Ebola-Tagebuch – Folge 3: Wenn sich das Ausland zurückzieht
Gestrichene Flüge, Personalabzug, Stillstand: Die Exportwirtschaft in den Ebola-Ländern ist von der Epidemie besonders betroffen.
Alle haben Angst vor Ebola. Alle? „Wir haben keine Angst vor Ebola“, erklärt der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft und kündigt mit dieser Mitteilung stolz die bevorstehende Reise einer fast 20-köpfigen Gruppe von mittelständischen Unternehmen in die Demokratische Republik Kongo und Kongo-Brazzaville kommende Woche an.
Die Reiseziele Kinshasa, Brazzaville und Point-Noire sind vom nächsten aktuellen Ebola-Herd – ein Ende August gemeldeter Ausbruch in den Regenwäldern der nordkongolesischen Provinz Equateur – allerdings über 700 Kilometer entfernt, und unwillkürlich schürt der Afrika-Verein damit die Annahme, ganz Afrika sei von Ebola betroffen.
Schon dass viele Flüge in die Ebola-Länder Liberia, Sierra Leone und Guinea gestrichen sind, ist kontraproduktiv, weil es die internationale Hilfe behindert: Nur noch Brussels Airlines aus Belgien fliegt Liberias Hauptstadt Monrovia an, und „in Brüssel stauen sich die Ausrüstungen, die nach Liberia geflogen werden sollen“, berichtet Wilhelm Laszlob, der früher in Liberias Eisenerzbergbau arbeitete. Liberias große Eisenerzmine Bong, mitten im Seuchengebiet, liegt bereits still, Investitionsprojekte verzögern sich. Eigentlich hoffen Liberia, Guinea und Sierra Leone auf den Bergbau zur Finanzierung des Wiederaufbaus nach Jahrzehnten Krieg und Diktatur.
Seit Ebola auch in Nigerias Ölmetropole Port Harcourt im Niger-Flussdelta festgestellt wurde, wächst nun auch die Angst in der internationalen Ölbranche – Nigeria ist Afrikas größter Ölförderer südlich der Sahara, Port Harcourt ist das Zentrum der nigerianischen Ölindustrie. „Wenn die Ebola-Epidemie sich weiter ausbreitet, könnte sie die gesamte Förderung auf dem Festland unterbrechen, die 40 Millionen Dollar pro Tag entspricht“, warnt die Consultingfirma Global Data.
Zwar erfolgt Nigerias Ölförderung inzwischen zu vier Fünfteln auf hoher See, aber viel Personal lebt auf dem Festland. „Ölsuche und Ölförderung in ganz Westafrika hängen von Ausländern ab, die in der Region leben und arbeiten“, warnt Global-Data-Analyst John Sisa. „Unternehmen könnten ihr Personal abziehen und ihre Aktivitäten anhalten, bis die Ebola-Situation wieder unter Kontrolle ist.“
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Pro und Contra Sanktionen gegen Iran
Lauter Druck versus stille Diplomatie
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft