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Kommentar Verbotsantrag gegen NPDMit spitzen Fingern anfassen

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Der Bundesrat reicht am Dienstag seinen NPD-Verbotsantrag ein. Die Verfassungsrichter haben allen Grund für eine skeptische Prüfung.

Im Niedergang begriffen: die NPD. Bild: dpa

E in Verbot der NPD ist möglich. Zweifellos sieht das Grundgesetz vor, eine Partei zu verbieten, die die freiheitliche Demokratie im Kern ablehnt. Die Verfassung folgt dem Konzept der „wehrhaften Demokratie“, Garantien des Grundgesetzes gelten für die Feinde der Freiheit nur bedingt. Dennoch ist der Verbotsantrag, den der Bundesrat am Dienstag in Karlsruhe einreichen wird, kein Selbstläufer. Wenn die Verfassungsrichter zusätzlich eine „unmittelbare Gefahr“ für die Demokratie fordern, dann könnte der Antrag auch abgelehnt werden. Schließlich ist die NPD derzeit eine Partei im Niedergang.

Für eine Anhebung der Hürden spricht mehreres. Erstens sollte ein Parteiverbot in der Demokratie immer das letzte Mittel sein. Ein Verbot zeigt gerade nicht die Stärke der Demokratie, sondern stärkt autoritäre Lösungsmuster. Zweitens wäre es für das Verfassungsgericht peinlich, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Parteiverbot wieder aufhebt. Straßburg hat schon verschiedentlich eine „Gefahr“ als Voraussetzung für ein Verbot verlangt.

Drittens aber machen vor allem die Umstände der jahrelangen Verbotsdiskussion skeptisch. Die Forderung nach Ausschaltung der NPD kam immer dann hoch, wenn sich die Öffentlichkeit über rechtsradikale Gewalttaten empörte, im Sommer 2000 nach einem Anschlag auf russische Einwanderer in Düsseldorf und jüngst nach Bekanntwerden der Morde der rechten Terrorgruppe NSU. Wenn die unmittelbaren Täter unbekannt oder tot sind, dann ist ein NPD-Verbot immer gut, um staatliche Entschlossenheit und Handlungsfähigkeit zu zeigen. Inzwischen wird das Verbotsverfahren vor allem fortgeführt, weil man es einmal angefangen hat.

Die Verfassungsrichter haben also genug Gründe, den Verbotsantrag mit spitzen Fingern anzufassen.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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3 Kommentare

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  • Zurecht wurde gestern ein Verbotsantrag gegen NPD beim Bundesverfassungsgericht gestellt.

     

    Man sollte neben dem Grundgesetz auch die sämtlichen Menschenrechtskonventionen und Verträge der Europäischen Union (Charta der Grundrechte der Europäischen Union, UN-Charta etc.) dabei berücksichtigen, dann wird die richterliche Entscheidung im Nahmen des Volkes, zu Gunsten unseres Volkes gefällt.

     

    Man sollte auch berücksichtigen, unter welchen Bedingungen die Autonomie unseres Landes 1947 legitimiert wurde. Dies ist ein wichtiges Argument, insbesondere wenn man die letzten Volksverhetzungen durch die NPD in Berlin dabei erwähnen würde, wie

     

    http://www.taz.de/Volksverhetzung/!128798/

     

    Wer wird unsere Kinder an den Schulen schützen können, wenn nicht Bundesverfassungsgericht jetzt!

     

    Auch der NSU Prozess könnte eine wichtige Rolle spielen, um dem Verbot zu zustimmen.

     

    Durch Volksverhetzung wurden die Grundrechte vieler Menschen verletzt. Demnach ist der verfassungsrechtlicher Schutz der NPD aufzuheben.

     

    Beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wäre die NPD schon längst verboten!

  • Ich sehe das etwas anders: Auch wenn eine Partei keine "unmittelbare" Gefahr darstellt, sondern nachweisbar und eindeutig gegen die freiheitliche Demokratie kämpft, sollte sie bei den Wahlen nicht mehr mitspielen dürfen. Wahlen sind nicht dazu da, ebensolche abzuschaffen. Den Anfängen zu wehren, ist durchaus sinnvoll.

     

    *** Dieser Kommentar hat die taz-Qualitätsprüfung durchlaufen ***

  • M
    Marcel

    Wenn es darum geht, nationalistische Töne zu verbieten müssten wir eigentlich einen Verbotsantrag gegen den SPIEGEL und die BLD verbieten. (Schlagzeile gegen Assad: "Bringen diese Bomben den Frieden")

     

    Wenn es darum geht, die Unterstützung durch Waffen an rechte Gruppen zu stoppen, müsste man hochgradige verdächtige Verfassungsschutzbeamten wie Andreas Temme verhaften und befagen.

     

    Wenn es darum geht, ganze Netwerke von Rechtsradikalen zu stoppen, müsste man bei der Nato (siehe das Buch von Daniele Ganser "Gladio) anfangen.

     

    Bei der NPD auch immer schön dranbleiben. Sie haben zwar zum Teil sinnvolle Vorschläge im Parteiprogramm (Verbot Gentechnik..) aber es gibt sicher Gründe über ein Verbot nachzudenken, obwohl es wie der Autor schreibt, richtig ist, dass ein Parteienverbot in Deutschland einen besonderen Geschmack hervorruft.