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Eingekreist, getreten und geschlagen

Protest gegen den Moscheebau in Heinersdorf bekommt juristisches Nachspiel. Gegendemonstranten sollen von Demoteilnehmern angegriffen worden sein. Sechs sind nun angeklagt, darunter führende Mitglieder der lokalen NPD

Sechs mutmaßliche Schläger aus dem rechtsextremen Umfeld müssen sich seit Dienstag vor dem Amtsgericht wegen Körperverletzung verantworten. Sie sollen am 11. Juli 2007 drei junge Männer am Rande einer Demonstration gegen den Moscheebau in Pankow angegriffen haben. Auf der Anklagebank sitzen auch zwei führende Mitglieder der lokalen NPD.

Seit Mai 2006 mobilisiert die „Initiative Pankow-Heinersdorfer Bürger“ gegen einen Moscheebau im Pankower Stadtteil Heinersdorf. Bei ihren zahlreichen Demonstrationen marschierten immer wieder auch Nazis mit (taz berichtete) – so auch am 11. Juli. Nach dem Ende des Protestzuges entfernte sich eine Gruppe von rund 15 überwiegend jungen männlichen Personen und griff in der Nähe drei junge Männer an, zwei hatten zuvor am Rande der Demo Transparente gegen Nazis gezeigt.

Einer der Geschädigten sagte als Nebenkläger vor Gericht, die teilweise vermummte Gruppe sei auf sie zugestürmt, habe sie zunächst vor einer Hauswand eingekreist. Er sei dann so hart getreten worden, dass er rückwärts in einen Hauseingang geflogen sei. Zudem habe er gesehen, wie auch sein Bekannter rückwärts getorkelt sei, als sei er von einem Schlag am Kopf getroffen worden. Nur durch das Eingreifen von Zivilbeamten des Landeskriminalamtes sei Schlimmeres verhindert worden.

Einer der Angeklagten ließ durch seinen Anwalt eine Einlassung verlesen. Er gestand, an dem Übergriff mittelbar beteiligt gewesen zu sein. Er habe nicht selber zugeschlagen, entschuldige sich aber dennoch bei den Opfern. Ansonsten werde er keinerlei Aussagen machen. Die anderen Angeklagten gaben an, sie seien bei der Gruppe gewesen, um gemeinsam nach der Demo nach Hause zu fahren, am Übergriff seien sie aber nicht beteiligt gewesen.

Die Gruppe sei plötzlich losgelaufen, erklärte der Angeklagte Marco K., der nach eigenen Angaben seinen Sohn auf die Demonstration begleitet haben will. Anfänglich sei er mitgerannt, dann sei ihm aber die Puste ausgegangen. Den Übergriff selber habe er nicht gesehen, nur „dass da was los sei“. Als er sich von der Szene entfernen wollte, habe er von hinten zwei Knüppelschläge auf Kopf und Rücken bekommen und sei gestürzt, wobei er sich das Handgelenk gebrochen habe. Wenn er gewusst hätte, dass es „so extremistisch“ werden würde, hätte er an der Demo nicht teilgenommen und auch seinem 15-jährigen Sohn die Teilnahme untersagt.

Vier weitere Täter wurden in anderen Gerichtsverfahren bereits zu Gefängnisstrafen zwischen 11 und 15 Monaten verurteilt, die meist zur Bewährung ausgesetzt wurden. Nach Angaben von Christina Klemm, Anwältin eines der Geschädigten, haben alle Verurteilten Berufung eingelegt.

Ein weiteres Verfahren gegen fünf jugendliche Beschuldigte wurde abgetrennt und wird in einem nichtöffentlichen Prozess verhandelt. JÖRG MEYER

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