Antisemitische Attacken in Graz: Verdächtiger festgenommen
Ein Syrer soll für Attacken auf die Synagoge und den Gemeindevorsteher verantwortlich sein. Polizei weist Kritik an später Reaktion zurück.
„Unsere Sprache und unser Land sind rote Linien“, ist einer der Slogans, den der Festgenommene an die Mauer der vor 20 Jahren wiedererrichteten Synagoge gesprayt haben soll. Offensichtlich richtet er sich gegen die israelische Okkupationspolitik in Palästina. Der Mann wird auch für eingeworfene Fenster an der Synagoge und am Sitz des schwul-lesbischen Vereins Rosalila PantherInnen verantwortlich gemacht.
Tristan Ammerer, grüner Chef des Grazer Bezirks Gries, in dem die Synagoge steht, hatte Polizeischutz angefordert, der zunächst nicht gewährt wurde. Deshalb hatten rund 20 Freiwillige, angeführt von Ammerer selbst, die Synagoge in der Nacht auf Sonntag bei heftigem Regen bewacht. Auch Vertreter des islamischen Kulturzentrums beteiligten sich an der Wache.
Erst seit Sonntag stehen die Synagoge und der Gemeindevorsteher Elie Rosen unter Polizeischutz. Polizeisprecher Fritz Grundnig sieht keinen Zusammenhang zwischen dessen zögernder Gewährung und einschlägigen Umtrieben auf der Polizeiwache, die dafür zuständig ist.
Polizist mit einem Hund names Adolf
Seit Juli stehen ein Polizist und eine Polizistin dieses Reviers wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung vor Gericht. Der Polizist S., der seinen Hund Adolf nennt, war durch Sprüche aufgefallen, wie „Schwule gehören alle nach Dachau“ oder – auf eine Zeitzeugin im Fernsehen gemünzt: „Halt die Papp'n, du alte Drecksau, du gehörst ja auch vergast.“ Laut Innenministerium wird keine Datenbank über rechtsextreme Vorfälle in der Polizei geführt.
Eva Blimlinger, Kultursprecherin der Grünen im Parlament, twitterte am Sonntagabend zur Nationalität des mutmaßlichen Täters: „Nein, wir werden deswegen unsere Haltung gegenüber Asylwerber*innen nicht ändern, radikale Antisemit*innen kommen von überall – ob aus Syrien oder aus Österreich“.
Ähnlich äußerte sich Elie Rosen auf Facebook: „Ich habe stets darauf hingewiesen, dass es mir gleichgültig ist, von welcher Seite Antisemitismus kommt: von links, von rechts, von oben oder von unten. Er ist und bleibt gleichermaßen inakzeptabel und unappetitlich.“ Unappetitlich sei es auch, wenn Vorfälle wie jene von Graz von politischen Akteuren benützt würden, um daraus politisches Kleingeld zu schlagen: „Wo die eine Seite der anderen Seite quasi beweisen möchte, wo denn nun die besseren Antisemiten zu Hause sind. Ein derartiger Missbrauch der Ereignisse beziehungsweise von Opfern des Antisemitismus ist schändlich“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP