zusammenhangsverstehensmisere), ist es fünf nach zwölf. Für die Menschenwürde. Und die (vom Christoph im Schild geführte) O-Gerechtigkeit. Wer im Brasilostan, auch unter der "Arbeiter"partei-Regierung im Jahre 11, lebt weiss das.

  • Wir müssen uns Gedanken darüber machen, ob Marktwirtschaft unseres Landes nicht zum reinen Kapitalismus wird. Denn wir sind ein Sozialstaat und demnach darf die Marktwirtschaft in unserem Lande legitim sein, wenn sie sozial ist (Soziale Marktwirtschaft, Art. 20 GG).

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @Stefan Mustermann:

      Wie schön, daß sich noch jemand an die soziale Marktwirtschaft erinnert. Ich frage mich, ob die in der neuesten Auflage des Grundgesetzes noch drinsteht.

  • Im Brief vom 20. Mai 2011,

     

    der Ausschuss der Vereinten Nationen für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

     

    fordert unser Land, die Bundesrepublik Deutschland auf, ein umfassendes Armutsbekämpfungsprogramm anzunehmen und durchzuführen, das die Armutsaspekte berücksichtigt.

     

    Der Ausschuss empfiehlt, eine Überprüfung der Höhe der Sozialleistungen vorzunehmen.

     

    Außerdem fordert der Ausschuss unser Land auf, die Menschenrechte in die Durchführung des Armutsbekämpfungsprogramms einzubeziehen und damit den benachteiligten und randständigen Gruppen besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. In diesem Zusammenhang verweist der Ausschuss unser Land auf unsere Erklärung über Armut und den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 2001.

  • AG
    Ali G

    "Selbst im öffentlichen Dienst an den Hochschulen sind es 80 Prozent inzwischen, die nur noch eine befristete Stelle haben."

     

    Kein Wunder, dass die Uni Köln kein Geld mehr hat, um ihre Dozenten etc. anständig zu bezahlen: Dank der "Excellenz" Auszeichnung baut meine Uni, an der Prof. Butterwegge lehrt, für sage und schreibe 1,3 Milliarden Euro neue Hörsäle, renoviert jeden Aufzug und die WC´s werden nicht nur erneuert - NEIN - sie werden auch noch versetzt, damit man die Wasserleitungen aus den Wänden reißen muss.

     

    Ansonsten hoffe ich, dass seine Frau Caroline bald wieder im NRW Landtag für die Linke sitzt: Dort lassen sich gerade Piratinnen via Twitter über ihr Sexualleben aus und merken nicht einmal, dass niemand so etwas wissen will....

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Maschinensteuer und Systemwechsel? Das ist ja die reinste Subversion! Mit Flexibilisierung, Prekarisierung und einhergehender Paupersisierung, können die Reichen und Mächtigen - für deren Status Quo das alles gemacht ist - doch viel besser leben.

  • I
    Irrlicht

    Auch, wenn ich die Sache mit dem Grundeinkommen anders, bzw differenzierter sehe - fabelhafter Teyt, SEHR gerne gelesen und bei " es ist so, als würde man mir und allen anderen ermöglichen, zur Lottoannahmestelle zu gehen und Lotto zu spielen. Dann hätten wir diese Art von Chancengerechtikeit. " hätte ich am liebsten applaudiert!

     

    Eine Kritik hätte ich doch.

    Persönlich bin ich ja auch großer Fan von etwas schwurbeligem Schreibstil und akademische Texte/Ausdrucksweise auch gewohnt - aber mein Mann (der sonst durchaus nicht nur BILD liest und bestimmt nicht auf den Kopf gefallen und am Thema durchaus interessiert; aber halt auf dem Bau arbeitet und kein Akademiker ist) hat beim Wort "Pauperisierung" kein Bock mehr zum Weiterlesen gehabt.

    Was schade ist. Denn an vielen Stellen hätte man sich verständlicher ausdrücken können, ohne daß etwa die Textqualität gelitten hätte. Finde ich dann doch etwas unfair, nur die "Bildungseliten" anzusprechen, indem man so eine Wortwahl benutzt.

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @Irrlicht:

      Wikipedia hätte schnell die Antwort gegeben und auch das Allgemeinbildungs-Niveau wäre dadurch angehoben worden. Wer mitreden will, muß seinen Wortschatz eben zu erweitern bereit sein. Außerdem kommt dieses Wort mittlerweile durchaus häufiger vor.

