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Kommentar Taliban-Anschlag in PakistanPerverses Aufrechnen von Opfern

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Die pakistanischen Taliban rechtfertigen den Angriff auf eine Schule mit Rache. Dabei müssten sie ein Interesse daran haben, zivile Opfer zu vermeiden.

Pakistanische Journalisten beten für die Opfer. Bild: dpa

W ie menschenverachtend müssen Rebellen sein, die gezielt und massenhaft Kinder angreifen und töten? Die pakistanischen Taliban rechtfertigen den Angriff auf eine Schule in Peschawar und die Tötung von mehr als hundert Kindern mit Angriffen der Armee auf die Taliban-Verstecke im Grenzgebiet zu Afghanistan in den letzten Monaten. Dabei – wie bei den wiederholten Angriffen mit US-Drohnen – seien Kinder getötet worden, so ein Talibansprecher. Dies sei jetzt die Rache dafür.

Diese perverse Argumentation wurde offenbar nachgeschoben. Zunächst hatte der Talibansprecher erklärt, die Kämpfer seien angewiesen worden, Kindern nichts anzutun und „nur“ ältere Jugendliche und Militärpersonal in dieser von der Armee betriebenen öffentlichen Schule zu töten.

Opfer gegeneinander aufzurechnen ist so menschenverachtend, wie gezielt Kinder zu töten. Dabei müssten die Rebellen auch ein Interesse daran haben, zivile Opfer zu vermeiden. Wollen sie nicht als Terroristen angesehen werden, darf ihnen das Schicksal der Bevölkerung nicht egal sein.

Dies gilt natürlich auch für die Gegenseite, in dem Fall die pakistanische Armee und das US-Militär mit seinen Drohnen. Denn es ist auch menschenverachtend, sich nur über die Kinderopfer der Taliban zu empören und sich für Kinderopfer der US-Drohnen nicht zu interessieren. Trotzdem sind die Fälle nicht direkt vergleichbar.

Dass US-Drohnen gezielt auf vollbesetzte Schulen schießen, haben bisher nicht einmal Feinde der USA behauptet. Die von Drohnen getöteten Kinder sind sogenannte Kollateralschäden: Opfer von Falschinformationen, mangelnder Sorgfalt oder schlicht riskanter Kriegsführung, die den Tod von Kindern billigend in Kauf nimmt. Für diese Opfer interessiert sich im Westen kaum jemand. Die Betroffenen zu unterstützen ist so wichtig, wie künftig solche Opfer zu vermeiden.

Es bleibt zu hoffen, dass die Tötung von mehr als einhundert Schulkindern wenigstens den Menschen in Pakistan verdeutlicht, dass die Taliban und ihre Methoden keine Sympathien verdienen. Dies könnte den Rückhalt der Taliban reduzieren und damit vielleicht auch solche Angriffe.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
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6 Kommentare

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  • "Ehrlicher" wäre es von den Taliban gewesen die Anschläge als Rache für den Friedensnobel Preis an Malala zu bezeichnen.

    Wieder einmal mehr zeigen die extremen islamistischen Strömungen das Ihrer Meinung nach Aufklärung und Bildung zu verdammen sind.

  • Kommentar entfernt. Bitte beachten Sie unsere Netiquette.

  • Nicht umsonst sagte der Philosoph Arthur Schopenhauer zu seinem Hund Mensch, wenn er sich aufregte.

     

    Wenn Gott den Menschen nach seinem ebenbild geschaffen hat, dann will ich ihm echt nicht begegnen...

  • "Perverses Aufrechnen von Opfern"

     

    Ich wünschte, die Perversion der Opferaufrechnung wäre den Moralpredigern des Westens schon 2001 aufgegangen, als sich selbst die UNO nicht scheute, den Rachefeldzug für die 3000 WTC-Toten abzusegnen. Wobei die Afghanen mit dem Überfall beglückt wurden, weil sie Osama Bin Laden, dem behaupteten Verantwortlich der Flugzeugattentate, nicht schnell genug auslieferten. Das ist beispiellos.

     

    Die USA haben damit und den Überfall im Irak die Radikalisierung der muslimischen Welt in extremster Weise befeuert. Mit der zeit brannte/brennt die Hälfte der muslimischen Welt in Nordafrika und Vorder-/Mittelasien.

     

    Dass Rache auch zielgerichteter geht, haben die USA dann 10 Jahre später noch mal bewiesen, als sie Osame Bin Laden und seine Familie in einer Nacht und Nebel-Action in Pakistan auslöschten.

     

    Aber der Geist der Aufrechnung ist aus der Flache. Aus 3000 WTC-Toten wurden hundertausende Tote in verschiedensten muslimischen Ländern. Ein Ende ist nicht in Sicht.

     

    Der größere Aufrechnungseinsatz ist derzeit wieder im Irak und in Syrien am Laufen. Eine turmhoch überlegene Militärmacht bombardiert bärtige Muslime, die es gewagt hatten, sich die Öl- und Gas-Quellen anzueignen.

     

    Als sie dann noch Jesiden jagten, war dass Fass aber wirklich zum Überlaufen voll. Da musste dann eine Zwischenrechnung her. Leider.

  • Dass diese Verbrechen das alle Maßstäbe sprengt, und sich einreiht in die der größten Menschheitsverbrechen überhaupt auch noch mit den üblichen "ausgewogenen" und besserwisserischen Hinweisen auf die US-Drohnen garniert werden muss, das ist TAZ die sei leibt und lebt. Es kommt einem das Kotzen.

    • @thobode:

      Leider sprengt es nicht alle Maßstäbe. Bei der Geiselnahme von Beslan starben 331 Menschen, hauptsächlichen Kinder.

       

      Gezielt Kinder in Schulen zu töten ist somit auch keine Ausnahme in diesem kranken Krieg, dieser kranken Menschen und ihrer kranken Ideologie.