Vier Jahre Krieg in Syrien: Dramatischer Hilferuf der Caritas
In Syrien nehme niemand mehr Rücksicht auf Zivilisten. Die Arabische Liga fordert eine gemeinsame Truppe gegen die Terroristen. 100 Menschen flüchten aus IS-Knast.
FREIBURG/BEIRUT/KAIRO dpa/afp | Was als Arabischer Frühling begann, ist für Syrien zur Katastrophe geworden. Vier Jahre nach Beginn des Aufstands gegen die Regierung stellt sich die Lage für die Hilfsorganisation Caritas dramatisch dar. Weil Geld fehlt, warnen die UN vor einer Einstellung der Hilfe.
In Syrien ist die Situation vier Jahre nach Beginn des Bürgerkriegs nach Einschätzung der Hilfsorganisation Caritas verzweifelter denn je. „Dieser Krieg kennt keinerlei Rücksicht mehr - weder für Zivilisten noch für humanitäre Helfer“, erklärte der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, am Dienstag in Freiburg. Die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten selbst für einfache Krankheiten werde zunehmend kritisch. Der Aufstand gegen den syrischen Staatschef Baschar al-Assad jährt sich am 15. März zum vierten Mal.
Die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten selbst für einfache Krankheiten werde zunehmend kritisch, erklärte die katholische Hilfsorganisation. Ein Kilo Reis koste in manchen Regionen bis zu einem Fünftel des Durchschnittseinkommens. Besonders schwierig sei die Versorgung der Menschen in umkämpften Regionen und belagerten Städten. Für ihre Hilfsaktionen an vier Standorten in Syrien rief die Caritas zu Spenden auf.
Auch das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen hat wegen der Zuspitzung der Lage und fehlender Mittel Alarm geschlagen. „Das UN-Welternährungsprogramm wird schon in wenigen Wochen erneut viele Hilfsprogramme einstellen müssen, wenn nicht schnell etwas geschieht“, sagte am Montag der Leiter der WFP-Programme in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz, Ralf Südhoff. Für die Aufrechterhaltung der Nothilfe werden nach seinen Angaben dringend 197 Millionen US-Dollar (182 Millionen Euro) benötigt.
Arabische Liga fordert schnelle Eingreiftruppe
Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, hat eine gemeinsame Eingreiftruppe der arabischen Staaten gegen die weitere Ausbreitung der Dschihadisten gefordert. „Es gibt den dringenden Bedarf zur Schaffung einer gemeinsamen arabischen Mehrzweck-Streitmacht, die schnell für den Kampf gegen Terrorismus und die Aktivitäten von Terrorgruppen eingesetzt werden kann“, sagte al-Arabi am Montag vor den Außenministern der Mitgliedsstaaten am Sitz der Organisation in Kairo. Auch sonst müssten die Staaten im Sicherheits- und Geheimdienstbereich enger zusammenarbeiten.
Al-Arabis Stellvertreter Ahmed Ben Helli hatte vergangene Woche gesagt, die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten würden bei ihrem Gipfel Ende März im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich über die Gründung einer schnellen Eingreiftruppe diskutieren. Eine derartige Truppe sei in Zeiten „von Konflikten und Katastrophen“ wichtig zur Abschreckung. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi sprach sich ebenfalls für eine Eingreiftruppe aus und deutete an, dass auch Saudi-Arabien, Kuwait, Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate diese unterstützen.
Gefangene fliehen aus IS-Gefängnis
Im Norden Syriens sind nach Informationen einer Menschenrechtsgruppe rund 95 Häftlinge aus einem Gefängnis der Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) geflohen. Darunter seien auch 30 kurdische Kämpfer, teilte die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Dienstag mit. Zudem seien einige syrische Zivilisten entkommen sowie islamische Kämpfer, die sich gegen den IS gestellt hätten. Das Gefängnis liegt in der Stadt Al-Bab rund 30 Kilometer südlich der türkischen Grenze. Die Extremistenmiliz habe die Einwohner über Lautsprecher aufgefordert, die Geflohenen zu fassen.
Am vergangenen Wochenende waren aus einem anderen Gefängnis in Al-Bab mehrere vor allem aus Europa stammende IS-Mitglieder ausgebrochen, um in die Türkei zu fliehen, wie die Beobachter-Gruppe weiter mitteilte. Die Abtrünnigen seien aber von Kämpfern der Miliz gestoppt und mindestens neun seien getötet worden.
Der IS hat große Teile Syriens sowie des Iraks unter seine Kontrolle gebracht und dort ein Kalifat ausgerufen, eine besonders strenge Form eines islamischen Gottesstaates. Die Extremisten-Miliz unterhält auch eigene Gefängnisse und Gerichte. Kurdische Kämpfer versuchen - unterstützt von der US-Luftwaffe - den IS zurückzudrängen.
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