      • @774 (Profil gelöscht):

        Wissenschafftl. verwendete Begriffe aus Latein, etc. in deutschen Texten machen nur solange Sinn, wie diese abkürzend sind oder als Beschreibung treffender.

        Bei Pauperisierung trifft das nicht zu. Es ist verlängernd und in der Begrifflichkeit nicht genauer.

        Den Geschmack der Abgehobenheit bei Verwendung des Wortes kann man an diesem Beispiel kaum besser beschreiben.

      • S
        Schnucki
        @774 (Profil gelöscht):

        Da haben wir sie wieder, die Arroganz der (Bildungs)Eliten. Wir lesen doch aber ein Zeitungsinterview hier und keinen wissenschaftlichen Aufsatz, oder?

      • P
        Prolet
        @774 (Profil gelöscht):

        Wegen solcher arroganter Einstellurngen werden die Linken immer unter sich bleiben. Man ist nicht glücklich darüber, dass ein Bauarbeiter nach einer harten Schicht die Geduld bringt lange und komplexe Artikel zu lesen, er soll bitte auch bestimmte Wörter in Wikipedia nachschlagen um mitreden zu dürfen. Dabei ist es häufig möglich - und auch ein Zeugnis von Schreibfertigkeit - Wörter wie "Pauperisierung" durch "Verarmung" zu ersetzen. Wissenschaftliche Papers auf englisch bestechen gerade durch die Einfachheit der Sprache bei der Darstellung komplexer Zusammenhänge. Bei deutschsprachigen Autoren hat man hingegen häufig den Eindruck, dass sie sich bemühen, ihre Texte kompliziert aussehen zu lassen.

      • I
        Irrlicht
        @774 (Profil gelöscht):

        Es macht einfach keine Laune, einen sehr langen Text zu lesen, dessen Wörter man alle paar Absätze nachschlagen muß. Da hat man auch abends nach nem langen Tag keinen Kopf mehr dazu, vor allem, wenn man sich ja auch noch woanders informieren kann. Damit man informiert ist. Oder, wie Sie, "mitreden können".

        Mit Verlaub, aber Sie tragen die Nase doch etwas hoch.

        So bleibt dieser wundervolle Text bestimmt mehrfach ungelesen/nicht zu Ende gelesen, möcht ich wetten. Was schade ist.

        Auch wenn ich gerade am Nietzschelernen bin und Adorno schlimmer sein mag: die Ausdrucksweise hier fand ich auch anstrengend. Aber gerade WEIL ich ihn verstanden habe, maße ich mir an, zu sagen: das hätte man auch allgemein verständlicher ausdrücken können!

        Reality Check, aber der oder die Durchschnitts Hatzer (und genau die betrifft ja wohl so ein Text!!) schalten gedanklich ab bei einer derartigen Wortwahl.

        Nicht weil sie allesamt zu doof wären. Sondern auch aus Erfahrung mit Politik und Politiktheoretikern: wer mit derart hochtrabenden Worten daherkommt, lügt meist im Folgenden.

        Da kann der Autor hier nichts dafür, aber drauf hinweisen wollte ich. Mir selbst geht es auch oft so, daß ich gedanklich so tief in der (theoret.) Materie bin, daß ich ohne Nachzudenken Fremdworte benutze, die nicht jeder gleich versteht - da will ich auch ,daß man mich drauf hinweist, ich will ja, daß man mich gut versteht.

        • 7G
          774 (Profil gelöscht)
          @Irrlicht:

          Ja, da ist Deutschlands schmierigstes Blatt doch viel besser: Keine Fremdwörter und auch keine ermüdenden Sätze. Was hat euch alle nur zur taz verschlagen?

          • KV
            Kotz von Brocken
            @774 (Profil gelöscht):

            Sie sind also der Meinung, TAZ sollte nur von gebildeteten Leuten rezipiert werden, ist das richtig?

            • 7G
              774 (Profil gelöscht)
              @Kotz von Brocken:

              Die taz ist für jeden gedacht. Aber sie ist wohl ungeeignet für Leute, die ein unbekanntes Fremdwort nicht nachschlagen wollen.

