Antimuslimische Übergriffe in Indien: Moscheen in Brand
In Indien sterben bei Angriffen auf Muslime mindestens 20 Menschen. Diese hatten gegen das neue Einbürgerungsgesetz demonstriert.
Auch rund 40 Polizisten wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte. Ob die verletzten Polizisten in der vom Krankenhaus genannten Zahl enthalten sind, war zunächst unklar. Seit Anfang der Woche gingen demnach verschiedene Gruppen mit Steinen und Stöcken aufeinander los. Auch Moscheen, Läden und Autos wurden in Brand gesteckt, wie Fernsehbilder zeigen.
Auch am dritten Tag der Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Hindunationalisten im Nordosten der Metropole stand das abwartende Verhalten der Polizeikräfte in der Kritik. Der Regierungschef von Neu-Delhi, Arvind Kejriwal, appellierte an Innenminister Amit Shah, die Armee einzusetzen. Die Polizei sei unfähig, die Situation zu kontrollieren. Die Polizeikräfte der 19-Millionen-Einwohner-Stadt unterstehen direkt der Zentralregierung.
Am Dienstag waren trotz Ausgangssperren zwei Moscheen in Brand gesteckt worden. Banden mit Eisenstangen und Stöcken kontrollierten die Straßen und verlangten die Ausweise von Passanten, um Muslime zu finden und zusammenzuschlagen. In Häusern und Geschäften von Muslimen wurde Feuer gelegt.
Proteste gegen neues Einbürgerungsgesetz
In einem ungewöhnlichen Schritt ordnete ein Gericht in Delhi Dienstagnacht die Evakuierung von Verletzten aus einem Krankenhauses in einem mehrheitlich von Muslimen bewohnten Viertel an. Zuvor hatten Ärzte von der Polizei Geleitschutz für die Krankenwagen gefordert.
Die Straßenkämpfe in Delhi begannen am Sonntag, als hindu-nationalistische Kräfte einen relativ friedlichen Sitzstreik der Gesetzesgegner mit Gewalt auflösen wollten.
Hintergrund der Gewalt sind Proteste gegen ein vom hindunationalistischen Premierminister Narendra Modi durchgedrücktes Einbürgerungsgesetz, das nach Ansicht von Kritikern gezielt Muslime diskriminiert. Seit Wochen haben Zehntausende Menschen gegen das Gesetz protestiert, bei einigen Protesten gab es Gewalt und Tote.
Die neusten Ausschreitungen fanden im Nordosten der Hauptstadt statt, wo besonders viele Muslime leben. Schlimm waren sie auch, als Anfang Woche US-Präsident Donald Trump zu einem Staatsbesuch in Indien war. Trump sagte, dass er mit Modi über das Thema gesprochen habe, Modi habe ihm versichert, dass es in Indien Religionsfreiheit gebe.
Muslime sind Indiens größte religiöse Minderheit, sie machen rund 14 Prozent der indischen Bevölkerung aus, rund 80 Prozent sind Hindus. Das kontroverse Gesetz erleichtert vielen illegal eingereisten Migranten aus drei mehrheitlich muslimischen Nachbarländern die Einbürgerung – sofern sie keine Muslime sind.
Anm. d. Red.: In einer ersten Version dieses Textes hieß es, dass es bei „Auseinandersetzungen“ bzw. „Kämpfen zwischen Hindus und Muslimen“ Tote gegeben habe. Tatsächlich handelte es sich um hindunationalistische Attacken auf Muslime. Hindunationalismus ist eine Hassideologie, die dem europäischen Rechtsextremismus bzw. dem Islamismus strukturell ähnlich ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana