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Eltern sollen zahlen

Partei „Berliner Eltern“ legt Programmentwurf vor. Für Sprachförderung der Kinder sollen Eltern aufkommen

Seit gestern steht er unter www.berlinereltern.de im Netz: der 17-seitige Programmentwurf der neuesten Berliner Partei. „Elternpartei“ wird sie oft genannt, korrekt heißt sie aber „Berliner Eltern – die Bildungspartei“.

„Wettbewerb“, „Chancengleichheit“ und „freie Schulwahl“ lauten Stichworte aus dem Entwurf. Nur eine halbe Seite widmet die neue Partei dem Problem mangelnder Sprachkenntnisse. Tenor: Eltern, die es nicht geschafft haben, ihren Kindern bis zu deren viertem Lebensjahr genug Deutsch beizubringen, sollen die Hälfte der Kosten für Sprachförderung selbst zahlen.

Vorsitzender und Gründer der Bildungspartei ist André Schindler, der auch dem Berliner Landeselternausschuss (LEA) vorsitzt. Dass der Programmentwurf seiner Partei fast wortgenau einem Papier entspricht, das vor zwei Wochen vom LEA vorgelegt wurde, darin sieht Schindler kein Problem: Jede Partei könne schließlich die im Papier des LEA formulierten Ziele übernehmen.

Tatsächlich haben andere Parteien bereits manche Berührungspunkte entdeckt. Vor allem die FDP kann sich mit vielen Forderungen der Elternpartei anfreunden: „Die Idee vom Recht auf Unterricht kommt ja ursprünglich von mir“, meint Mieke Senftleben, bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. Konkurrenz sieht sie in der neuen Partei nicht: „Da kommt eher der Zorn der Eltern zutage.“ Für eine Parteigründung reiche das aber nicht aus.

Auch die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Felicitas Tesch ist mit manchem einverstanden – zum Beispiel mit der Abschaffung des Beamtenstatus für Lehrer: „Das haben wir längst beschlossen.“ Eltern allerdings die Kosten für Sprachförderung aufzubürden, hält sie für unsinnig, denn „wenn man Sprachförderung zur Pflicht erklärt, kann man nicht gleichzeitig Geld dafür verlangen.“

Özcan Mutlu von den Grünen hält die Forderung für nicht nachvollziehbar: „Auch den VertreterInnen der Elternpartei muss inzwischen bekannt sein, dass die Sprachunfähigkeit der Kinder in aller Regel mit der sozialen Situation der Elternhäuser zu tun hat.“ Gezielte Unterstützung der Eltern sei nötig, sagt Mutlu und ist dabei sogar einmal einer Meinung mit Schulsenator Klaus Böger (SPD). Auch der mag den Vorschlag der Bildungspartei nicht ernst nehmen: „Sinnvoll ist es, an die Eltern zu appellieren, mehr für die Bildung ihrer Kinder zu tun. Nicht sinnvoll ist es, an die Kinder zu appellieren, sich neue Eltern zu suchen“, findet Böger. ALKE WIERTH

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