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Arbeitgeberlobby lehnt Grünen-Text abErst bestellt, dann gekniffen

Die Arbeitgeberlobby INSM veröffentlicht den Text eines Grünen-Politikers nicht. Er kritisierte darin auch deren Kampagne gegen eine CO2-Steuer.

Eine CO2-Steuer würde Strom aus solchen Anlagen verteuern: Kohlekraftwerk in Niedersachsen Foto: dpa

Berlin taz | Es gibt kaum Grünen-Abgeordnete, die mit der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) zusammenarbeiten. Denn die von den Arbeitgebern der Metallindustrie finanzierte Lobbyinitiative kämpft – im Gegensatz zu ihrem Namen – für eine klar neoliberale Politik. Dieter Janecek, Wirtschaftsexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, gehörte zu den wenigen, die bisher im Austausch mit der Initiative standen. „Die INSM hat in der Vergangenheit immer wieder Millionen in Kampagnen gegen die Energiewende oder eine gerechtere Besteuerung gesteckt“, sagt Janecek. „Als Industriepolitiker ist mir der Dialog trotzdem wichtig.“

Auf der Gegenseite ist die Dia­logbereitschaft dagegen offenbar weniger ausgeprägt: Einen Text zum Thema CO2-Bepreisung, den die INSM bei Janecek für ihren Ökonomen-Blog explizit bestellt hat, will die Initiative nun lieber doch nicht veröffentlichen. Denn im Text würden „Annahmen aufgestellt, die aus unserer Sicht nicht auf die INSM zutreffen“, heißt es im Absageschreiben an Janecek, das der taz vorliegt.

Was war geschehen? In dem Text, den Janecek nach der Absage der INSM nun auf seiner eigenen Webseite veröffentlicht hat, hatte es der Grünen-Abgeordnete gewagt, auf fragwürdige Aussagen in der aktuellen Kampagne der INSM gegen eine CO2-Steuer hinzuweisen. In den „12 Fakten zur Klimapolitik“, die die Initiative im Juli veröffentlicht hat, würden „vermeintliche Tatsachen als Fakten dargestellt, die sich nur allzu leicht entkräften lassen“, schreibt Jane­cek und verlinkt als Beleg auf einen Faktencheck des Energiewissenschaftlers Volker Quaschning. Dieser wirft der INSM eine verzerrte, suggestive Darstellung vor, die zudem teilweise mit veralteten Zahlen arbeite.

Janecek ist enttäuscht, dass die Arbeitgeber-Initiative den Text in der vorliegenden Form nicht veröffentlichen wollte. „Wer Meinungen von Abgeordneten abfragt, kann nicht erwarten, mit Lobeshymnen überschüttet zu werden“, sagte er der taz. Die INSM wollte den Vorgang auf Anfrage nicht kommentieren, weil er noch nicht abgeschlossen sei. Geschäftsführer Hubertus Pellengahr wolle Janecek zunächst zu einem klärenden Gespräch treffen, sagte ein Sprecher.

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3 Kommentare

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  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    „Wer Meinungen von Abgeordneten abfragt, kann nicht erwarten, mit Lobeshymnen überschüttet zu werden“

    Ganz offensichtlich hat Herr Janecek etwas Grundlegendes noch nicht verstanden:



    Eine Lobbyorganisation wie die Neue Soziale Marktwirtschaft (NSM) ist nicht an ehrlichen Meinungen und einem ehrlichen und offenen Dialog interessiert.



    Es geht denen ausschließlich darum, ihre Meunung zu verbreiten und die Interessen ihrer Unterstützer zu bedienen. Also die Meinung von Herrn Janecek zu ändern.



    Wenn Herr Janecek etwas erreichen will, muss er mit den Unterstützern direkt sprechen, also den Konzernen.

    Mit NSM zu sprechen, macht Null Sinn.

  • taz: "Die Arbeitgeberlobby INSM veröffentlicht den Text eines Grünen-Politikers nicht. Er kritisierte darin auch deren Kampagne gegen eine CO2-Steuer. [...] „Wer Meinungen von Abgeordneten abfragt, kann nicht erwarten, mit Lobeshymnen überschüttet zu werden“, sagte Dieter Janecek, Wirtschaftsexperte der Grünen-Bundestagsfraktion."

    Hat jemand etwas anderes von der INMS erwartet? Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) ist eine marktliberale Lobby-Organisation - und da stört Umwelt- und Klimaschutz nur. Wahrscheinlich ist die INMS es auch gewöhnt, dass Politiker brav "Bei Fuß" gehen, wenn die INMS es so anordnet.

    "Im Sommer 2019 startete die INSM mit „12 Fakten zur Klimapolitik“ eine Kampagne zum Thema Klimaschutz. Die INSM wendet sich damit gegen eine CO2-Steuer und stellt Bemühungen auf nationaler Ebene als wirkungslos und überflüssig dar. Die Darstellung rief Kritik hervor, etwa durch Volker Quaschning, Professor an der HTW Berlin. [Quelle: Lobbypedia]

    **Lobbypedia - Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)** lobbypedia.de/wiki...le_Marktwirtschaft

    "Die INMS erzeugt mit riesigen Kapitalmitteln Stimmung für den Rückbau des Sozialstaats und für mehr unternehmerische Freiheit. Sie verfolgt ihre Ziele, indem sie Anzeigen schaltet, Broschüren verteilt und Veranstaltungen organisiert. Dabei gibt sie sich als unabhängige, parteiübergreifende Initiative aus. Gesponsert wird sie allerdings hauptsächlich von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie. Ein jährliches Budget von etwa 8 bis 9 Millionen Euro nach Abzug von Steuern bietet viele Möglichkeiten, Einfluss auszuüben. Das ist mehr Geld, als beispielsweise viele Umweltverbände für Ihre Arbeit insgesamt aufbringen können.“ [Marco Bülow (SPD), MdB, in seinem Buch „Wir Abnicker“]

  • Zitat: „Wer Meinungen von Abgeordneten abfragt, kann nicht erwarten, mit Lobeshymnen überschüttet zu werden“

    Wie jetzt: „kann nicht“? Kann ganz offensichtlich doch. Will vermutlich sogar. Und darf auch. Vor allem als neoliberaler Lobbyist. Denn als solcher ist der Mensch daran gewöhnt, zum Dank für sein „Vertrauen“ und seine Lobhudelei ebenfalls Vertrauen zu erhalten - und Lobhudelei. Eine Hand wäscht die andere und beide das Gesäß, wie mein Herr Vater zu sprechen pflegt.