          • @774 (Profil gelöscht):

            Mir geht´s um Inhalte und der Vergleich mit Bild ist einfach lächerlich.Der Läufer und der Lahme können die gleichen Schuhe tragen, doch einer ist trotzdem schneller. Die Aussage wird für Sie durch gleichwertige Verwendung deutscher Begriffe offenbar auf den Kopf gestellt. Glauben Sie, das richtigen Blatt zu lesen ?

            • 7G
              774 (Profil gelöscht)
              @lions:

              Ach, das überparteiliche Revolverblatt hat für Sie also genausoviel Inhalt wie die taz? Vielleicht gibt es noch bessere Zeitungen, als die taz. Aber ich glaube, daß die taz bestimmt kein mieses faschistoides Hetzpapier ist.

              • @774 (Profil gelöscht):

                Mit Metaphern haben Sie´s nicht so. Die gleichen Schuhe stehen für die Verwendung zB.der deutschen Sprache, nicht für Inhalte.

                • 7G
                  774 (Profil gelöscht)
                  @lions:

                  gähn! Sind Sie nun doch nicht dafür, sich so einfach , wie möglich auszudrücken?

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    "Sicher, ich bin mir absolut bewusst darüber, mit einem inklusiven Sozialstaat ist noch lange nicht der Kapitalismus beseitigt, ..."

     

    Das ginge sicher schneller als du ... kannst, wenn ihr Medienakrobaten in eurer Kommunikation konkreter / mutiger gegen eure implantierte Suppenkaspermentalität werden würdet, indem ihr wenigstens versuchen würdet den Menschen visionär-fusionierende Gedanken von einen Zusammenleben OHNE Steuern zahlen, OHNE manipulativ-schwankende "Werte", OHNE "Sozial"-Versicherungen, OHNE irrationalem Zeit- / Leistungsdruck zu einer Karriere von Kindesbeinen, usw. IMPFEN würdet - Wenn GRUNDSÄTZLICH alles allen gehört, so daß die Symptomatik von "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei" absolut keine Macht mehr hat und so absurd wird wie sie ist, kann PRINZIPIELL alles wirklich-wahrhaftig / menschenwürdig und zweifelsfrei demokratisch organisiert werden.

     

    Aber nein, nein, nein, die populistisch-opportunistische Beteiligung an der Konfusion in Überproduktion von systemrationalem KOMMUNIKATIONSMÜLL ist dem Ego des Gewohnheits- und Wohlstandmenschen natürlich lieber!?

  • G
    Gast

    Weil der Autor bei weiterm nicht der Erste ist, dem die Gefahr des BGE als "Kombilohns für alle" aufgefallen ist, gibt es ja mittlerweile Modelle,die die gleichzeitige Einführung eines Mindestlohns vorsehen.

    (Es gibt überhaupt über 30 verschiedene Modelle.

    Das deutet der Autor zwar an, so als ob er Ahnung davon habe, ausgerechnet der Aspekt,der ihn interessiert, ist ihm aber noch nicht aufgefallen. )

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    Na das paßt doch - wo Mensch in Suppenkaspermentalität gebildet wird, da sind Suppenküchen doch normaler Teil des Staates!?

  • S
    sarko

    Wie soll man als Linker anders als mit Wunschdenken überleben ! Aber zur Rückkehr eines "inklusiven Sozialstaates" , lieber Herr Butterwegge , wird es nicht kommen . "Umverteilen" würde zweifellos einige Übel lindern helfen , würde aber das ganze übrige Elend nur verlängern . Es bleiben tatsächlich nur zwei Alternativen : Das auf Kapitalverwertung beruhende Gesellschaftsystem abschaffen - ...oder die Abwärtsperspektive, die in Griechenland-Spanien-Portugal-Italien-...Frankreich zu besichtigen ist (von den östlichen EU-Ländern gar nicht zu reden). Sich Deutschland als eine Art Insel Sylt zurechtträumen , die immer herrlich und in Freuden allein vom Export von Maschinen & Luxuskarrossen in "Schwellenländer" leben können würde , geht nur mit harter Hirndope .

  • P
    Perthro

    Toller Artikel,allerdings denke ich ist das bedingungslose GE durchaus finanzierbar, allerdings nicht über die Mehrwertsteuer und langfristig gesehen geht das auch nicht ohne Änderung unseres Geldsystems. Wir müssen uns endlich mal klar machen, das Geld nicht arbeitet!

