Wahlrechts-Urteil in Bremen: Ausländer dürfen nicht wählen
Der Bremer Staatsgerichtshof stoppt ein Gesetz, das das Wahlrecht auf Landes- und lokaler Ebene ausweitet. Wer wählen will, muss sich einbürgern lassen.
FREIBURG taz | Grundsätzlich dürfen in Deutschland nur deutsche StaatsbürgerInnen wählen. Das entschied jetzt der Staatsgerichtshof Bremen. Ausnahmen kann es nur für EU-BürgerInnen bei Kommunalwahlen geben. Weitergehende Pläne der Bremer Bürgerschaft wurden damit abgelehnt. SPD, Grüne und Linke wollten in Bremen das Wahlrecht deutlich ausweiten. Bei der Bremer Bürgerschaftswahl, die einer Landtagswahl entspricht, sollten nicht nur Deutsche, sondern auch alle EU-BürgerInnen wählen können.
Bei Wahlen zu den 22 lokalen Stadtteilparlamenten, die „Beiräte“ genannt werden, sollten nicht nur Deutsche und EU-BürgerInnen, sondern alle dort wohnenden AusländerInnen teilnehmen können. Letzteres hätte vor allem für türkische Staatsbürger Bedeutung gehabt. Mit dieser Reform hätten einige zehntausend Menschen in Bremen zusätzlich das Wahlrecht erhalten. Sie hätten also einerseits ihre Stimme abgeben können und sich aber auch selbst zur Wahl stellen können. Bremen wäre damit bundesweit Vorreiter gewesen.
Allerdings hatte das Bundesverfassungsgericht 1990 in zwei Urteilen zum Kommunalwahlrecht in Hamburg und Schleswig-Holstein die Einführung eines Ausländerwahlrechts gekippt. Da laut Grundgesetz alle Staatsgewalt vom Volke ausgehe, dürften in Deutschland nur deutsche StaatsbürgerInnen wählen. Erst 1992 wurde das Grundgesetz im Zusammenhang mit dem Maastrichter Vertrag geändert und ein Kommunalwahlrecht für EU-AusländerInnen eingeführt.
Angesichts dieser Ausgangslage war es fraglich, ob die Bremer Pläne verfassungskonform sind. Die Bürgerschaft schob daher den Beschluss der Wahlreform auf und bat das Bremer Landesverfassungsgericht, das „Staatsgerichtshof“ genannt wird, um ein Gutachten.
Ausnahme nur für EU-BürgerInnen
Der Staatsgerichtshof entschied jetzt, dass die Wahlreform gegen die Bremer Landesverfassung verstoße. Der dortige Volksbegriff sei der Gleiche wie im Grundgesetz. Also gälten auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts von 1990, dass in Deutschland grundsätzlich nur deutsche StaatsbürgerInnen wählen dürfen. Die im Grundgesetz später eingefügte Ausnahme für EU-BürgerInnen gälte nur für diese und nur für Kommunalwahlen.
Wie schon das Bundesverfassungsgericht verwies auch der Staatsgerichtshof auf das Staatsbürgerschaftsrecht. Wer mitwählen wolle, so die Argumentation, müsse sich einbürgern lassen. Das deutsche Staatsvolk könne sich dem gesellschaftlichen Wandel anpassen und sei nicht unveränderbar.
Die Entscheidung des Staatsgerichtshofs fiel mit sechs zu eins Richterstimmen. Gegen die Mehrheit stimmte nur die Rechtsprofessorin Ute Sacksofsky. Sie erklärte, dass nach der Grundgesetzänderung im Jahr 1992 die strengen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts obsolet geworden seien.
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