piwik no script img

Antibiotika in der TiermastLaissez faire in deutschen Ställen

Dänemark und die Niederlande zeigen einer neuen Studie zufolge, wie Antibiotika-Missbrauch bekämpft werden kann. Und die Bundesrepublik?

Hoffentlich nicht gedopt: Hühner in der Massentierhaltung werden oft mit Antibiotika behandelt. Bild: rtr

BERLIN taz | Deutschland unternimmt weniger als andere EU-Staaten gegen den hohen Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung. Das ist das Fazit einer am Montag veröffentlichten Studie im Auftrag des grünen Europa-Abgeordneten Martin Häusling.

Die Landwirtschaft – vor allem die Tiermast zur Fleischproduktion - verbraucht Häusling zufolge etwa in der Bundesrepublik mehr als doppelt so viel Antibiotika wie die Humanmedizin. Das erhöht das Risiko von Mutationen der Keime – und damit der Entwicklung von Resistenzen. Weil dann Infektionen länger dauern oder schwerer verlaufen können, sterben laut Weltgesundheitsorganisation in der Europäischen Union jährlich 25.000 Menschen.

Dänemark hat Studienautorin Kathrin Birkel zufolge 1994 dafür gesorgt, dass Tierärzte nicht gleichzeitig Antibiotika verschreiben und verkaufen können. „Veterinäre haben so keine finanziellen Anreize, mehr Antiobiotika zu verschreiben als notwendig“, sagte die Umweltpolitologin.

Bereits seit 2001 würden in einer zentralen Datenbank alle Antibiotika-Gaben erfasst. Betriebe mit besonders hohem Antibiotikaverbrauch würden im Internet genannt und verpflichtet, den Medikamenteneinsatz zu senken. „In letzter Instanz kann ein Tierhalter dann gezwungen werden, die Viehdichte in seinen Anlagen zu reduzieren.“

Niederlande haben Verbrauch halbiert

Das niederländische Agrarministerium verlangte der Studie zufolge 2009, dass der Antibiotikaverbrauch in der Tierhaltung bis 2011 um 20 Prozent und bis 2013 um 50 Prozent sinkt. Überwacht wird dies mit zentralen Datensystemen. Wer bestimmte Schwellenwerte reißt, muss Maßnahmen ergreifen, die Branchenorganisationen vorschreiben.

Sowohl in den Niederlanden als auch in Dänemark ist der Einsatz von Antibiotika pro Tier laut Studie seit Einführung der Maßnahmen gesunken. Die Holländer hätten ihr Minus-50-Prozent-Ziel schon 2012 erreicht.

Die deutsche Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) dagegen lehnt ein konkretes Ziel ab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • D
    drms

    Man muss mal bei diesen Ländern genau in die Futtertröge schauen. Zunächst ist es wichtig, von welchen Verbrauchsmengen man reduziert hat. Im Vergleich zu den Niederlanden sind deutsche Landiwrte Waisenknaben. Zudem verwenden beide Länder große Mengen Zinkoxid als Futterzusatzstoff. Sonst ist das Schwermetall europaweit illegal. Übrigens ist im letzten Jahr der Antibiotokaverbrauch in Dänemark wieder gestiegen.

     

    Der große Vorteil beider Länder ist die Konzentration auf moderne Großbetriebe. Die lassen sich deutlich hygienischer führen.

     

    mfg

     

    ms