piwik no script img

Kommentar GriechenlandLasst die Griechen wurschteln

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die ständigen Gipfel bringen nichts. Deutschland und die EU müssen pragmatisch handeln und festlegen: kein neues Geld. Ansonsten macht, was ihr wollt.

Tsipras am 20.3.2015 auf dem Gipfel in Brüssel. Bild: Reuters

N ach dem Gipfel ist vor dem Gipfel: Das nächtliche Treffen zwischen dem griechischen Premier Tsipras und einigen EU-Granden hat nichts gebracht – nur die Stimmung etwas aufgehellt. Aber die Schlachtordnung ist unverändert. Die Eurozone besteht auf Reformen in Griechenland, die gern auch „Hausaufgaben“ genannt werden. Die Griechen hingegen wehren sich direkt und indirekt gegen diese Einmischung von außen.

Tsipras hat jetzt zwar versprochen, eine „vollständige Liste“ abzuliefern, welche Reformen er anstoßen will. Aber Papier ist geduldig, worauf der griechische Finanzminister Varoufakis immer wieder hinweist. Es sollte der Eurozone zu denken geben, dass die Troika nun schon seit fünf Jahren „Reformen“ anmahnt – und jedes Mal enttäuscht konstatieren muss, dass sie gar nicht oder nur unvollständig umgesetzt wurden.

Der griechische Staat funktioniert nicht, wie es sich die Bürokraten in Brüssel oder Berlin vorstellen. Die Regierung hat nur eingeschränkte Macht. Selbst wenn Tsipras plötzlich zum rigiden Sparkommissar mutieren würde, blieben die Erfolge bescheiden. Denn die griechische Verwaltung und Justiz führen ein Eigenleben und widersetzen sich den Anordnungen von oben.

Griechenland ist nun mal kein moderner Staat

In Deutschland fanden es viele absurd, dass Varoufakis Touristen und Studenten einsetzen wollte, um den Mehrwertsteuerbetrug in Restaurants aufzudecken. Aber was absurd klingt, beschreibt nur die Realität in Griechenland. Der Tourismus ist die wichtigste Wachstumsbranche – läuft aber weitgehend schwarz.

Griechenland ist kein moderner Staat, sondern steckt in einer Art Postfeudalismus fest. Daran verzweifeln nicht nur die EU-Minister – sondern auch viele Griechen. Es ist Konsens, auch in Griechenland, dass Reformen dringend nötig sind. Aber dieses Projekt erfordert mindestens eine Generation und lässt sich nicht mal eben zwischen zwei Gipfeln erledigen.

Die Eurozone muss daher die Perspektive wechseln. Es bringt nichts, jede Woche mindestens ein Krisentreffen zu Griechenland abzuhalten und vorwurfsvoll-besorgt mit den Köpfen zu wackeln. Stattdessen sollte die Eurozone nüchtern ihre eigenen Interessen verfolgen, die da sind: Man will kein neues Geld für Griechenland ausgeben - und man will einen Grexit vermeiden, weil die Risiken nicht kalkulierbar sind.

Wenn die Griechen keine Steuern zahlen wollen, ist das ihre Sache

Beide Ziele wären billig zu erreichen. Momentan gewährt die Eurozone neue Kredite, damit die Griechen ihre alten Schulden bedienen können. Die Europäer wirtschaften also von einer Tasche in die andere. Diesen Kreisverkehr kann man genauso gut stoppen und ein Schuldenmoratorium vereinbaren.

Ansonsten lässt man die Griechen einfach mit dem Geld wurtschteln, das sie haben. Und wenn viele Griechen es eine gute Idee finden, keine Steuern zu zahlen – dann sei es so. Dann müssen die Armen eben ohne Geld auskommen. Die „humanitäre Katastrophe“ in Griechenland würde endlich als das erkannt, was sie ist: eine Katastrophe, die sich die Griechen gegenseitig antun.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
Mehr zum Thema

48 Kommentare

 / 
  • Mit allem Respekt für Frau Herrmanns sonstige Beiträge,

    "Man will kein neues Geld für Griechenland ausgeben - und man will einen Grexit vermeiden, weil die Risiken nicht kalkulierbar sind.

