Arbeitskampf bei der Bahn: GDL will ihren Streik durchziehen
Trotz heftiger Kritik hält die GDL an ihrem Streik fest. Eine Schlichtung lehnt Gewerkschaftschef Weselsky ab – und macht der Regierung Vorwürfe.
BERLIN rtr | Trotz der Kritik aus der Bundesregierung und der Empfehlung zur Schlichtung des eigenen Dachverbandes will die Lokführergewerkschaft GDL ihren Rekord-Streik durchziehen. „Wir werden in keine Schlichtung gehen, weil wir grundgesetzlich geschützte Rechte in keine Schlichtung bringen“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky am Montag in Berlin.
Es sei gerichtlich geklärt, dass die Gewerkschaft für ihre Mitglieder, also auch für Zugpersonal und Rangierführer, Tarifverträge unabhängig abschließen dürfe. Die GDL-Dachorganisation „Deutscher Beamtenbund“ (dbb), die auch den Streik finanziert, hatte eine Schlichtung ins Gespräch gebracht, um in dem fast einjährigen Konflikt voranzukommen. „Hierzu kann es sinnvoll sein, auf eine unabhängigen Dritten zurückzugreifen“, sagte der dbb-Vorsitzende Klaus Dauderstädt.
Der achte bundesweite Streik im Konflikt beginnt am Montagnachmittag im Güterverkehr und am Dienstagmorgen im Personenverkehr. Er soll bis Sonntag dauern und wäre dann der längste in der Geschichte der Deutschen Bahn. Die Wirtschaft warnte vor einem hohen Schaden. „Alles in allem drohen Streikkosten von einer halben Milliarde Euro“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer.
Die Streikankündigung hat in der Regierung ungewöhnliche Kritik ausgelöst: Der Ausstand werde Pendler und Reisende, aber auch die Bahn und die gesamte deutsche Wirtschaft insgesamt schwer treffen, sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel der Bild-Zeitung. „Alle Beteiligten müssen sich fragen, ob der Schaden, den dieser Ausstand anrichten könnte, noch in einem vernünftigen Verhältnis zur eigentlichen Auseinandersetzung steht.“ Nötig seien ernsthafte Verhandlungen.
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte, die Grenze der Akzeptanz dieses Tarifstreits in der Bevölkerung sei zunehmend erreicht.
Weselsky: Regierung wollte keine Bundesbahn
Die Kritik konterte Weselsky mit der Empfehlung, der Bund solle auf den Vorstand einwirken und so sein Eigentum schützen. Die Bundesregierung sei es gewesen, die sich gegen eine Bundesbahn und für eine privatrechtliches Unternehmen entschieden habe, in der es nun nur noch wenige nicht streikberechtigte Beamte gebe.
Die Bahn wolle nach wie vor verhindern, dass die GDL ihr Recht auf eigenständige Abschlüsse auch mit Zugbegleitern und Rangierführer umsetze, sagte Weselsky. Sie setze auf Ergebnisse mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). „Das lässt erkennen, dass sie mit der EVG die Tariflage vorgeben will und die GDL sich daran zu halten hat.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen