piwik no script img

Martin Sonneborn über seinen neuen Job„Ich werde in Saus und Braus leben“

Martin Sonneborn über die Koaltionsverhandlungen der PARTEI im Europaparlament, die misslungenen Pläne der Rotation aller 59 Kandidaten und Hartz 33.

Morgens der Erste, abends der Letzte: Martin Sonneborn im verwaisten Europaparlament. Bild: dpa
Jasmin Kalarickal
Interview von Jasmin Kalarickal

taz: Herr Sonneborn, wie gefällt es Ihnen im Europaparlament?

Martin Sonneborn: Es ist merkwürdig, nicht der Verhaltensauffälligste zu sein. Ich sitze zwischen den übrigen Fraktionslosen. An meiner rechten Seite ist die AfD, auf der linken die FPÖ, links vor mir Marine Le Pen und direkt hinter mir Udo Voigt.

Sie haben Fraktionsgespräche geführt …

… mit den Linken und den Grünen und mit einer großen konservativen Volkspartei – mit den ersten beiden hatten wir auch gute Gespräche und gute Angebote. Aber wir haben beschlossen, fraktionslos zu bleiben.

Warum sind die Gespräche gescheitert?

Sie sind nicht gescheitert. Wir haben uns gut verstanden, wir hätten auch Vorteile gehabt, also mehr Posten bekleiden können auf Kosten der Fraktionen, aber wir wollten lieber unabhängig bleiben und Inhalte überwinden.

Ihr ursprünglicher Plan war ja, dass Sie nach einem Monat Ihren Sitz räumen, um nach und nach 59 andere Parteimitglieder durchs Europaparlament durchzuschleusen – mit dem Ziel, für alle einen Monat Gehalt und anschließend Übergangsgeld abzuzocken. Das funktioniert aber nicht.

Nein, das ist juristisch kaum zu machen. Hans-Herbert von Arnim hat das in der Legal Tribune gut aufgeschlüsselt. Es gibt ein paar windelweiche Paragrafen, nach denen das Parlament einfach nur nachweisen müsste, dass wir gegen den Geist irgendwelcher Verträge – von Lissabon oder Buxtehude – verstoßen. Das würde schon reichen, um uns das Mandat zu entziehen.

Und jetzt?

Ich werde mir die nächsten fünf Jahre die Taschen voll Geld machen müssen und ein Leben in Saus und Braus führen zwischen Brüssel und Straßburg. Wir nennen es Hartz 33.

Ist das nicht ein Wahlbetrug an den PARTEI-Wählern?

Nein, ich fürchte, genau das ist der Auftrag der 185.000 PARTEI-Wähler.

Im Interview: Martin Sonneborn

ist einziger Abgeordneter der Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (Die PARTEI) im Europaparlament. Auf Sonneborns Pläne, 60 PARTEI-Kandidaten durch monatliche Rotation nach Brüssel zu bringen, anschließend fette Übergangsgelder zu kassieren und „die EU zu melken wie ein kleiner südeuropäischer Staat“ (Sonneborn), reagierte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold humorlos. Er wies das EU-Parlament auf die Rechtswidrigkeit der PARTEI-Pläne hin. Jetzt sitzt Sonneborn dauerhaft in Brüssel. Vielleicht legt er Giegold ja Reißzwecken auf den Sitz.

Was ist mit den 59 anderen Parteikandidaten? Fühlen die sich von Ihnen um einen Monat Luxusleben in Brüssel gebracht?

Die kommen trotzdem. Ich habe versprochen, sie alle für einen Monat nach Brüssel zu holen, als Praktikanten oder Kommissionspräsidenten.

Das ZDF hat Sie in eine Zwangspause gesteckt. Ärgert Sie das?

Nein, ich werde ja mit großen Geldmengen ruhiggestellt. Und wenn das EU-Parlament will, dass ich dableibe, bleibe ich halt da. Das kann für beide eine interessante Situation werden.

Was passiert, wenn die PARTEI immer mehr Zulauf bekommt?

Dann sind wir in fünf Jahren vielleicht zu zweit im EU-Parlament.

Oder zu viert?

Oh, das fände ich gut. Dann gäbe es mehr Möglichkeiten, den Präsidenten, die Kommission und den EU-Rat zu ärgern. Und rechtlich nicht verpflichtende Resolutionen für Europa zu planen.

Das hört sich fast nach ernsthafter Politik an.

Was heißt schon ernsthaft? Im EU-Parlament kann man als einzelner Abgeordneter praktisch nichts bewirken. Dort wird abgenickt, was vorher in den großen Parteien ausgehandelt wurde. Siehe das Freihandelsabkommen. Dass der EU-Rat und die EU-Kommission solche Dinge gegen die Interessen von wahrscheinlich 90 Prozent der Europäer durchsetzen, ist schon bizarr.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Da sieht man es mal wieder: Kaum sind die Politiker an der Macht, erinnern sie sich nicht mehr an die ach-so-schönen Wahlversprechen und schieben fadenscheinige Begründungen für das Nicheinhalten vor. Wie war das noch mit dem Melken, Herr Sonneborn?

  • Die Idee, das Parteiorgan mit dem Geld aus Brüssel zu subventionieren und die Eulenspiegeleien dort zu veröffentlichen finde ich klasse, dann abonniere ich es gleich!

  • Endlich mal ernsthaft Politik

  • Ja, deshalb hab ich DiePartei auch gewählt. Wir haben uns diesen "Saus und Braus" einfach verdient. Und außerdem warte ich auf die 17% Faulenquote, ein Posten im Vorstand bei Daimler sollte doch drin sein für mich.

  • Noch ein kleiner Hinweis:

    Ihre leider nun doch schüttere Kopfhaartolle hat eine unfeine aber dennoch deutlich bemerkbare Wendung in die falsche Richtung genommen. In Erwartung einer baldmöglichsten Korrektur dieses Fanals verbleibe ich

    Ihr treuer alter schwede

  • Ich freue mich für Sie, Herr Sonneborn, daß Sie nun das wundervolle Leben unserer anderen Schwachmaten mitführen dürfen.

    Ich hoffe Sie sehen ihre Aufgabe auch in der pausenlosen Darstellung neuester Fakten und Faktötchen aus der Europametropole.

    Mit freudiger Erwartung

    Ihr alter Schwede

  • "links vor mir Marine Le Pen"

     

    Das die PARTEI so nach rechts abdriftet.

     

    Sogar vor der NPD sieht sie sich. Tzz tzz tzz.

  • Fein , dass er's geschafft hat ! Dafür soll er aber auch regelmäßig hier von seinen letzten Eugelspiegeleien im Operettenparlament berichten ! Das ist er seinen Wähler*Innen schuldig .

    • @APOKALYPTIKER:

      Dafür gibt es immerhin noch das Parteiorgan.

       

      Das könnte man auch mit dem Geld aus Brüssel jetzt subventionieren.