    [...]

    Beide Ziele wären billig zu erreichen. [...]

    Ansonsten lässt man die Griechen einfach mit dem Geld wurtschteln, das sie haben. Und wenn viele Griechen es eine gute Idee finden, keine Steuern zu zahlen – dann sei es so. Dann müssen die Armen eben ohne Geld auskommen."

    ist schlicht Unsinn. Wenn man die Griechen unter den Eurobeschränkungen hält, ihnen aber keine Möglichkeit gibt, staatliche Defizite aufzubauen, geht Griechenland weiterhin den Bach runter, was nur durch den "Grexit" aufzuhalten ist - entweder unter Tsipras oder einem seiner Nachfolger.

  • Liebe Griechen,

    auch wenn Ihr, anders als wir Deutschen, in der Lage seid, Eure alte Regierung davonzuschicken und mehrheitlich eine linke zu wählen – es nützt Euch nichts: Ihr seid und bleibt postfeudal und korrupt. Ganz anders wir hier in Deutschland: Korruption ist uns ein Fremdwort, alle Reichen zahlen freiwillig so viel Steuer, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich nicht nur schließt, nein, die Armen sind schon bald reicher als die Reichen und die Großaktionäre balgen sich um die Stellen als Gebäudereiniger. Denn wir sind, im Gegensatz zu Euch, ein modernes Land! - Das lasst Euch gesagt sein von unserm preussisch-schwäbischen Finanzminister in der ihm eigenen Liebenswürdigkeit und von der taz-Kommentatorin, die erhaben ist über jede deutsche Überheblichkeit!

  • Damit beim Wurschteln nicht zu viele auf der Strecke bleiben, bin ich für bedingungslose Sachleistungen, also Suppenküchen, Kleiderkammern und medizinische Grundversorgung.

    Und wen's ein bisschen mehr sein darf, dann kann die EU diese europäisch-griechischen Sozialstationen mit Solaranlagen, Windräder, Elektroautos und schnellem Internet ausstatten. Steuergelder sollten in die Produktion von sinnvollen Gütern fließen und nicht auf Schuldner/Gläubiger-Bankkonten verrechnet werden.

  • Schland muß erst die Reparationen aus WK2 zahlen, vorher können keine Ansprüche an Griechenland gestellt werden.

    • @Friedrich Zoller:

      Deutschland hat das laengst im Rahmen der EU-Ausbauhilfen abbezahlt.

  • Am Freitag [20.03.2015] vernahmen wir über die Medien die Zahl der Steuerschuld griechischer Bürger in Höhe von 76 Milliarden Euro [-- und dies auch noch unter Berücksichtigung der vormals sehr geringen Steuerlast für die Reichen und Vermögenden].

     

    Die offiziell unterschlagene Steuerschuld, --- der vor allem wohlhabenden, vermögenden und reichen Griechen ---, liegt also bei rund 76 Milliaren Euro.

     

    Berücksichtigen wir die Anzahl der griechischen Bevölkerung von 10,8 Millionen (einschließlich der unschuldigen Kinder und Jugendlichen) und übertragen wir eine analoge Berechnungssumme, nach Umrechnung, so wäre dies eine (fiktive) Steuerunterschlagung in Höhe von 570 Milliarden Euro in der Bundesrepublik Deutschland [berücksichtigen wir die höhere Steuerlast, dann wohl mehr als 1 Billion Euro, bzw. mehr als 1.000 Mrd. in der BRD.]

     

    Bei einer gleichzeitigen griechischen Jugendarbeitslosigkeit -- im Jahr 2014 -- von 44 Prozent, da stellt sich doch die berechtigte Frage, angesichts der offiziellen Multi-Milliarden-Unterschlagungen, warum es noch nicht zu einem Volksaufstand und Bürgerkrieg in Griechenland und EU-Europa gekommen ist?

     

    Merke: Der Traum vom großen Konsum und Reichtum im EU-Kapitalismus bleibt doch nur für eine Minderheit die Realität.

