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Noch nicht Feierabend

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf untersagte einem Kaufhaus die WM-Öffnungszeiten – ein Mitarbeiter hatte geklagt. Doch jetzt hat die Filiale einfach weiter geöffnet und der Kläger Urlaub

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Einer Gerichtsentscheidung zum Trotz will der Warenhausriese Kaufhof seine Düsseldorfer Filiale Anfang der Woche bis 22 Uhr öffnen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte am Donnerstag entschieden, das Kaufhaus müsse am Montag und Dienstag bereits um 20 Uhr schließen. Ein Angestellter hatte geklagt, weil er nach dem sonst üblichen Feierabend malochen sollte. Kaufhof aber trickst und gibt dem Mitarbeiter frei – um doch länger auf WM-Kunden zu hoffen.

„Erweiterte Ladenöffnungszeiten sind Ausdruck unserer Servicebegeisterung für die Gäste aus aller Welt und unsere Kunden“, sagt Kaufhof-Vorstandschef Lovro Mandac. Die Eilentscheidung zum Antrag eines einzelnen Mitarbeiters werde an der bisherigen Handhabung der verlängerten Öffnungszeiten nichts ändern, heißt es in einer Pressemitteilung des Konzerns. Der Beschluss finde nur Anwendung, wenn der betreffende Mitarbeiter tatsächlich arbeiten müsse.

In der Tat stellte das Gericht fest, dass sich Arbeitnehmer nur gegen die Aufhebung der Ladenschlusszeiten wenden könnten, wenn sie selbst zur Arbeit eingeteilt seien. Eine generelle Klage ist somit ausgeschlossen. Dennoch: Das Gericht beschied auch, dass das Interesse des Arbeitnehmers an der Einhaltung der Ladenschlusszeiten das Interesse des Kaufhauses überwiege, ausnahmsweise während der Fußball-Weltmeisterschaft das Geschäft auch abends zu öffnen. Weiter ausgeführt wurde dies bislang allerdings nicht.

Wie Kaufhof hält auch die Politik an der Regelung fest, dass Geschäfte bis zum Ende der WM theoretisch rund um die Uhr öffnen können. „Daran wird sich auch jetzt, nach dem Gerichtsbeschluss, nichts ändern“, sagt Joachim Neuser, Sprecher der NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben. Deutschland und NRW wollten sich auch in den letzten zwei WM-Wochen „weltoffen und freundlich“ präsentieren und den ausländischen Gästen Ladenöffnungszeiten bieten, „die sie aus ihrer Heimat kennen“.

Im NRW-Landesvorstand der Gewerkschaft Ver.di, die den Kläger juristisch unterstützt hat, wird die Eilentscheidung des Gerichts als Teilerfolg gewertet. Allerdings ist der Gewerkschaft die Folge noch zu gering: „Der Gerichtsbeschluss hat wahrscheinlich nicht die Auswirkungen, die er haben sollte“, sagt Gerd Walter. Der Gewerkschaftssekretär kann nicht verstehen, wie die Politik „für vier Wochen gegen Arbeitnehmerrechte verstoßen“ könne. Dass der Beschäftigte Recht bekommen habe, beobachtet Walter mit Genugtuung. Alle anderen hätten nun aber das selbe Recht, so der Gewerkschafter, der auf ein Urteil mit Gültigkeit für die ganze Region hofft.

Auch nach der WM soll es möglich sein, um Mitternacht Schlüpfer und Bratpfannen zu kaufen. Sechs Tage die Woche sollen Läden ganztägig öffnen können, wenn die Gesetzesänderung der schwarz-gelben Landesregierung durchkommt. Nur der heilige Sonntag soll auch weiterhin ein Ruhetag bleiben. Ganz im Sinne der christdemokratischen Partei des NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers.

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