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Kommentar EU und UkraineNichts als fromme Wünsche

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Trotz den für Dezember versprochenen Neuwahlen gilt: Noch ist nichts gut in der Ukraine. Denn die EU hat keine Strategie.

Steimeier passiert die Ehrengarde von Janukowitsch am Maidan. Bild: dpa

Z weimal ist die EU schon in der Ukraine gescheitert. Erst lehnte Präsident Janukowitsch das geplante Assoziierungs- und Freihandelsabkommen ab, dann verlief der Vermittlungsversuch zwischen Regierung und Opposition im Sande. Statt die Lage in Kiew wie versprochen zu beruhigen, mussten die Europäer hilflos zusehen, wie sie sich die Gewalt immer mehr aufschaukelte.

Nun haben sie sich wieder eingemischt, diesmal unter dramatischen Umständen. Während auf dem Maidan Scharfschützen auf Demonstranten zielten, versuchten Außenminister Steinmeier und seine französischen und polnischen Amtskollegen, einen Fahrplan für eine politische Lösung zu entwerfen. Gleichzeitig beschlossen die übrigen 25 EU-Außenminister in Brüssel gezielte Sanktionen gegen das ukrainische Regime.

Verspricht dieser verzweifelte dritte Anlauf nun mehr Erfolg? Oder haben die Amerikaner recht, die der EU von Anfang an keine Lösung in der Ukraine-Krise zutrauten, wie das legendäre „Fuck the EU“ der US-Europaexpertin Nuland in schonungsloser Offenheit verriet? War es falsch von den Europäern, in Kiew auf „Soft Power“ zu setzen, während der Konflikt immer mehr auf einen geopolitisch hochbrisanten Bürgerkrieg zusteuerte?

Noch ist es zu früh, diese Frage zu beantworten. Zwar zeichnete sich am Freitagmorgen nach stundenlangen nächtlichen Verhandlungen eine Lösung ab. Man habe sich auf Neuwahlen im Dezember geeinigt, teilte Janukowitsch mit. Doch ob es dazu kommen wird, ist durchaus zweifelhaft.

Die EU hat sich an der Ukraine ganz offenbar übernommen; allein werden die Europäer diesen Konflikt nicht beenden können. Russland muss mit ins Boot; ein russischer Vermittler nahm ja bereits an den nächtlichen Diskussionen teil.

Auch die Uno wird gebraucht. Und selbst ohne die USA wird es wohl am Ende nicht gehen. Denn die Amerikaner sind – wie nicht erst das „Fuck“-Zitat offenbarte – Teil dieses Konfliktes. Sie gießen schon lange Öl ins Feuer; in Washington werden längst Pläne für die Zukunft der Ukraine geschmiedet. Sogar über die Besetzung der nächsten Regierung in Kiew macht sich die US-Administration schon Gedanken.

Russen und Amerikaner haben eine Strategie, die Europäer kommen vor allem mit frommen Wünschen. Die mögen die Lage für ein paar Stunden oder Tage beruhigen; an den harten Realitäten ändern sie nichts.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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17 Kommentare

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  • Die EU macht nicht den Fehler, "soft power" (im Gegensatz zu "hard power") einzusetzen, sondern den, überhaupt ihre Muskeln spielen zu lassen. Es ist nicht Sache der EU, eine genehme Regierung in der EU zu installieren, sondern nur die der Ukrainer.

  • Werden sie dafür bezahlt sich nicht zu informieren oder stellen sie sich umsonst dumm? Oder halten sie ihre Leser für dumm? Keine Strategie sieht anders aus und das sollten sie wissen. Swinton für sie zum nachdenken:

    http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=883

     

    Viel glück beim besser werden.

  • Hallo Leute,

    nicht so falsch vereinfachen:

    NATO+BND = mit Faschisten gegen Ukraine.

    Holt mal mit Eurer Fernbedienung das Geschirr aus der Spülmaschine.

  • S
    Sören

    Für die EU ist es natürlich schwieriger, eine Strategie zu entwickeln, weil die Meinung von 28 Regierungen berücksichtigt werden muss. Solche Probleme hat die US-Regierung nicht, und in Russland spielen die komplizierten Meinungsbildungsprozesse westlicher Demokratien keine Rolle. Die Bemühungen der drei Außenminister sind trotzdem positiv.

