Antirassismus-Kampagnen im Fußball: Mit dem T-Shirt in die Knie?
Klubs wie Bayern München und Borussia Dortmund positionieren sich mit PR-Fotos gegen Rassismus. Wie es konkret besser geht, zeigt der FSV Mainz.
M an könnte es für Meldungen aus einer gemeinsamen Rubrik halten. Die Überschrift könnte lauten: „Fußballer gegen Rassismus“. Dort erführe man dies: Der Bundesligist FSV Mainz 05 hat die Kündigung eines Mitglieds, das empört war, dass „sein“ Verein zu viele schwarze Kicker unter Vertrag habe, öffentlich begrüßt.
Und, zweite Meldung, Vereine wie Bayern München und Borussia Dortmund haben sich mit T-Shirt-Aktionen, Statements und PR-Fotos, auf denen zu sehen ist, wie die Mannschaft kniet, gegen Rassismus positioniert.
Gut. Doch ist das wirklich eine gemeinsame Rubrik?
Dass der FSV Mainz von über 12.000 Mitgliedern eines verliert, mag ökonomisch verschmerzbar sein. Und dass die großen Klubs gegen Rassismus und für Weltläufigkeit demonstrieren, liegt ja auch in ihrem Charakter als Sportunternehmen mit internationalem Anspruch und Angestellten aus aller Welt begründet. Wenn man das liest, könnte man glauben: Zumindest im Fußball sind alle gegen Rassismus, jeder auf seine Weise.
Schön wär’s. Aber diese eine Überschrift über alle Aktionen in diesen Tagen ist leider falsch. Der Unterschied zwischen den verschiedenen Meldungen, die oben referiert wurden, lautet: Der FSV Mainz teilt mit, dass es bei ihm ein Rassismusproblem gibt, konkret: in der Mitgliederschaft, und dass der Klub dagegen vorgehen wird. Die Botschaft, die von immer wieder aufgelegten Kampagnen der Klubs ausgeht, lautet hingegen: Wir Fußballer stehen geschlossen gegen jede Form der Diskriminierung.
Der selbstkritische Blick nach innen
Das eine ist also das ehrliche Eingeständnis eines Problems, das andere die Behauptung, man selbst sei doch gut und wolle das nun zeigen. Noch anders formuliert: Das eine ist der selbstkritische Blick nach innen, das andere der sich von jedem Zweifel frei wähnende Blick nach außen.
Aktueller Ausgangspunkt in der Bundesliga waren die symbolischen Aktionen weniger, zudem ausländischer und schwarzer Profis, die sich mit den Protesten nach dem Mord an George Floyd solidarisierten. Was Jadon Sancho, Weston McKennie und Kollegen machten, animierte allerdings zunächst einmal den DFB, zu prüfen, ob er so etwas bestrafen müsse. Dass er das dann doch nicht tat, ist schön, aber als Erkennungszeichen von unbedingtem Antirassismus geht das nicht durch.
Die Profis riskierten also etwas (nicht viel, das sei zugegeben, eine etwaige Strafe lässt sich wegstecken), aber wenn sich nun Spieler und Trainer von Bayern München mit T-Shirts, auf denen „Rot gegen Rassismus #blacklivesmatter“ steht, präsentieren und wenn nun Borussia Dortmund – nachdem andere Klubs wie der FC Liverpool es vorgemacht hatten – für ein Foto seine Spieler niederknien lässt, dann weist das die Merkmale von PR-Kampagnen auf.
Es ist eben ein enormer Unterschied, ob ein Footballprofi wie Colin Kaepernick seine Karriere und Existenz riskiert, wenn er sich während der Hymne niederkniet. Oder ob deutsche Klubs wie Hertha BSC 2017 und Borussia Dortmund 2020 diese Geste fotogen wiederholen.
Es ist ja gar nicht zu verlangen, dass heute aktive Sportler ein ähnliches Risiko wie Kaepernick eingehen. Aber wenigstens der selbstkritische Blick, ob man nicht selbst, als privilegierter Klub in einer weiß geprägten Kultur, irgendetwas mit Rassismus zu tun haben könnte, wäre hilfreich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga