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Nichtraucherschutz in AustralienEkelbilder vertreiben Philip Morris

Australiens Regierung kämpft gegen die Tabakindustrie. Nun hat sie es geschafft, eines der großen Unternehmen aus dem Land zu graulen.

Sieht zwar auch nicht lecker aus, ist aber schöner als die verklebten Lungen auf den Kippenschachteln in Australien. Bild: reuters

CANBERRA taz | Philip Morris (PML) verlagert seine Zigarettenherstellung von Australien nach Korea. Das erklärte das Unternehmen am Mittwoch. Mit der Schließung der Produktionsanlagen verlieren 180 Angestellte ihre Arbeit. Behalten will PML sein australisches Hauptquartier in Melbourne.

Der Grund für die Entscheidung liegt nach Angaben des Unternehmens im kontinuierlichen Rückgang des Marktes in Australien in den letzten zehn Jahren, der durch die 2012 eingeführten Anti-Tabak-Gesetze noch verstärkt wurde.

„Bedauerlicherweise hindern uns Faktoren, die wir nicht kontrollieren können, daran, unsere Möglichkeiten auszunutzen“, zitierte die britische BBC Unternehmenschef John Gledhill. Schon heute laufe die Produktion gerade mal auf der Hälfte der verfügbaren Kapazität.

Seit Ende 2012 dürfen Zigarettenschachteln in Australien nur noch in einem langweiligen Grüngrau bedruckt werden, um sie vor allem für jüngere Käufer unattraktiv zu machen. Der Markenname erscheint auf der Schachtel nur noch sehr klein in einer dünnen, generischen Schrift, nicht als Logo.

Darüber steht prominent das Foto eines Krebstumors, eines erblindeten Auges oder eines abfaulenden Fußes. Ein anderes Bild zeigt den zu einem Skelett abgemagerten Körper eines an Krebs sterbenden Rauchers. Tabakfirmen, die sich nicht an die Gesetze halten, drohen hohe Strafen.

Der Konzern will sein Geld wieder reinholen

Die Tabakindustrie kämpft deshalb seit vielen Jahren gerichtlich gegen die Verpackungsvorgaben. Und zwar gleich auf mehreren Ebenen: Zum einen verklagt der Konzern den Staat Australien im Rahmen einer Investitionsschutzklage vor einem unabhängigen Schiedsgericht auf Millionen Dollar Schadenersatz mit der Begründung, die bei der Investitionsentscheidung vor 60 Jahren nicht absehbaren strengen Tabakgesetze hätten ihm das Geschäft kaputt gemacht – solche rechtlichen Schritte von Unternehmen sollen künftig auch in der EU und den USA im Rahmen des umstrittenen Freihandelsabkommens TTIP erleichtert werden.

Kritiker halten Philip Morris dabei für besonders dreist – und für einen anschaulichen Grund, warum Investorenklagen zwischen EU-Staaten und den USA nicht zugelassen werden sollten: Bei der Klage benutzt der Tabakkonzern offenbar eine Briefkastenfirma in Hongkong und beruft sich auf ein Abkommen zwischen Hongkong und Australien.

Zum anderen zogen Philip Morris und British American Tobacco aber auch vor andere Gerichte, wo sie mit dem Markenschutz argumentierten: Mit dem Verbot von Logos wie dem Dromedar von Camel Filter oder der ikonischen Schrift von Marlboro eigne sich die australische Regierung ohne entsprechende Kompensation die Markennamen der Firmen an. Die Industrie blitzte allerdings bei allen Rechtsinstanzen ab – bislang jedenfalls.

Der Erfolg Canberras beim Nichtraucherschutz war für die Regierungen anderer Länder Signal, ähnliche Gesetze anzugehen. Australische Gesundheitsexperten hatten schon kurz nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften einen Rückgang des Konsums von Tabakwaren festgestellt. Viele Raucher meldeten, der Geschmack ihrer Zigaretten sei schlechter geworden.

Begleitet wird der Kampf gegen das Rauchen von einer kontinuierlichen Erhöhung des Preises für Zigaretten. Eine Schachtel kostet gegenwärtig etwa 12 Euro.