     

    Das Problem ist, genau wie beim Syrien-Konflikt, der russische Präsident. Er zeigt immer wieder, dass Demokratie und Menschenrechten unwichtig sind, wenn es ihm darum geht, einen Verbündeten zu stützen. Er steckt gedanklich in der bipolaren Welt des Kalten Krieges fest, und verhindert damit auch umfassende und internationale Ansätze zu Konfliktlösungen.

     

    Es ist sehr bedauerlich, wenn eine Art „loony left“ solche Konflikte für die Verbreitung von ideologischem Unsinn nutzt. Diese folkloristischen Beiträge könnten fast unterhaltsam sein, wenn die Realität nicht aus vielen Toten bestehen würde. Diese verstaubte Ideologie hat nichts mehr mit der Realität oder den Fragen der Zeit zu tun.

    • C
      cosmopol
      @Sören:

      Magst du den letzten Absatz mal erläutern? Was und wen genau meinst du denn jetzt damit? Und kannst du das auch begründen. ;) ^^

  • Aber die EU hat doch eine Strategie: als Partner der ukrainischen Nazi-Partei “Swoboda” wird der Bürgerkrieg angeheizt. Hier ein Foto des Treffens von Steinmeier mit Faschistenführer Oleh Tjahnybok:

     

    http://blog.fdik.org/2014-02/steinmeier_tiahnybok.jpg

     

    So sieht übrigens die Jugendorganisation der “Swoboda” aus:

     

    https://commons.wikimedia.org/wiki/File:SNPU_%E2%80%94_Lviv_%E2%80%94_1999.jpg

     

    Scharfschützen gab es wohl auf beiden Seiten. Immerhin gibt es auch etliche erschossene Polizisten.

     

    Aber mit der Kriegshetze sind die EU-Funktionäre ja nicht alleine; das passiert ja auch hier in der TAZ; Bernhard Clasen forderte hier kürzlich ultimativ: “Rücktritt oder Bürgerkrieg”, siehe http://www.taz.de/!133347/

  • T
    ttt
  • M
    Marie

    Präsident Janukowitsch wäre besser damit beraten, die ach so demokratische F-EU mit all ihren Marionetten zum Teufel zu jagen. Hat die EU nicht schon genug Elend und Unzufriedenheit über andere Völker gebracht?!

  • GV
    Gustav von Horn

    Ihr Artikel ist inhaltich falsch. die Ukraine hat noch im Dezember mitgeteilt, dass sie an dem Abkommen mit der EU interessiert ist. Die EU hat dann die Arbeit am Abkommen gestoppt (http://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine-eu-stoppt-arbeit-an-assoziierungsabkommen-12712024.html)

  • W
    Wolfgang

    Kapitalfaschismus heute (- noch ohne atomaren Weltkrieg)!

     

    Nato+BND vs. Ukraine

     

    "EU hat keine Strategie" = UNSINN!

     

    Natürlich hat auch der Bundesnachrichtendienst (BND-Zentrum Berlin-Mitte und zusätzliche Außenstellen in Deutschland, Europa-Asien, Afrika, Süd-Mittel-Amerika und weltweit) eine Strategie für Osteuropa: für die Ukraine und das ebenso rohstoffreiche Russland etc. Ebenso für die rohstoffreichen Nachfolgestaaten der historischen UdSSR!

     

    Der moderne (modifizierte) Kapitalfaschismus der deutsch-europäischen Quandtschen und Siemensschen Finanz- und Monopolbourgeoisie benötigt für die Umsetzung seiner Strategie (heute) keine "NSDAP" und "SS". -

     

    Heute hat er eine lern- und leistungsfähige ökonomische, geopolitische, militärische, ideologisch-antikommunistisch Gaucksche und gesellschaftspolitisch spätbürgerliche Merkelsche Administration: die moderne kapitalfaschistische und rechts-sozialdemokratische GroKo-Bundesregierung und Parlamentsmehrheit und ihre div. politischen und gewerkschaftlichen Staats-Beamten und "Sozialpartner" - der herrschenden Finanz-, Medien-, Rüstungs-, Rohstoff- und (analog) Monopolbourgeoisie!

    [- analog in allen Nato-Bündnisstaaten der europäischen Wirtschaftsunion, der EU der BDA-Wirtschafts- und BDI-DAX-Monopolverbände!

