piwik no script img

Nach der BürgerschaftswahlDer rot-grüne Senat

Bei einer Koalition werden die Grünen drei Ressorts für sich beanspruchen. Dafür müssen drei bisherige Senatsmitglieder gehen.

Könnte die neue Vize-Bürgermeisterin werden: Katharina Fegebank, hier mit Bürgermeister Olaf Scholz Bild: dpa

HAMBURG taz | Der nächste Senat wird aus dem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und mit großer Wahrscheinlichkeit erneut aus zehn SenatorInnen bestehen. Zwar hatte Scholz vor der Wahl allen Mitgliedern seines Senats die Weiterbeschäftigung versprochen – „Never change a winning team“ –, aber das galt nur für einen reinen SPD-Senat. In einem rot-grünen Bündnis jedoch würden drei Grüne ins Kabinett aufsteigen.

Eine uneingeschränkte Beschäftigungsgarantie haben:

Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD, 49) ist für Scholz unverzichtbar als Kassenwart, der die bisherige Linie in der Haushaltspolitik ohne Abweichungen fortsetzen wird. Parteiintern hat er eine starke Position als SPD-Chef im Kreis Nord.

Innen und Sportsenator Michael Neumann (SPD, 44) hat die SPD bei der Inneren Sicherheit unangreifbar gemacht und muss zudem die Bewerbung für Olympische Spiele fortsetzen. Parteiintern hat er eine starke Position als SPD-Vizechef im Kreis Hamburg-Mitte.

Wahl-Schnipsel

Wahlbeteiligung: Mit 56,6 Prozent ist die Wahlbeteiligung um 0,7 Prozent geringer als 2011 und damit so niedrig wie noch nie. Nach ersten Analysen ist Wahlmüdigkeit die Hauptursache, nicht das Wahlrecht.

CDU: Ihr bestes Ergebnis erreicht die CDU im Wahlkreis 13 Alstertal-Walddörfer mit 22,5 Prozent, das schlechteste im Wahlkreis 3 Altona mit 8,6 Prozent.

Schulrebell: Der parteilose Einzelbewerber Walter Scheuerl scheitert im Wahlkreis 4 Blankenese. Mit 2,6 Prozent verfehlt er das angestrebte Direktmandat.

Suding: Die FDP-Spitzenfrau verteidigt im selben Wahlkreis das einzige FDP-Direktmandat.

FDP: In Sudings Wahlkreis erreicht die FDP mit 12,5 Prozent ihr Spitzenergebnis, das schlechteste mit 4,2 Prozent im Wahlkreis 2 Billstedt-Wilhelmsburg.

Grüne: Die grüne Innenpolitikerin Antje Möller wird auf Landeslistenplatz 3 in die Bürgerschaft gewählt. Ihre Direktkandidatur im Wahlkreis 7 Lokstedt hatte sie parteiintern an Newcomerin Anna Gallina verloren. Diese wird direkt gewählt.

Güclü: Auf dem grünen Landeslistenplatz 25 erreicht Nebahat Güclü mit dem siebtbesten Personenergebnis ein Listenmandat. Der grüne Landesvorstand will sie jedoch wegen einer Rede auf einer Veranstaltung einer rechtsnationalen türkischen Vereinigung aus der Partei werfen.

Schill: Der ehemalige Schill-Abgeordnete Peter Lorkowski erringt für die AfD ein Direktmandat im Wahlkreis 16 Harburg.

SPD: In drei Wahlkreisen - 2 Billstedt-Wilhelmsburg, 12 Bramfeld-Farmsen-Berne und 14 Rahlstedt - liegt die SPD über 50 Prozent, nur in einem - 3 Altona - unter 40 Prozent.

Neue Liberale: Die Bundesvorsitzende der NL und ehemalige Hamburger FDP-Vorsitzende Sylvia Canel erreicht mit 26 Personenstimmen 0,0 Prozent. SMV

Sozialsenator Detlef Scheele (SPD, 58) war schon Staatssekretär des Bundesarbeitsministers Scholz und ist einer der engsten Vertrauten des Bürgermeisters Scholz.

Schulsenator Ties Rabe (SPD, 54) hat im Ressort das Klassenziel zumindest erreicht. Parteiintern hat er eine starke Position als SPD-Chef im Kreis Bergedorf.

Eine variable Beschäftigungsgarantie haben:

Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos, 65) wird von Scholz sehr geschätzt. Sie bleibt im Amt, es sei denn, sie will freiwillig in Rente gehen.

Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD, 40) ist unumstritten. Eventuell muss die frühere Europa-Expertin der Hamburg Port Authority (HPA) aber das Ressort wechseln und Wirtschaftssenatorin werden.

Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD, 58) wird der Grünen Eva Gümbel weichen müssen. Sie ließe sich auf den repräsentativen Posten der Bürgerschaftspräsidentin fortloben, den sie 2000 bis 2004 bereits innehatte. Parlamentspräsidentin Carola Veit (SPD, 41) würde dann Schiedeks Nachfolgerin im Justizressort.

Ausscheiden würden:

Gesundheitssenatorin Carola Prüfer-Storcks (SPD, 58) hat zwar ihren Job solide bewältigt, verfügt aber über keine Hausmacht in der SPD. Sie müsste ihren Posten räumen für die künftige Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne).

Bau und Umweltsenatorin Jutta Blankau (SPD, 60) muss Platz machen für den grünen Fraktionschef Jens Kerstan.

Wirtschafts und Verkehrssenator Frank Horch (parteilos, 67) ist ohnehin amtsmüde. Er würde gerne mehr Zeit auf seinem Segelboot verbringen.

Die Varianten sind:

Sollte Kisseler freiwillig ausscheiden wollen, könnte Gümbel auch das Kulturressort übernehmen. Dann blieben Stapelfeldt, Schiedek und Veit auf ihren Posten, Horchs Nachfolger als Wirtschaftssenator würde sein Kieler Ressortkollege Reinhard Meyer (SPD, 55). Allerdings würde er als sechster Mann die bisherige Parität zwischen männlichen und weiblichen Senatsmitgliedern verschieben.

Fraktionsvorsitzender Andreas Dressel (SPD, 40) strebt nach eigenen Worten nicht in den Senat. Bei den Grünen würden Ex-Justizsenator Till Steffen und Wirtschaftspolitiker Anjes Tjarks über die Nachfolge von Fraktionschef Kerstan streiten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Wer wird Jutta Blankau wirklich vermissen? Ich glaube, kein anderes Senatsmitglied hat so wenig seine Aufgaben abarbeiten können, wie die einstige IG-Metall-Funktionärin. Dass sie dann auch noch dem SAGA-Chef einen lukrativen Job bei der Privatwirtschaft genehmigte, war wohl der letzte Sargnagel, den sie ablieferte. Aber im Grunde genommen fehlt der SPD eine Figur für die soziale Stadtentwicklung.

    Zwar hat die CDU es geschafft, allen Nachfolgesenaten eine Menge Erbe und Festlegung zu hinterlassen, aber die SPD hat eigentlich den Investoren die Stadt überlassen.

     

    Der soziale Wohnungsbau ist im Saldo tief im Minus. Ein rascher Anstieg der Mieten ist im Prinzip im gesamten Stadtgebiet unvermeidlich. Auch die positiven Meldungen zu diesem Thema beziehen sich nur auf fertiggestellte Wohnungen, nicht auf Sozialwohnungen. Die interessante Frage ist aber: Werden die Grünen gegenhalten? Werden sie die SPD korrigieren oder einfach nur auf die Sitze der Senatsbank rutschen, um dort mitzuregieren, aber eben nicht mitzugestalten?