     

    Kapitalismus bzw. "Soziale Marktwirtschaft" funktioniert doch nur auf der ökonomischen Grundlage der Ausbeutung der großen Mehrheit durch eine sozioökonomische Minderheit: der differenziert herrschenden Bourgeoisie und deren staatsmonopolistischen, ökonomischen und gesellschaftspolitischen Administration.

     

    Anm.: Auch die Köpfe der wert- und mehrwertschöpfenden Werktätigen im Produktions- und Verwertungsprozess, der Arbeitslosen und Armen --- in jeder kapitalistischen bürgerlich-juristisch-staatlichen Gesellschaftsordnung --- stehen unter einer modifizierten (modernen) kapitalfaschistischen Manipulation des Bewusstseins.

    • @Reinhold Schramm:

      Haha, mal wieder ne schöne Satire zum Frühstückskaffee. Danke Reinhold!

      • @Dhimitry:

        Was für eine inhaltsleere Reaktion auf Reinhold Schramm´s guten Beitrag. Typisch für Sie und Ihresgleichen.

  • Ein Schuldenschnitt hilft nichts, weil damit das Problem sich nicht ändert, dass der griechische Staat (und seine Bürger) mehr Geld ausgeben als sie einnehmen.

    Und dass die zu viel Geld ausgeben liegt nicht wirklich an Rüstungsausgaben und Bankenrettung, die Banken retten derzeit den Staatshaushalt und haben im Gegenzug dafür das Recht auf Luftbuchungen erhalten. Das mehr Geld ausgeben als einnehmen liegt an einem völlig überdimensionierten Beamtenapparat, völlig überzogenen Pensionen für diese Beamten, viel zu geringen Steuereinnahmen (nicht nur der Reichen) und einer durch überbordende Bürokratie erzeugten Korruption. Nichts davon ändert sich durch einen Staatsbankrott, einen EURO-Austritt oder was auch immer in den Mainstream-Medien in den letzten Monaten erzählt wurde.

    Helfen tut nur eine Erhöhung der Staatseinnahmen, wenn das nicht geht durch eine Reduzierung der Ausgaben und wenn beides nicht geht als schlechteste Variante der Verkauf von staatlichem Vermögen.

    • @Martin74:

      Unsinn. Dass der griechische Staat mehr Geld ausgibt, als einnimmt, liegt daran, dass seine Bürger sparen wollen, so wie die Bürger anderer Länder. Das ist in Deutschland, Japan, den USA, dem UK nicht anders und überall, wo der Staat weniger ausgibt, als einnimmt, geht das IMMER auf Kosten der Bürger.

  • Wenn Ulrike Hermann einen Schuldenschnitt meint, und das nur Moratorium nennt - O.K. Ansonsten ist dies sinnlos.

    • @Markus Maria Strobl:

      Nahezu null Zinsen in den nächsten 20 Jahren sind nahezu das gleiche, aber besser vermittelbar.

  • Ulrike Herrmann stellt richtigerweise fest, dass Griechenland ein failed state ist, am Rande der Unregierbarkeit. Aber ist das eine neue Erkenntnis? Das wusste man auch schon vor dem Beitritt zur Eurozone. Wer damals darauf hinwies, war ein Nazi oder zumindest ein reaktionärer Fortschrittsverweigerer.

    Die Verantwortlichen von damals sollten nicht so einfach davonkommen: name it, blame it, shame it.

     

    Nebenbei: Wäre es möglich, dass die ein oder anderen heutigen, reaktionären kulturpessimistischen Unkenrufe ebenso Recht behalten könnten?

    Sprechen wir uns wieder in zwanzig, dreissig Jahren, wenn es dann mal wieder keiner gewesen sein will.

  • Liebe Frau Herrmann, gucken Sie sich doch bitte mal den Film "Macht ohne Kontrolle" von Harald Schumann an. Dann schämen Sie sich vielleicht von selbst wegen diesem Kommentar.

  • Griechenlands Arme zahlen die Rechnung für die griechischen Reichen im EU-Kapitalismus deutsch-europäischer Prägung!