    Finanzieren ließe sich das Ganze über eine Steuer auf Produktionsmittel. Steuertechnisch stehen Firmen mit menschlichen Mitarbeitern dann besser da, als Firmen die ihren Umsatz durch Roboter erzeugen.

    • @Perthro:

      Geld erwirtschaftet ja auch keine Zinsen, sondern schmilzt wie Eis in der Sonne. Ihr Schwundgeldsystem müssen Sie nicht fordern, es ist da!

  • G
    Gast

    Ein gelungener Beitrag mit vielen guten Ansätzen. Die Frage ist nur, wer den 'inklusiven Sozialstaat' letztlich bezahlen soll, wenn das Niveau der staatlichen Leistungen "armutsfest" und "repressionsfrei" sein soll.

     

    Die wirklich Reichen: Sind schon weg. Die Beamten: Machen die Gesetze und werden sich nicht einbeziehen lassen. Die Selbständigen: Jagen Aufträgen hinterher und die meisten kämpfen -armutsgefährdet- um ihren Lebensunterhalt. Der Unternehmer: Der hat inzwischen einen ganz schlechten Ruf, obwohl 90% der deutschen Unternehmen nur 1-10 Mitarbeiter haben. Ansonsten siehe Selbständige. Der Arbeitnehmer: Muss schon heute mehr als 50% Abgabenlast zahlen. Mehrbelastungen sind absehbar.

     

    Wenn diese Bürgerversicherung käme, wer will dann noch arbeiten?

     

    Beispiel: Die meisten Beamten bekommen eine Pension um 2.500,- Euro mtl. ohne etwas dafür zu zahlen, Jahr für Jahr. Ein Selbständiger muss, um eine analoge Altersversorgung zu erhalten, ca. 600.000,- Euro selbst ansparen. Das meiste davon aus seinem Nettoeinkommen. Ist dieser Selbständige jetzt reich und muss, weil er vorgesorgt hat, jetzt wieder Geld an den Staat aus "Vermögen" bezahlen? Mit dieser Aussicht arbeitet der dann wohl nicht mehr, sondern nimmt lieber das "angst-, armuts- und repressionsfreie" Bürgergeld.

     

    Ich wette, dass auch viele Arbeitnehmer nicht mehr arbeiten werden, sondern Bürgergeld nehmen.

    Uns werden die Zahler schneller ausgehen als uns lieb ist. Das war es dann.

  • F
    FranzK

    Ein sehr guter Text. Leider sind die Verursacher am Drücker und mit ihnen die Partei, Lobby und Medien Gesellschaften. Wer die Meinungshochburg hat bekommt auch die Macht. Hin zu kommt noch das Problem, das aufgrund mangelnder Übersicht, die Lämmer ihre Wölfe selbst wählen.

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @FranzK:

      Die Linke wollt ihr ja nicht wählen.

  • G
    Gastritis

    ausgerechnet die Gewerkschaften? DE hat nicht mal echte Gewerkschaften.

     

    Die Gewerkschaften haben in DE alles mit durchgewunken, das ist Arbeitgeberklüngel vom Feinsten, die winken alles mit durch, verhandeln mies.

     

    wieso sanken nur in DE die Reallöhne und damit auch künftige Rentenzahlungen an einem?

     

    Na weil deutsche Gewerkschaften gekauft und korrupt sind.

     

    und Bildungsrepublik ist ja wohl im Vergleich zu Ländern wie Schweden der Witz des Jahrhunderts. Kaum ein Land macht Berufswechsel und Weiterbildung so schwer wie DE mit seinem Klassensystem der Bildung von anno dazumal.

     

    ansonsten hat er mit dem meisten Recht.

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @Gastritis:

      Von den Gewerkschaften sind wirklich jämmerlich. Dennoch sind sie die einzigen Arbeitnehmervertretungen. Wahrscheinlich sollte dort mit den Reformen und einem Mentalitätswandel begonnen werden. Durch die Bildungsoffensive können einem heutzutage Taxifahrer und Leiharbeiter wenigstens komplizierte politische Sachverhalte nebenbei erklären.

