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portraitPapst-Attentäter darf sich bewähren

Ali Agca kommt frei. Der Mann, der vor knapp 25 Jahren ein Attentat auf den damaligen Papst Johannes Paul II. verübte und das Oberhaupt der katholischen Kirche schwer verletzte, wird voraussichtlich an diesem Donnerstag erstmals wieder das Gefängnis verlassen können. Ein Istanbuler Gericht setzte seine Reststrafe zur Bewährung aus.

Ali Agca war 2000 nach knapp 20 Jahren Haft in Italien vom Staatschef im Rahmen einer Amnestie begnadigt und an die türkische Justiz überstellt worden. In Istanbul musste er sich dann für einen Mord und zwei Raubüberfälle verantworten und wurde erneut zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der Mord, für den ihn das Gericht in Istanbul für schuldig befand, zeigt, aus welchem politischen Milieu Ali Agca stammt. Das Opfer war ein prominenter linksliberaler Journalist, der Chefredakteur der Zeitung Milliyet, Abdi Ipekci.

Agca gehörte zu einem Killerkommando der faschistischen Grauen Wölfe, die den Journalisten aus politischen Gründen ermordeten. Dieser Mord war Teil einer Auseinandersetzung zwischen rechten und linken bewaffneten Gruppen, die sich Ende der 70er-Jahre in der Türkei bekämpften. Agca konnte fliehen und verschwand in der Türkei von der Bildfläche.

Umso überraschter waren alle Kenner der türkischen politischen Szene, als derselbe Agca nach seiner Flucht wenig später als Papst-Attentäter auftauchte. Was hatte ein türkischer Rechtsradikaler mit dem Papst zu tun? Jedes religiöse Motiv konnte bei Agca ausgeschlossen werden, der heilige Krieg in Afghanistan hatte gerade begonnen, internationale Dschihadisten gab es noch nicht.

Schnell konzentrierten sich alle Spekulationen auf Spuren im Dunstkreis osteuropäischer Geheimdienste. War Agca angeheuert worden, um den polnischen Papst, der für die Solidarność in Polen so wichtig war, umzubringen? Vor allem Bulgariens Geheimdienst wurde immer wieder mit Agca in Verbindung gebracht. Bis heute hat Agca keine umfassende Aussage zu den Hintergründen des Attentats gemacht, die meisten Kommentatoren gehen davon aus, dass er selbst die tatsächlichen Drahtzieher nie gekannt hat. Der Papst hat Agca in einer viel beachteten Geste im Gefängnis besucht und erklärt, er habe ihm verziehen. Der Vatikan wollte heute offiziell nichts zur Freilassung Agcas sagen. Das gehe nur die Gerichte etwas an.

Auf den heute 48-jährigen Agca wartet während seiner Bewährungsfrist wenig Erfreuliches. Er soll sofort, nachdem er aus dem Gefängnis kommt, seinen Militärdienst ableisten. Davor hatte er sich in den 70er-Jahren gedrückt.

JÜRGEN GOTTSCHLICH

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