     

    Im Verhältnis zu ihrer Besteuerung stieg die Steuerbelastung der unteren Einkommenshälfte um 337 Prozent, die der oberen Hälfte lediglich (nur) um etwa 9 Prozent.

     

    So verloren die 10 Prozent Haushalte mit den niedrigsten Einkommen -- gegenüber 2008 -- rund 86 Prozent. Fast jeder dritte griechische Haushalt musste 2012 mit einem monatlichen Einkommen unter 583 Euro auskommen. ----

     

    Die 30 Prozent der Haushalte mit den höchsten Einkommen verloren (nur) zwischen knapp 20 % und 17 %.

     

    Die Arbeitslosigkeit sprang zwischen 2008 und 2014 von 7,3 % auf 26,6 %.

     

    Die Arbeitslosenquote der Jugendlichen lag 2014 bei gut 44 %.

     

    Vgl. Quelle: IMK in der Hans-Böckler-Stiftung. Neue Studie: Griechenlands schwere soziale Unwucht.

     

    Merke: Die großen griechischen Vermögen befinden sich bereits im Ausland, vor allem in den Steuer- und Vermögensoasen, wie z. B. auch der Schweiz.

  • Die Situation Griechenlands und der gerade acht Wochen alten Regierung Tsipras ist dramatisch. Daraus macht die Athener Regierung selbst kein Geheimnis, sonst hätte sie nicht von sich aus eine Art EU-Mini-Gipfel gefordert, der eine „politische Lösung“ der griechischen Krise vorantreiben sollte. Dieses Treffen von gestern, an dem neben Merkel, Hollande, Juncker und EU-Präsident Tusk auch EZB-Chef Draghi und der holländische Finanzminister als Präside der Ecofin (also der Eurogruppen-Finanzminister) teilnahm, hat zwar positive Signale ausgesendet, aber im Grunde nur die Abmachungen bestätigt, die schon am 20. Februar auf dem Ecofin-Treffen in Brüssel getroffen wurden. Allerdings hat Tsipras eine beschleunigte Vorlage der konkreten und mit Zahlen unterlegten Reformvorschläge aus Athen zugesagt, die von den Institutionen EU-Kommission, EZB und IWF (vormals Troika genannt) abgesegnet werden müssen; erst dann sollen den Griechen die ausstehenden Gelder aus dem (noch) laufenden bailout-Programm bewilligt werden.http://www.nachdenkseiten.de/?p=25504

  • Seit die neue griechische Regierung im Amt ist, wird der Ton der deutschen Medien wieder schriller. Man drischt lustvoll, hämisch und oft unter der Gürtellinie nicht nur auf „die Griechen“, sondern seit kurzem auch und vor allem auf bestimmte Regierungsmitglieder ein. Eine besondere Rolle scheinen bei diesem neu entflammten Medienkrieg die griechischen Reparationsforderungen gegenüber Deutschland zu spielen. Das Griechenland-Bashing in der deutschen Medienlandschaft ist mittlerweile zu einem Hau-den-Lukas-Wettbewerb ausgeartet. Als würden Medaillen an die Journalisten vergeben, die am härtesten zuschlagen. Dabei müsste man die Goldmedaille einem Herrn namens Jacques Schuster zusprechen, seines Zeichens „Chefkommentator“ des Springer-Blatts „Die Welt“. http://www.nachdenkseiten.de/?p=25408

    • @Willi:

      Ja man erinnert sich lebhaft daran, dass in einer parteieigenen Zeitung einer deutschen Partei der griechische Finanzminister kurz nach der Wahl als Hitler dargestellt wurde.

       

      Also wirklich: Man kann ja das ganze verbale und mediale Scharmützel zurecht kritisieren aber man sollte schon beide Seiten betrachten.

      Auch wenn es im Internet und gerade auf "kritischen" Webseiten immer die unideologische wahre einzige Wahrheit steht - selber nachdenken ist erlaubt.

  • Dennoch braucht Griechenland Hilfe, wenn auch eher materieller und personeller Art statt ausschließlich finanziell.

