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Arabische Liga über Jerusalem-Streit„Die USA haben sich isoliert“

Nach den Protesten in Palästina bekräftigt die Arabische Liga ihre Kritik im Jerusalem-Streit. Israel hofft auf ein schnelles Abflauen der Proteste.

Palästinenser protestieren am Samstag in Bethlehem Foto: dpa

Gaza/Jerusalem dpa/reuters | Die arabischen Länder haben ihre Kritik an Washington wegen der Jerusalem-Entscheidung bekräftigt – konnten sich aber nicht auf konkrete Gegenmaßnahmen einigen. Die Außenminister der Arabischen Liga bezeichneten die umstrittene Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, am Sonntagmorgen als „hinfällig“.

„Diese Verschiebung der US-Politik zu Jerusalem ist eine gefährliche Entwicklung, bei der sich die USA von ihrer Rolle als Förderer und Vermittler im Nahost-Friedensprozess isoliert haben“, hieß es in einer Stellungnahme der 22 Mitglieder, zu denen auch die Palästinensischen Autonomiegebiete gehören, nach einer Dringlichkeitssitzung in Kairo. Sie schlugen einen Gipfel der Staatschefs der Arabischen Liga in Jordanien vor.

Konkrete Schritte der muslimisch geprägten arabischen Länder gegen die Anerkennung Jerusalems waren trotz ihrer ablehnenden Haltung nicht erwartet worden. Die Arabische Liga gilt als wenig einflussreich. Einige ihrer wichtigsten Mitglieder sind eng mit den USA verbunden und in einem gewissen Maße abhängig von Washington.

Trump hatte am Mittwoch entgegen internationaler Gepflogenheiten Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt. Israel beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. Dieser Anspruch wird international nicht anerkannt. Die Palästinenser wollen in dem von Israel annektierten Ost-Jerusalem die Hauptstadt eines künftigen Palästinenserstaates ausrufen.

Aufruf zur Anerkennung Palästinas als Staat

Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Abul Gheit, hatte in seiner Eröffnungsansprache zu der Dringlichkeitssitzung gesagt: „Wir rufen alle auf, Palästina als Staat anzuerkennen und Ost-Jerusalem als seine Hauptstadt.“

Seit der umstrittenen US-Entscheidung kommt es zu Unruhen. Nach israelischen Luftangriffen im Gazastreifen und Protesten im Heiligen Land ist die Zahl der getöteten Palästinenser auf vier gestiegen, wie das palästinensische Gesundheitsministerium am Samstag mitteilte. Im Westjordanland, in Ost-Jerusalem und im Gazastreifen kam es erneut zu Zusammenstößen. Mindestens 170 Menschen wurden verletzt.

Israel setzt unterdessen auf ein rasches Abflauen der Proteste infolge der amerikanischen Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt. „Unsere Hoffnung ist, dass sich alles beruhigt und dass wir zum normalen Leben zurückkehren – ohne Krawalle und ohne Gewalt“, sagte Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman am Sonntag in einem Interview des Armee-Rundfunks.

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10 Kommentare

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  • Das Bizarre ist: Der vollständige Text von Trumps Statement ist durchaus diplomatisch: Jerusalem wird als Hauptstadt anerkannt (was andere Präsidenten auch schon taten), aber nirgendwo steht GANZ Jerusalem, und explizit soll jede Lösung von BEIDEN Parteien akzeptiert werden. Aber weil es eben von Trump kommt, und der eben auch so auftritt, glauben alle es wäre eine Kriegserklärung. Dummheit, Angeberei und Provokation auf allen Seiten.

    • @Mark2013:

      Mich ärgert es grundsätzlich, wenn Politiker merkwürdig zittert oder übersetzt werden. Und bei Trump kommt das recht häufig vor.

       

      In diesem Fall gibt es aber nichts zu falsch zu verstehen. Er hat eindeutig die "Tatsachen" anerkannt. Also dass Israel Jerusalem als "unteilbare Hauptstadt" behandelt. Darüber kann nichts hinwegtäuschen. Auch die Gesprächsangebote. Die Annexion Ostjerusalems ist für die arabische Seite nicht verhandelbar. Das muss der amerikanischen Regierung klar sein. Sie hat der Zweistaatenlösung eine klare Absage erteilt und unterstützt ein Großisrael, von dem rechte Kreise schon lange träumen. So wird das mit dem Frieden nichts.

       

      Mich würde allerdings mal interessieren, wie T seine Erklärung zu Jerusalem mit dem mühsam geschmiedeten Bündnis zwischen Israel und dem sunnitischen Block gegen Iran ect. in Einklang bringen will.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ich glaube der Mann hat zum ersten Mal brav das Statement vorgelesen, das seine außenpolitischen Diplomaten für ihn aufgeschrieben haben, und die ganze Welt reagiert auf den Pöbler, der er sonst eben auch ständig ist. Von "unteilbar" steht da nichts, stattdessen ein Bekenntnis zur Zweistaaten-Option: "The United States would support a two-state solution if agreed to by both sides." Und heute Abend weinen wieder arabische und israelische Mütter. https://www.whitehouse.gov/the-press-office/2017/12/06/statement-president-trump-jerusalem

        • @Mark2013:

          "Israel is a sovereign nation with the right like every other sovereign nation to determine its own capital. Acknowledging this as a fact is a necessary condition for achieving peace."

           

          Damit übernimmt er den israelischen Standpunkt von der "unteilbaren Hauptstadt Jerusalem". Alles andere ist nur Beiwerk. So sehen das z.B auch die anderen Mitglieder des Weltsicherheitsrates und die meisten Regierungen.

          Ein Verhandlungsangebot, nachdem die USA in einer der wichtigsten Fragen versuchen, endgültige Festlegungen zu treffen, ist ein Witz. Und die Einschränkung "...if agreed to by both sides." zeigt auch, dass die US Regierung nicht mehr an eine Zweistaatenlösung glaubt. Oder glauben Sie ernsthaft, dass die arabische Seite jetzt noch unter amerikanischer Vermittlung verhandeln will? Ständig kommen immer neue Meldungen, wer Herrn Pence garnicht erst empfangen will. T hat die Tür nicht aufgemacht. Er hat sie mit Absicht zugeschlagen.

           

          "Und heute Abend weinen wieder arabische und israelische Mütter."

           

          Das hätten Sie sich sparen können, nachdem Sie den Kurs der US Regierung schönfärben wollten. Das ist zynisch...

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Nö. Zynisch ist, wer nicht nach Lösungen sucht. Dieser Konflikt ist menschengemacht - also gibt es auch Lösungen.

            • @Mark2013:

              Und die Lösung besteht darin, Verhandlungen maximal zu erschweren?

    • @Mark2013:

      Derlei Spitzfindigkeiten sind kaum hilfreich den seit Jahrzehnten dauernden Konflikt zu lösen. Zumal Israel den Ostteil von Jerusalem annektiert hat und als Teil des eigenen Landes behandelt. Das ist zwar völkerrechtswidrig aber Realität. Somit ist die Zweiteilung der Stadt nur noch theoretisch vorhanden und die Meinung der zweiten Partei nicht mehr relevant.

      • @ecox lucius:

        Der bessere Weg für eine humanitäre Politik wäre also, nicht so genau hinzuschauen und zu sagen: hat ja sowieso alles keinen Sinn? Sehen zum Glück nicht alle so.

        • @Mark2013:

          "Sehen zum Glück nicht alle so."

           

          Glück für wen? Solange weder Israelis noch Palästinenser nachgeben wollen, ist Einmischung von außen Kontraproduktiv.