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Israel hält an Notwehrversion fest

■ Botschafter Avi Primor: Videoausstrahlung hat „überhaupt nichts“ verändert

Die Einschätzungen über die Bedeutung des Polizeivideos, das einen Teil des Sturms von Kurden auf das israelische Generalkonsulat zeigt, gehen weit auseinander. Der Botschafter Israels in Bonn, Avi Primor, erklärte, das vom SFB ausgestrahlte Video habe „überhaupt nichts“ an der Lage geändert. Es widerlege nicht die israelischen Ermittlungsergebnisse über die Ereignisse am Generalkonsulat in der Grunewalder Schinkelstraße. Primor hob gegenüber der taz hervor, das Video zeige nicht, was innerhalb des Konsulats passiert sei. Die verletzten Kurden, die auf dem Video zu sehen sind, seien aus dem Konsulat gekommen. Es habe nur einen Schuß gegeben, der von dem Gebäudeinneren nach außen abgegeben worden sei – und dies sei ein Warnschuß gewesen. Tote habe man nur innerhalb des Gebäudes gefunden.

Nach Angaben des SFB-Berichts vom Donnerstag abend hatte die Polizei Erschossene vom Eingangsbereich ins Haus gebracht. Nach einem Ereignisprotokoll der Polizei sollen im Eingangsbereich etwa 30 Schüsse gefallen sein.

Nach offizieller israelischer Version wurden nur 17 Schüsse abgegeben. Primor bekräftigte diese Aussage, obwohl nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft von den vier Toten und mindestens zwölf Verletzten manche sogar von mehreren Schüssen getroffen wurden. Er verwies darauf, daß Schüsse aus so naher Entfernung abgegeben worden seien, daß einige Kugeln mehrere Menschen verletzt haben könnten. Primor blieb damit bei der bisherigen Darstellung der Botschaft. Auch ein Sprecher des israelischen Außenministeriums betonte, es könne kein Zweifel daran bestehen, daß die Wachmänner in Notwehr gehandelt hätten. Der Sprecher sagte allerdings, er habe das Video nicht gesehen.

Polizeipräsident Hagen Saberschinsky nannte am Rande des gestern geplatzten Untersuchungsauschusses die Ausstrahlung des Videos „verheerend, tendenziös, schlimm“ – ohne dies weiter zu erläutern. Innenstaatsekretär Kuno Böse (CDU) wollte zu dem Video und anderen Fragen nichts sagen, unterstrich nur mehrmals, daß es „wunderschönes Wetter draußen“ sei. Der grüne Ausschußvorsitzende Wolfgang Wieland erklärte, das Video werfe ein neues Licht auf die bisherigen Darstellungen über das Geschehen am Konsulat, das die Notwehrversion in Grage stelle. Das CDU-Ausschußmitglied Andreas Gram wollte sich dazu nicht äußern. Frank Ebel von der SPD erklärte, das Video spiele zunächst im Auschuß keine Rolle, da es darin erst einmal um die Vorgeschichte der Schießerei gehe. Marion Seelig (PDS) betonte, das Band stütze die Aussagen der Oberstaatsanwaltschaft, die für das Geschehen außerhalb des Konsulats Zweifel an einer akuten Notwehrsituation geäußert hatte. Philipp Gessler

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