  • Ja, es war eine Zäsur, als sich

    "die andere große Partei" entschlossen hat, das Sozial im Parteinamen zu ignorieren.

    So lange das Volk wählt wie es wählt, wird sich diesbezüglich nichts zum Besseren wenden.

    • I
      Irrlicht
      @vic:

      das Problem ist eher, WER wählt. Und wer halt nicht. Ich mein - die Nazis und Konservativen gehen doch geschlossen zum wählen. Ich frag mich, was würde das (ganze) Volk wählen, hätten wir Wahlpflicht wie in anderen Staaten... ich weiß aber nicht, ob mich das Ergebnis eher positiv oder negativ überraschen würde, denn einschätzen könnt ich's nicht (was auch wieder etwas über unsere Demokratie aussagt, aber ja nun...)

  • A
    Apokalyptiker

    "Das-Bessere-Wünschen wird nicht zum Besseren führen .

    Zwei Gründe (von vielen) :

    Das (Fast-)Gewaltmonopol der Gehirnwäsche liegt bei den Kapital organisierten Medien .

    Die Gehirne der "Abgehängten" werden nicht von einer "Theorie zum Besseren erfasst" , sie bleiben stumm und wenden sich ab , Teile der Jüngeren werden kriminell werden , verwüsten die Städte ."

    Also sprach Pythia von Essen , ...ohne noch etwas zum Rätseln zu lassen .

  • H
    Hans

    Einer der besten Beiträge, die ich seit langem auf der taz zu dem Thema gelesen habe. Chapeau.

     

    Die Visionen Butterwegges werden leider an der historischen Entwicklung der Gesellschaft und dem Menschen an sich scheitern. Die "Renaissance des Solidaritätsgedankens" wird nicht kommen. Geld hat schon immer regiert, und meist musste dafür die Mehrheit leide. Die Menschen sind frustriert, apathisch und egomanisiert (worden). Einzig ein Crash des Systems mit Chaos, Toten und einem Abgrund, aus dem man ein neues System erschaffen kann wird etwas ändern. Und ja, das ist ein unangenehmer Gedanke.

  • K
    kozmonaut

    Ein Glück das G.G. auch ein paar kritische Nachfragen hatte. Wäre ja sonst peinlich für ein 'Qualitätsmedium'. Oh wait...

  • DF
    Danke für diesen Beitrag

    Wer oder was sind "Wohnbürger" und gibt es eine andere Bevölkerung als die "Wohnbevölkerung"? Sind einfach die Menschen in Deutschland gemeint? Diese unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichem oder altersbedingtem Status? Geht es ihm um eine weitere Definition von Demokratie? Um ein Umdenken wie z.B. in Südafrika in den 90er Jahren? Demokratie und Gerechtigkeit mal inklusiv denken?! Diese Strömung scheint ausserhalb der Menschenrechtsbewegung nicht besonders stark zu sein.

  • E
    Etwas ändern?

    Die meisten Suppenküchen gibt es allerdings dort wo Grüne, SPD oder Linkspartei regieren. Man müsste sich fragen warum die Bayern da ein wesentlich kleineres Problem haben obwohl die Regierungspartei nicht mit "sozial" hausieren geht. Das müsste man auch bei Bildung, Sicherheit, Verkehr, Umweltschutz und natürlich der Sache aus der das alles entstehen kann, der Wirtschaft, fragen. Von nichts kommt nichts. Da stoßen dann viele mit dem ideologischen Brett an und es fällt einem nur Geschrei nach "Sozial" ein. Dann wählt man wieder wie immer, kämpft gegen "das Unrecht" und versucht zu verteilen. Selbst richtet man sich am liebsten im Verwaltungssystem der verteilung ein und das ganz gut. Wenn dann immer weniger zum Verteilen da ist und die Suppenküchenzahl wächst wundert man sich und schreit wieder nach den alten Zöpfen. Wenn es ganz blöd läuft endet man wie Griechenland. Einsicht und Änderung der eigenen Position ist nicht gerade üblich. Genau das sollte aber linkes Denken sein. Die Konservativsten von heute sind die Linken von gestern.

    • @Etwas ändern?:

      Die Regierungspartei in Bayern geht nicht mit "sozial" hausieren? Ehrlich jetzt? Glauben Sie denn wirklich, dass das S in CSU für Seehofer/Strauß/Stoiber steht?