     

    Varoufakis hat gesagt, dass sogar ein Ausstieg aus dem Euro möglich sei (was das argentinische Modell oder sogar das isländische ermöglichen könnte), wenn gesichert ist, dass dann das Kapital als Euro nicht abfließt. Ich hoffe, Syriza ist clever genug, eine Nacht-und-Nebel-Aktion vorzubereiten, bei der alle Grenzen geschlossen und jedweder Kapitalverkehr ins Ausland auch auf informeller Art von einem Moment zum nächsten unterbunden werden kann. Für diese Aktion braucht Griechenland eben Unterstützung und Beratung in Sachfragen, wie man den Kapitaldatenfluß sofort trennen kann und wie man Grenzen effektiv vor Kapitalflucht schützt.

    • @Age Krüger:

      wie wollen sie bei 500 EUR Schienen den Kapitalverkehr kontrollieren? Dann mit den ganzen Booten, Segelschiffen?

    • @Age Krüger:

      Egal ob mit oder ohne Austritt/Währungsreform etc. - es muss nicht nur die Konsequenzen von Aktionen vorbereitet werden sondern auch wie es weitergeht.

       

      Griechenland braucht eine ordentliche Verwaltung - wahrscheinlich über alle Ebenen hinweg. Auch hier kann man durchaus materiell und personell unterstützen.

       

      Ich hoffe wirklich das alle Beteiligten abseits des öffentlichen Theaterdonners daran im Hintergrund sachlich arbeiten.

  • Frau Herrmann findet häufig überzeugende Argumente für die Erklärung der Maßnahmen der EZB zur Verhinderung von Deflation.

    Aber die Krise besteht aus einigen Zwiebelringen und hier liegen Sie falsch.

     

    Staatsverschuldung um

    a) Rüstungsgüter Kriegswaffen seit den 70ern zu kaufen, nicht nur aus Eigeninitiative

    b) der Branchentriumph deutscher Konzerne war der Nachteil anderer, einheimischer im Absatzmarkt Eurozone

    c) Staaten retteten die Banken

    d) Deutschland hat bei Griechen noch geschichtlich 2.WK-Rechnungen offen.

     

    Diese statements UHerrmanns sind nur plump und Kretschmannig.

     

    Sie sagen ja sonst auch: Zurück zur Reallohn-Erhöhung und zur Vermögenssteuer.

  • Liebe Frau Herrmann,

    sind Sie sicher, dass Ihnen da nicht ein par Argumente, mit denen die AfD auf der Wahrheitseite hätte karikiert werden sollen, in den Wirtschaftsteil verrutscht sind? Nein, das ist ernst gemeint? Also gut: Vergessen wir doch einfach, das „Export-Star“ Deutschland wie niemand sonst von Griechenland profitiert hat, u.a. durch Rüstungsexporte, die wohl das letzte waren, was das griechische Volk wirklich gebraucht hätte. Vergessen wir weiter, dass dann, als das System nicht mehr funktioniert hat, weil dadurch die griechischen (und die an ihnen beteiligten deutschen und französichen) Banken in Schieflage geraten waren, letztere gerettet wurden und im Gegenzug dem griechischen Volk ein Sparprogramm aufs Auge gedrückt wurde, dass jeden Rest an wirtschaftlichem Wachstum in Griechenland beseitigt hat. Kündigen wir jetzt am besten den dadurch arbeitslos gewordenen Griechen jede Solidarität auf – kein Moment eignet sich dafür besser, als gerade jetzt, wo sie den auf ihrer Seite unleugbar beteiligten alten Regierungen endlich den Laufpass gegeben haben: Sorry liebe Griechen, tut uns leid, aber löffelt jetzt bitte die Suppe, die Euch Eure alten und unsere immer noch vorhandenen Regierungen eingebrockt haben, selber aus – wir kehren jetzt Europa den Rücken. Ein jeder wurschtele jetzt wieder in altbekannter Nationalstaatlichkeit weiter!

    Klasse, Frau Herrmann!

  • Griechenland braucht Geld, keine Vorschriften.