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5 Kommentare

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  • Jeder scheint davon zu reden, dass Philip Morris in Australien sein Werk schließen wird und die Produktion nach Südkorea verlagert.

     

    Aber wie sieht es denn mit Philip Morris Niederlande aus?? Das größte europäische und gleichzeitig modernste Werk außerhalb der USA - und die Firmenleitung hat am vergangenen Freitag seinen Mitarbeitern eröffnet, dass das Werk zum 1. Oktober geschlossen und die Produktion nach Russland verlagert werden soll. 1.231 Menschen des Unternehmens dürfen gehen plus noch zusätzlich diverse Zulieferfirmen usw., die deswegen Entlassungen oder Schließungen durchführen müssen. Minimal werden 2.000 Menschen betroffen sein. Aber DARÜBER wird anscheinend kein Wort verloren, auch wenn es der EU-Nachbar ist.

     

    Als Grund wurde der deutlich gesunkene Zigarettenabsatz angegeben, allerdings spielt auch hier die Gewinnmaximierung eine überwiegende Rolle und wurde bereits über mehrere Jahre vorbereitet.

  • Die Tatsache, dass die Zigarettenindustrie gegen die Ekelbilder und Verpackungsvorgaben vorgeht ist übrigens der beste Beweis dafür, dass sie wirksam, erfolgreich und die richtige Entscheidung waren! Ein paar selbsternannte Hobbypschologen haben ja versucht die Wirkung zu leugnen oder hatten gar die absurde Behauptung aufgestellt, dass würde Raucher zum Kauf animieren. Die Reaktion der Konzerne ist die beste Bestätigung dagegen.

     

    Philip Morris hätte übrigens die Zigarettenproduktion so oder so ins Ausland ausgelagert. Was der Konzern aus Gründen der Gewinnmaximierung längst geplant hatte, wird hier wieder als vorgeschobener Grund vorgebracht um (wie es für mulinationale Konzerne heutzutage üblich ist) der Politik die Pistole auf die Brust zu setzen und ihr zu drohen.

  • Wie sehen denn die "Erfolge" aus inz. Australien?

     

    Außer, dass die jedes Tier in seinem ökologischen Umfeld, insbesondere, wenn es Wasser ist, töten und dass sie eine Flüchtlingspolitik betreiben, die lt. taz-Zitat "die Hölle" sein soll ( http://www.taz.de/Fluechtlingslager-in-Australien/!135459/ ) habe ich noch nichts gelesen, was in diesem Staat ein Erfolg sein könnte.

  • Ziemlich vage, vielleicht liegt ja die Verhaltensänderung nur am Preis.

  • Mit TIPP wird gestaltender Umwelt- und Verbraucherschutz praktisch unmöglich:

    Beispiele, die sicher zu hohen Kompensationszahlungen führen würden:

    - Dosenpfand

    - Verbot von FCKW

    - Atomausstieg

    - Verbot von DDT

    - Verbot von Asbest

    - Einführung der Europäischen Produkthaftungsrichtlinie

    - Einführung der zweijährigen Mindestgarantie auf Produkte

    - Einführung bzw. Erweiterung von Kennzeichnungspflichten

    - Beschränkung des CO2-Ausstosses von PKW

    - Katalysatorpflicht

    etc.

     

    Kein Land würde damit beginnen können, da es hohe Schadensersatzforderungen riskiert. Wenn dann eine Mehrheit der Länder dies eingeführt hat, lassen sich Schadensersatzforderungen nicht mehr begründen. Die Schiedsgerichte werden jedoch dafür sorgen, dass dies erst gar nicht passiert.

     

    Kritisch ist dabei nicht nur das TIPP mit den USA sondern auch CETA mit Kanada. Da praktisch alle globalen US-Firmen auch in Kanada vertreten sind, wirkt dies genauso.

     

    Beibt zu hoffen, dass die europäischen Parlamentarier und Regierungschefs die europäische Demokratie nicht an die Konzerne verschenken.