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @Etwas ändern?:

      Na, hoffentlich geht's den Bayern nicht auch mal schlecht. Soviel ich weiß, wurde auch hier die Wirtschaft mit massiver Hilfe des Staates - also der Allgemeinheit - aufgebaut.

  • M
    ManuelBremen

    Ein "Sozialstaat, der alle Lebensformen toleriert"?

     

    Bitte, aber nicht auf MEINE Kosten. Es muss doch ein selbstverständliches Motto sein, dass jeder Mensch auf dieser Erde in erster Linie für sich selber sorgt, wenn er dazu gesundheitlich in der Lage ist! Alles andere wäre asozial. Es ist ein Verstoß gegen die Menschenwürde und modernes Sklaventum, andere um einen Großteil ihrer Arbeit zu bringen, um Menschen zu unterstützen, die nicht 100% ihrer Energie aufbringen, einen Job zu finden, wenn sie keinen haben.

     

    Neoliberalismus ist übrigens genau so ein leeres Schlagwort wie Kapitalismus geworden. Letzlich undefiniert, jeder kann es so auslegen, wie es ihm gerade passt.

     

    Außerdem: Ich finde, dass der typische Angestellte viel zu wenig Zeit für Politik hat, nicht der Arbeitslose, Student oder Rentner...

    • @ManuelBremen:

      @MANUELBREMEN Eine Mehrheit denkt so wie Sie! Herzlichen Glückwunsch! Menschen wie Ihnen haben wir es zu verdanken, dass es weltweite Elendsviertel gibt!

       

      Da ist es wieder:" Jeder sei seines Glückes Schmied?" Was aber wenn es nichts mehr zu schmieden gibt?

       

      Wo sind die Produktivitätssteigerungen der letzten Jahrzehnte geblieben? Wurden diese in Schaffung von neuen Arbeitsplätzen gesteckt, oder in höhere Löhne? (Eigentum verpflichtet) oder doch lieber dort investiert, wo die niedrigsten Löhne auf der Welt gezahlt werden?

       

      Oder wurde und wird mit den Gewinnen doch lieber an den Finanzmärkten dieser Welt spekuliert? Wegen mehr "Rendite"?

       

      Die Fakten jedenfalls sprechen dafür, wenn man hört und liest, dass an den Finanzmärkten dieser Welt in einem Jahr das achtfache dessen investiert wurde, als in der Realwirtschaft?

       

      Die Produktivitätssteigerungen und Gewinne, hat nicht der Vorstand, oder Geschäftsführer erwirtschaftet, sondern die Arbeitnehmer!

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @ManuelBremen:

      Einer, der einen gut bezahlten Job hat und anderen nichts von seinem Einkommen abgeben will. Echt soziale Einstellung. Bestimmt, ist er auch noch gut privat versichert, so daß er auch bei Berufsunfähigkeit nicht den Sozialstaat braucht.

  • R
    reblek

    "Hartz-IV-Gesetze" - Erstens handelt es sich nicht um "Gesetze", sondern maximal um den Teil eines Gesetzes. Und zweitens sollte sich die taz schämen, nach wie vor einen Teil eines Sozialgesetztes dieses Landes nach einem verurteilten Straftäter zu benennen.

    Herr Butterwegge ist wenigstens so nette, zu erklären, was "Hartz IV" eigentlich ist bzw. wir es heißt, nämlich "Arbeitslosengeld II" oder auch für Kürzler(innen) "Alg II".

    • @reblek:

      Inzwischen darf man den Begriff "Hartz IV" sogar auf dem Amt verwenden. Echter Fortschritt.

    • F
      FranzK
      @reblek:

      das Peter Hartz der Vordenker des ALG I - IV war ist ihnen hoffentlich bekannt und was ist nun so furchtbar wenn die Medien eben diesen Namen als Schlagwort benutzen ? An dem Menschen verachteten System oder die Blickweise darauf ändert der korrekte Name!! gar nichts.

  • GD
    Gegen die Bullshit-Blockparteien

    Neu-Renten - und die Massen-Altersarmut wächst!

     

    Neu-Rentner haben im Durchschnitt weniger Versicherungsjahre und durch geringe Einkommen auch weniger Rentenpunkte.