  • "Momentan gewährt die Eurozone neue Kredite, damit die Griechen ihre alten Schulden bedienen können". Die alte Schulden sind gestundet. Es geht um kurzfristige Gelder, um das Budgetdefizit auszuglechen.

  • Ist es nicht so, dass die EU-Staaten viel zu viel eigenständig wurschteln und nationale Interessen weit über dem Einheitsgedanken stehen? Ein einheitliches Steuersystem würde dazu führen, dass sich die Mitgliedsstaaten nicht mit niedrigen Unternehmenssteuern gegenseitig ausspielen können. Mit den Mehreinnahmen durch faire Beteiligung der Unternehmen an den Steuereinnahmen könnte man die Schulden der gesamten EU innerhalb eines Jahres mehrfach aufbringen.

  • All hands on deck - you made my day.

     

    Nach verblüffend-amüsiertem Lesen von Nikos Dimou kann ich Ulrike Herrmann nur zustimmen;

    In dem 57 min video sagt Varoufakis

    (6th subversive festival 15/05/2013) - auch grad in der Abgrenzung zum "Fall" Argentinien cum grano salis nix anderes;

     

    Ein auf ca. 150 Jahre Industrialisierung&administration parallele basierendes Denken&Anforderungsprofil kann demgegenüber nur im Gestrüpp enden;

    der vorangegangene GeldinprivateTaschenlenkende EU-Unsinn -

    sollte schlicht nicht wiederholt werden.

  • Ob Griechenland ein 'moderner' Staat ist oder nicht, sei einmal dahingestellt. Und ist der Debatte eigentlich auch gar nicht zuträglich. Es gibt auch in Griechenland eine Reihe Gesetze, an die sich systematisch nicht gehalten wird. Das nennt sich dann Korruption, in der Politik, der Verwaltung und der Privatwirtschaft. Ist ein Staat modern, wenn er (seine Bürger) modern handelt oder wenn er moderne Gesetze hat?

     

    Viel interessanter ist doch, dass Griechenland schon lange nicht mehr wirtschaftlich selbständig ist und dass dieser Mangel mit der Zugehörigkeit zur großen europäischen Familie wegdiskutiert wurde; solange, bis Griechenland offensichtliche Probleme hat, die es nun als souveräner Staat bitteschön selbst zu lösen hat. Nein, nein, wenn man eine Abhängigkeit erzeugt, dann überträgt sich auf einen automatisch auch eine Verantwortung. Diese sollte Deutschland, als das mit Abstand wohlhabendste Land der EU und als eindeutiger Gewinner aus den letzten Krisen, endlich anerkennen und übernehmen.

  • Statt die Griechen mit dem Geld wurschteln zu lassen wie sie wollen, könnte die EU ihrem Mitgliedsland aus dem postfeudalen Zustand heraushelfen, indem sie ihm die gleiche Expertise für policy-making, governance usw. zur Verfügung stellt, die sie Beitrittskandidaten schon seit langem gönnt. Wenn die Experten dann nicht mit der Sturheit und Arroganz der Troika auftreten, sondern dem Land wirklich dabei helfen, solide Steuer- und Gesundheitssysteme, verlässliche compliance-Regeln und ein Kataster einzuführen, wird dem Land wirklich geholfen.

    • @Thomas Fiedler:

      @Thomeas Fiedler

      "Policy-Making" ist das, was die Troika macht. Das was fehlt nennt man "Politik". "Gouvernance" ist das, was u.a. in Brüssel, Berlin und Washington betrieben wird. Das was fehlt nennt man "Regierung".

  • Allmählich begreift es auch die Autorin, Frau Herrmann! Noch vor ein paar Tagen klang das anders: Da wollte sie nur die Troika abziehen und Griechenland „in Ruhe“ lassen, dann würde schon „alles gut“. Dabei vergaß sie zu erwähnen, dass nach wie vor Geld aus der Eurozone nach Griechenland, das bodenlose Fass, fließt. Das würde dann also entfallen. Gut so!

