piwik no script img

WAS MACHT EIGENTLICH ... die Straßenbahn?Schon lange nicht mehr rauchen

Man darf ja kaum erzählen, wie sich Journalisten manchmal ihre Themen suchen. Eine Nachrichtenagentur, deren Namen wir hier verschweigen, schickt zum Beispiel ab und zu ein Kalenderblatt mit historischen Daten herum. „1922 – In Berlin wird das Rauchen in den Straßenbahnwaggons zunächst versuchsweise zugelassen. Man erhofft sich so mehr Fahrgäste“, stand da neulich. Die Infos sind, vorsichtig gesagt, Anhaltspunkte und keinesfalls Tatsachen.

Wahr ist, dass Berlin der Straßenbahngeschichte immer wieder visionäre Ideen beifügte. Zum Beispiel fuhr im Jahr 1881 in Groß-Lichterfelde (im späteren Steglitz) die erste elektrische Straßenbahn der Welt. Falsch aber ist, dass 1922 das Rauchen in Waggons zugelassen wurde. Denn in den frühen Bahnen, die – oft noch ohne Fenster – aus den Arbeitervierteln zu den Fabriken ratterten, wurde gequarzt ohne Ende. Das Verkehrsmittel der Proletarier muss regelrechte Rauchwolken hinter sich gelassen haben.

In den 20ern dagegen erschloss sich die Bahn eine andere Klientel: Immer mehr Frauen und kleine Beamte fuhren mit – und die wollten nach einer Fahrt mit der Tram nicht stinken wie nach einem Kneipenbesuch. In Mainz fuhren deshalb im Jahr 1922 erstmals spezielle Raucherwaggons, weiß BVG-Sprecherin Petra Reetz nach kurzer Recherche zu berichten. Genaue Erkenntnisse über die Einführung Berliner Raucherwaggons liegen Reetz nicht vor, aber hier könne es eine ähnliche Entwicklung gegeben haben.

Die BVG kümmerte sich im weiteren Verlauf des Jahrhunderts schon früh um Nichtraucherschutz, ab Anfang der 70er mussten Raucher an der Haltestelle schnell eine Kippe durchziehen – weil es in den Zügen verboten wurde. Und schon früher wurden sie laut Reetz aus dem Triebwagen in den Anhänger verbannt. US FOTO: AP

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen