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Israels Armee zieht Truppen zusammen

Nach der Entführung eines Soldaten durch ein palästinensisches Kommando bemüht sich Ägypten um eine Vermittlung

JERUSALEM taz ■ Einen Tag nach der Entführung des 19-jährigen Soldaten Gilad Shavit zieht die israelische Armee vor dem Gaza-Streifen die Truppen zusammen. Die Mobilisierung mit Panzern und schwerem Geschütz gilt entweder einer gewaltsamen Befreiungsaktion oder einer massiv angelegten militärischen Großoperation für den Fall, dass der Geisel etwas zustößt. „Wir werden jeden erreichen, ganz egal wo“, warnte der israelische Premierminister Ehud Olmert und gab der Armee Anweisung, sich für eine „langfristige und umfassende Militäraktion“ bereitzuhalten, „um die Terrororganisationen und ihre Kommandanten anzugreifen“. Exgeheimdienstchef Awi Dichter wurde noch deutlicher und kündigte die Exekution palästinensischer Minister an, sollte „Shavit den Gaza-Streifen nicht so verlassen, wie er ihn erreicht hat – auf eigenen Füßen“.

Ungeachtet der Ankündigung Olmerts, mit den Geiselnehmern nicht zu verhandeln, wurden schon am Sonntag diplomatische Anstrengungen aufgenommen, um ein friedliches Ende der Entführung zu erreichen. Federführung bei den Kontakten ist der ägyptische Geheimdienst, unterstützt von Frankreich. Shavit ist im Besitz der israelischen und der französischen Staatsbürgerschaft.

Unterdessen wandten sich die Eltern des jungen Soldaten mit einem bewegenden Appell an ihren Sohn und die Männer, die ihn in ihrer Gewalt haben. „Wir lieben dich, halte aus“, heißt es in dem von israelischen Medien veröffentlichen Schreiben. Der Vater Gilad Shavits appellierte an die Entführer, seinen Sohn human zu behandeln.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der den Gewaltakt umgehend verurteilte und die Entführer zur Entlassung Shavits aufgeforderte, arbeitet offenbar Hand in Hand mit Premierminister Hanijeh. Einer Mitteilung von Regierungssprecher Ghazi Hamad zufolge bestehen Kontakte zu den Entführern. Die Geisel sei wohlauf und werde gut behandelt. Die beiden palästinensischen Spitzenpolitiker können je nach Ausgang sehr gestärkt, aber auch sehr geschwächt aus der Affäre hervorgehen.

„Wenn es der Hamas gelingt, den Soldaten zu befreien, dann kann Israel nicht so tun, als sei nichts passiert“, kommentierte der ehemalige Mossad-Chef Efraim Halevy am Montag vor Korrespondenten in Jerusalem. Die neue Situation würde, sollte die palästinensische Regierung „diese Prüfung bestehen und beweisen, dass sie die Kontrolle über die Gebiete hat“, Israel unter Druck setzen, die Hamas anzuerkennen. Allerdings müsste sich die palästinensische Regierung an die bisherigen Verträge halten und der Gewalt in Israel abschwören, wie es Israel fordert. Die dritte Bedingung einer Anerkennung Israels hält Halevy hingegen für überflüssig. „Wir brauchen die Anerkennung der Hamas nicht.“

Die Schuldzuweisung für den Angriff am Sonntag früh, der mit der Tötung zweier israelischer Soldaten und der Entführung Shavits endete, richtet sich ähnlich wie in Israel auch im Umfeld des Palästinenserpräsidenten immer deutlicher gegen den in syrischen Hauptstadt Damaskus ansässigen Hamas-Chef Khaled Mashal. Die Führung im Exil und die von der Hamas gestellte Regierung klaffen seit den Wahlen Ende Januar in ihren ideologischen Positionen zunehmend auseinander. Mashal, der die bewaffneten Kampftruppen der Bewegung kommandiert, lehnt einen Waffenstillstand ab.

SUSANNE KNAUL

meinung und diskussion SEITE 11

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