     

    Als Herr Tsipras und seine Syriza-Partei beschlossen, zur Wahl anzutreten, hätten sie wissen müssen, dass ein konkretes Konzept von ihnen verlangt wird, das auf der Einnahmen- und Ausgabenseite gleichermaßen konkret ist und vor allem besser ist, als das der Vorgängerregierung.

    Sie hatten genug Zeit dazu!

     

    Leider hatte die Links-Rechts-Regierung, als es konkret werden sollte, nur heiße Luft für gutes Geld zu bieten. Das musste schiefgehen, und es ging schief. Es reicht eben nicht, zu hoffen, dass der kapitalistische „Westen“ dekadent und zerstritten ist und man nur kräftig auf den Tisch hauen muss, um ihm Angst zu machen und zur Räson zu bringen.

    • @Pfanni:

      "...dass nach wie vor Geld aus der Eurozone nach Griechenland, das bodenlose Fass, fließt."

       

      Ach, ist Griechenland schon draußen?

       

      Zum Rest: Gähn!

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Die Analyse, dass Griechenland kein moderner Staat ist, der wie Deutschland funktioniert, ist korrekt. Deshalb ist es auch ziemlich naiv, wenn die EU in den letzten 5 Jahren immer darauf bestanden haben, dass Reformlisten vorgelegt werden und Gesetze verabschiedet werden. Dies beruht auf dem Glauben, dass das, was oben entschieden wird, unten auch befolgt wird. Das funktioniert in vielen Fällen aber nicht.

    Aber Ihre Schlußfolgerung ist so falsch wie sie nur sein kann: schuldenmoratorium und weiterwurschteln lassen.

    Dadurch wird sich garantiert nichts ändern. Und schon gar nicht werden dadurch mehr Griechen Steuern zahlen. Und schon gar nicht die Reichen und Superreichen. Der Nettoeffekt wird sein, dass reiche Griechen hunderte von Milliarden ins Ausland (Schweiz, London etc.)gebracht haben und der deutsche und europäische Steuerzahler diese Zeche bezahlt. Also eine riesige Umverteilung von unten nach oben. Dass die taz so etwas befūrworten wūrde, hätte ich nie fūr möglich gehalten.

    Wichtig wäre stattdessen, die Griechen zu zwingen, ihre Reichen und Superreichen endlich zur Kasse zu bitten und die dabei zu unterstützen, das Geld auch von Auslandskonten zurūckzuholen. Und wenn Juncker, Merkel etc. wirklich wollten, dann wūrden dabei zumindest 30-100 Mrd rausspringen. Aber im Augenblick kommt ja noch nicht einmal Kritik an den britischen Gesetzen, die es reichen Griechen sehr einfach machen, ihr Geld nach London zu bringen, 30.000 Pfund zu zahlen und damit sich vor allen Steuerzahlungen in Griechenland zu drūcken.

    Kritik an so etwas habe ich in der taz auch noch nicht gelesen. Warum nicht? Warum nicht in Ihrem Artikel, Frau Herrmann?

    • @64984 (Profil gelöscht):

      Vielleicht weil Frau Herrmann so viel Ahnung von Wirtschaft hat wie Herr Schäuble, der weiß nähmlich genau, dass es Deutschland nur so gut geht, weil es Ländern wie Griechenland so schlecht geht und deswegen wird dieser Zustand so lange es irgendwie geht künstlich aufrechterhalten...

      Würde es Schäuble um die griechischen Bürger gehen, wäre sein Handeln mehr als grob fahrlässig...

      • @Der Packer:

        Herr Schäuble ist -im Gegensatz zu Herrn Varoufakis- aber nicht für das Wohlergehen des griechischen, sondern des deutschen Bürgers zuständig.

      • @Der Packer:

        Selbstverständlich sind sie der absolute Wirtschaftsprofi.

         

        Und weil sie alle Zusammenhänge kennen und mehr Ahnung als Schäubles Beamtenstab haben verkünden sie die einzig wahre Wahrheit im Internet - gelle.

        • @Thomas_Ba_Wü:

          Vielleicht weniger Ahnung - aber auf jeden Fall weniger Klientelinteressen als Schäuble & Co.

