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Kinder lösen Familienstreit in der Union aus

Ministerin von der Leyen fordert mehr Betreuungsplätze für Kinder – aber viele Parteifreunde bleiben skeptisch

CSU-Experte Singhammer übt den Spagat zwischen Tradition und Angela Merkels Wünschen

BERLIN taz ■ Die schlechten Noten für Deutschland in der Unicef-Kinderstudie bringen die Regierungspolitiker in Verlegenheit. Da passt es gut, wenn man wenigstens eine zuständige Ministerin vorweisen kann, die durch überdurchschnittliches Engagement auffällt. „Es ist das Verdienst von Frau von der Leyen, dass sie die Familienpolitik dahin gebracht hat, wo sie hingehört – ins Zentrum der Politik“, sagte der familienpolitische Sprecher der Union, Johannes Singhammer (CSU), der taz.

Lobeshymnen in der Not. Doch seit von der Leyen vorschlug, die Betreuungsplätze für Kinder unter drei auszubauen, schlägt der CDU-Ministerin Widerstand von Parteifreunden entgegen, die das traditionelle Familienbild in Gefahr sehen.

Alois Glück, Vorsitzender der CSU-Programmkommission, schimpfte über von der Leyen: „Faktisch erweckt sie zumindest den Eindruck einer zu einseitig angelegten Familienpolitik. Und das findet nicht unsere Zustimmung.“ Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder warnte, es entstehe „der Eindruck, die Union wolle nur noch ein Familienmodell fördern – das der erwerbstätigen Frau. Das halte ich für falsch.“

Falsch sei auch von der Leyens Idee, der Bund könnte 3 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Für Kinderbetreuung seien „ganz klar“ die Länder zuständig. Doch selbst das ist in der Union umstritten. Antje Blumenthal, CDU-Vertreterin im Familienausschuss, widersprach Kauder: „Es ist alles möglich, wenn man möchte“, sagte sie der taz. Sie möchte „die Rahmenbedingungen so gestalten, dass Eltern selbst entscheiden können“. Kein Zufall, dass Blumenthal aus Hamburg kommt. Auch von Kanzlerin Angela Merkel heißt es, sie unterstütze von der Leyens Modernisierungskurs, um die Union für das Großstadtpublikum attraktiver zu machen.

Der CSU-Bundespolitiker Singhammer übt den Spagat zwischen Tradition und Merkels Wünschen. Mehr Kinderbetreuung sei „notwendig“, sagt er – aber dafür dürfe man keinesfalls Familien, die ihre kleinen Kinder zu Hause aufziehen Geld wegnehmen. Eine Abschaffung des Ehegattensplittings, die dem Staat rund 8 Milliarden Euro einbrächte, komme für die CSU deshalb ebenso wenig in Frage wie Kürzung des Kindergelds. LUKAS WALLRAFF

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