  • prinzipielle Zustimmung zu ihrer Analyse, nur wie sollte die Strategie der EU denn statt dessen aussehen Herr Bonse? Was sollte sie anderes einsetzen als ihre Softpower? Sankionen jucken Janukowitsch wahrscheinlich auch nicht besonders. Und wenn die EU- Außenminister morgen wieder zu Hause sind und Janukowitsch, wen täte es erstaunen, seine Zustimmung zu den Vereinbarungen an neue Konditionen knüpft und bald gar nichts mehr von ihnen wissen will- was dann?, militär. Intervention? Ja wohl nicht. Die Lösung sitzt in Moskau. Was tun? "Die Russen ins Boot holen." Wenn Putin jetzt Wladimir Lukin schickt, so schickt er eine untere Charge, die rein gar keine Machtbefugnisse im Kreml hat, vor ihm war schon die Memorial- Chefin in dem Amt, und hat hingeworfen weil all ihre Berichte wirkungslos verhallten. Und den schickt Putin nun nach Kiew, weil er MEnschenrechtsbeauftragter heißt. Warum schicken die nicht Lawrov? Deutet das jetzt verstärktes Interesse des Kreml an, sich in Verhandlungen EU-UKR-RU zu involvieren? es darf bezweifelt werden. Auch das Spielchen mit den Notkrediten, und der Poker mit den Gaspreisen deutet nicht auf ehrliches Verhandlungsinteresse. Die Russen meinen immer noch sie befänden sich im Kampf der Imperien. Wie sie davon zu heilen sind, wäre ein wichtiger Frageansatz für eine neue Stragegie der EU.

    • @ingrid werner:

      Die EU muss den Russen ein ernsthaftes Partnerschaftsangebot machen, nicht über die Ukraine, sondern über Russland selbst - Aufnahme in die EU, so utopisch das jetz klingt, Sonderkonditionen für den Zugang russ Produkte auf europ. Märkte tec etc (ein Angebot jedenfalls für das die Russen auf ihr Imperiumsspiel verzichten, der Preis aber kann keine Preisgabe irgendeines anderen selbstständigen Landes sein)

  • Frank "Murat-Kurnaz" Steinmeier gibt den Bürgerrechtsheld... ich muß brechen.

  • G
    Gast

    Ukraine NEUTRAL.

     

    Warum können die EU und Russland sich nicht darauf einigen,

    dass die Ukraine neutrales Gebiet ist, welches sich weder

    militärisch, noch ökonomisch einer Seite verpflichten kann.

     

    Wieso gibt man der Ukraine nicht die Option,

    dass sie die besten Konditionen bekommt, die eine Seite ihnen anbietet,

    die dann von beiden Seiten erfüllt werden muss.

     

    Dass wollen die Eurokraten nicht.

     

    Frieden und Wohlstand, statt Fremdbestimmung!

    • T
      toddy
      @Gast:

      Die Antwort gibt Ihnen (Österreich) zum Verhalten der EU gegenüber Ukraine u. warnte davor, “aus dieser Union eine Militärunion zu machen” – deutliche Worte:

      “Der Versuch der Europäischen Union, die Ukraine gegen Russland auszuspielen, ist gescheitert…

      Die Menschen in der Ukraine glauben, sich mit der Nähe zu Europa ihre Lebensverhältnisse verbessern zu können. Die romantischen Werte, die Sie in diesen Maidan-Platz-Demonstrationen hineininterpretieren, haben mit der Realität nichts zu tun…

      Ich will keine Militärunion, die klar ein Feindbild hat [Russland] … es darf zu keiner Verschmelzung von EU und Nato kommen.”

      Ewald Stadler: Die EU(=USA) soll aufhören, Länder gegen Russland auszuspielen

      http://www.youtube.com/watch?v=iFSRUGulOQY

    • A
      Arne
      @Gast:

      Evtl. haben die Ukrainer ja auch noch ein Wörtchen mitzureden, was aus der Ukraine werden soll.

       

      EU und Russland sind nicht die Gewinner eines Krieges gegen die Ukraine, so dass sie ihr vorschreiben können, ob sie neutral werden soll.

       

      Es macht mir Sorgen, dass das in freier Wahl gewählte Parlament und der ebenso gewählte Parlament immer weniger eine Rolle spielt in der Debatte.