     

    Männer, die 2012 in den Ruhestand gegangen sind, hatten im Westen im Durchschnitt nur 29,6 Versicherungsjahre / und im Osten 38,1 Jahre. Das waren im Vergleich zum Vorjahr 3,7 Jahre im Westen und drei Jahre im Osten weniger - der stärkste Rückgang seit Jahrzehnten.

     

    Frauen in Westdeutschland hatten sogar nur 18 Versicherungsjahre (in Ostdeutschland hatten Frauen noch 34,5 Jahre), ein Rückgang im Westen um 1,6 Jahre ( in Ostdeutschland ein Rückgang um 3,9 Jahre).

     

    Die ideologischen Bullshit-Parteien, 'unserer' vereinten Block-Spezialdemokraten, quatschen von "45 Vollzeit-Arbeitsjahren" und "Rente mit 67", dann gibt es 100 Prozent Altersrente usw. In Wahrheit landen immer mehr gutqualifizierte Menschen im Billiglohn und die Netto-Rentenleistung sinkt. Gleichzeitig steigen die leistungslosen Erbschafts- und Vorstands-Vermögen.

  • Wenn man den Neoliberalismus als politische Zivilreligion betrachtet, dann passt darauf eigentlich nur das Marx-Zitat: "Religion ist Opium fürs Volk".

  • P
    Philanthrop

    Sie haben dargelegt, dass sie es nicht für sinnvoll halten ein durch Mehrwertsteuer bezahltes bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen, und auch ich halte dies nicht für einen klugen Schritt. Es macht wirklich nicht viel Sinn Armut damit bekämpfen zu wollen, wenn am Ende durch eventuelle Preisanstiege das Einkommen allein nicht zum Leben und zur gesellschaftlichen Teilhabe reicht.

    Tatsächlich müsste ein solches Einkommen, wenn wir diesen Gedanken akzeptieren, über die Unternehmen eingetrieben werden. Woher auch sonst?

    Das Gleiche machen wir im Moment auch (teilweise indirekter und teurer in der Verwaltung), nur dass mittlerweile eben nicht mehr sicher gestellt ist, dass alle Menschen von ihren Einkünften leben und an der Gesellschaft teilhaben können. Sie haben das ja selbst ausführlich geschildert.

     

    Das Grundeinkommen ist genau der Ansatz, den sie in ihren letzten Abschnitt fordern und, wenn es ökonomisch sinnvoll und möglich ist (was wissenschaftlich zu prüfen ist!), dann hat es den Vorteil, dass es nicht nur "armutsfest und repressionsfrei" ist. Es ist sogar egalitär und spaltet die Gesellschaft daher nicht in die neofeudalen Begriffe "Sozialhilfeempfänger" und "Leistungsträger".

  • AV
    Aufklärung vs. geistiger Bullshit

    Auch der leistungslose Siemenssche und Quandtsche Erbschafts-Reichtum wächst: 10 % der Bevölkerung haben mehr als 70 % aller realen Vermögenswerte. -

     

    Und die unteren 60 % der wertschöpfenden Arbeitsbevölkerung weniger als 10 % aller Vermögen.

     

    Die Erwerbseinkommen aus der steigenden Wert- und Mehrwertschöpfung sinken - und die sozialdarwinistische Altersarmut aus BDA-Hundtschen Billig-Lohn und spezial-demokratischen "Hartz-IV"-Strafvollzug steigt ungebrochen weiter an.

     

    Die hündisch braven deutschen Michels sorgen für die Milliarden-Vermögen ihrer Finanz- und Erbschafts-Monopolbourgeoisie (- ohne deren Arbeits-Leistung) - und ebenso für die Privat-Millionen von deren Parteien-, Regierungs-, Vortrags- und Parlaments-Administration!

  • G
    Gastname

    Ganz wunderbarer Artikel. Nur hat Herr Christoph Butterwegge die SPD verlassen und symphatisiert offen mit der sog. "Linkspartei".

    Und auch ein Herr Butterwegge kann sich gerne die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ansehen und die Frage stellen, warum es uns so gut geht.

     

    Nebenbei: 65 v.H. der Arbeitslosen haben einen "Migrationshintergrund" - und das sind nicht die Vietnamesen, Holländer oder Franzosen in diesem Land.