      • 2G
        2730 (Profil gelöscht)
        @Der Packer:

        "Wer nähmlich mit 'h' schreibt..." ist sicher auch kein Wirtschaftsexperte ;-) Verschwörungstheorien zuhauf. Sicher zahlen die Südeuropäer die Zeche für unsere Nullzinsen, aber "künstlich aufrechterhalten"? Das offenbart ein übergroßes Vertrauen in die Möglichkeiten eines Finanzministers.

  • Griechenland, dass sich den Zugang zur EU mit gefälschten Zahlen erschlichen hat, verfügt über enorme Goldreserven. Griechenland hat auch Ansprüche gegen Steuersünder in Milliardenhöhe. Allerdings versucht man weiter, das Geld von den EUI-Ländern abzuschröpfen. Leider ist Merkel unfähig und wird immer weiter zahlen. Hoffentlich bekommt sie bei der nächsten wahl die quittung dafür

  • Ja , richtig , Frau Herrmann , ... das wäre eine Lösung , die mit plausiblen Gründen das bisherige beknackte Prozedere ablösen könnte .

  • Der obige Kommentar ist ein ausgezeichnetes Argument gegen ein Taz-Abo. Danke daher, dass ich nicht (wie die Griechen!) anfange, Geld auszugeben, das ich gar nicht habe.

  • AfD Forderungen in der taz? Man koennte auch sagen, der gesunde Menschenverstand ist am Werk. Ich stimme dem Artikel fast vollstaendig zu. "Es ist Konsens, auch in Griechenland, dass Reformen dringend nötig sind. Aber dieses Projekt erfordert mindestens eine Generation und lässt sich nicht mal eben zwischen zwei Gipfeln erledigen." Stimmt auch, aber bisher habe ich von der Regierung in GR nur politisches Lavieren und Halbstarkenverhalten gesehen, und sehr wenig - zu wenig - das in Richtung Realitaetswahrnehmung und echte Reformen geht. Dabei ist Tsipras doch nicht mit der Vetternwirtschaft der Pasok usw belastet. Auf der anderen Seite traegt er schwer an ideologischen Buerden, die sich mit der Wirklichkeit oft nicht vertragen. Was man ihm und diesem Clown Varoufakis allerdings zugute halten muss ist dass sie unsere Politiker genau als das dargestellt haben was sie sind...

    • @Gerald Müller:

      "Dabei ist Tsipras doch nicht mit der Vetternwirtschaft der Pasok usw belastet."

      Dem stimme ich nur in Teilen zu. Der Prozentsprung von 3 auf 33,5% der Syriza läßt sich auch dadurch erklären, daß ein nicht unwesentlicher Teil von der Pasok kommt. Auch in der Organisation werden nicht wenige ehemalige Pasokisten vertreten sein, die in gut griechischer Tradition ihr Stück vom Kuchen einfordern dürften. Wie sonst ließe sich erklären, daß auch Syriza, wie alle Regierungen zuvor, den aufgeblähten Staatssektor schützt?

    • @Gerald Müller:

      Die AfD hat den Schuldenschnitt verlangt?

       

      Auf nix anderes läuft das hinaus.

      Wie Frau Herrmann schreibt, wird das Geld, was Griechenland nun bekommt, ausschließlich zur Zinstilgung benutzt. Das wäre also das erste, auf das Griechenland verzichten würde, zu zahlen.

      Das Ergebnis wäre eben ein Schuldenschnitt, egal, ob man ihn so oder Staatspleite nennt.

  • sehr guter Artikel , trifft genau den Punkt !!!

  • Hütchen spieler in Athen Brüssel, Berlin alles dreht sich dreht sich im Kreis ganz nach unsrer alten Hilde!

  • Oha, das sind ja ganz neue Worte.

    Wer so etwas vor Monaten auch nur angedeutet hat, konnte sich sofort das Etikett Nazi, Imperialist oder Sonstiges anhängen.

    Offensichtlich ist nun auch Frau Herrmann in der Realität angekommen.