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Anti-Pegida-DemonstrantU-Haft für Flaggezeigen

Weil die Fahnenstange eines Münchner Anti-Pegida-Demonstranten zu dick war, sitzt er seit Wochen im Gefängnis.

Sitzt nicht im Knast: Pegida-Demonstrant mit legaler Fahnenstange Foto: dpa

München taz | Wenn Paul nicht im Knast säße, sagt Konstantin, dann wäre er ganz sicher heute auch hier, um gegen die Nazis zu demonstrieren. „Paul hat sich echt eingesetzt gegen Rassismus, er war sehr engagiert“, sagt er und muss fast brüllen, damit man ihn versteht zwischen den Wortfetzen der Rechtsextremisten und den Rufen der Gegendemonstranten. Die neonazistische Partei „Der dritte Weg“ hält eine Kundgebung vor dem Münchner Einkaufszentrum Mira ab, Konstantin ist hier, um dagegen zu protestieren. Und um über Paul zu reden.

Konstantins Freund Paul sitzt seit einem Monat in U-Haft. Weil er am 20. Juli in München gegen Pegida demonstrierte und weil die Fahne, die er dabei mit sich trug, zu kurz und zu dick war. „Knüppelfahne“ nennt die Polizei diese Art Flagge und stuft sie als Waffe ein, weil sie „aufgrund der Dicke des Stockes als Schlagwaffe verwendet werden kann“. Pauls Fahnenstange war zwei Zentimeter dick. Konstantin sagt: „Die Polizei versucht oft, uns wegen unserer Transparente zu schikanieren. Aber ich habe vorher noch nie erlebt, dass jemand wegen einer Fahne festgenommen wurde.“

Keine 30 Minuten später, die Kundgebung ist gerade beendet, stürmen etwa 20 Polizisten in die Gruppe der Gegendemonstranten, greifen sich einen jungen Mann mit blonden Locken heraus, bringen ihn zu Boden und zerren ihn in Handschellen in Richtung Polizeiauto. Konstantin erlebt zum zweiten Mal, dass jemand wegen einer Fahnenstange festgenommen wird. Karl, der Festgenommene, erinnert sich später nur an einen unerwarteten Schlag von hinten. „Dann saßen plötzlich sechs Leute auf mir drauf und haben mir die Arme auf den Rücken gedreht. Ich habe erst gar nicht kapiert, dass sie mich wegen meiner Fahne festgenommen haben.“

Karl kommt mit einer Anzeige davon. Dass Paul direkt in U-Haft gekommen ist, hat auch damit zu tun, dass er erst seinen Wohnort nicht angeben wollte. Als er seine Adresse einen Tag später nachreichte, hat ihm die Richterin einfach nicht mehr geglaubt, erzählt sein Anwalt.

Klingt wie ein Überfall, war nur Containern

Aber Paul war ja auch „kein unbeschriebenes Blatt“, wie das Boulevardblatt tz für seine Leser herausgefunden hat. Er sei schon „bewaffnet“ bei „einem Diebstahl an einem Rewe-Markt“ ertappt worden. Was nach einem Überfall klingt, stellt sich in der Anzeige so dar: Paul und ein Freund sollen aus dem Mülleimer eines Supermarktes abgelaufene Lebensmittel und Plastikboxen entwendet haben. „Containern“ nennt sich diese Praxis.

Als eine Zivilstreife die jungen Männer vor dem Supermarkt kontrollierte, fanden die Beamten in Pauls Rucksack ein „Tierabwehrspray“, ein legales Pfefferspray. So wurde aus dem „Diebstahl“ von Müll ein „Diebstahl mit Waffen“.

Die Repression gegen Antifaschisten nimmt in Bayern immer weiter zu.

Karl und Konstantin heißen eigentlich anders. Ihren richtigen Namen wollen beide nicht in der Zeitung sehen. „Die Repression gegen Antifaschisten nimmt in Bayern immer weiter zu“, sagt Konstantin. „Man geht besser auf Nummer sicher.“

Wie geht es mit Paul weiter? Ein Jahr Haft für das Containern und die Fahnenstange ist zumindest möglich. Drohe nur eine geringere Strafe, komme man nämlich nicht in Untersuchungshaft, sagt Anwalt Fischer. Klären wird sich das Strafmaß bei der Verhandlung am 15. September. Für zwei Tage vorher haben Freunde und Unterstützer eine Demonstration für Pauls Freilassung angemeldet. Man hört, die Wahrscheinlichkeit sei ziemlich hoch, dort auf kurze Fahnen zu treffen.

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26 Kommentare

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  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Wenn Bayern nicht so schön und Heimat von erlesenen Speisen und Getränken wäre, hätte ich schon lange den Bau einer neuen Mauer samt Wassergraben angeregt.

  • Grundlos weggesperrt, pathologisiert, zusammengeknüppelt, entrechtet -- so sehr man sich auch bemüht, im Umgang mit Systemkritikern kann man einfach keinen Unterschied zwischen Bayern und der späten DDR finden.

  • Ach was soll`s, falscher Artikel !

  • Dass man das edle im Menschen nicht an seinem Sprech, sondern an seinen Taten erkennt, werden solche wie Scheuer nie verstehen oder besser: wollen es nicht.

  • Eigentlich hätte ich von der eher ne topic erwartet wie "Knast, weil die Stange zu dick war!" oder so...

  • Recht muss eben Recht bleiben, gell!

  • der Mann ist laut Polizeiangaben schon mehrfach wegen Landfriedensbruch und Körperverletzung am Rande von Demos aufgefallen, hat keinen festen Wohnsitz, dann der Einbruch in den Supermarkt (Diebstahl bleibt Diebstahl) und immer 'ne Waffe dabei. So unverhältnismässig ist die U-Haft da nicht.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @mir-kommen-die-tränen:

      Ein Mann, der wg. Körperverletzung am Rande von Demos aufgefallen ist, schreiben Sie. Aktiv oder passiv?

       

      Was ich zudem nicht verstehe: dass ein Mann ohne festen Wohnsitz einen Tag später aus der U-Haft seine Adresse nachreichen kann. Klingt ein bißchen nach der Quadratur des Kreises.

       

      Bitte um Aufklärung!

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Wer 'Willy' von Konstantin Wecker kennt, hat eine Ahnung davon, dass in Bayern Uhren und Menschen anders ticken und dort vieles 'Normalität' ist, was anderswo noch nicht einmal gedacht wird.

     

    Was mich allerdings schon erstaunt, dass dies hier keine Jagdszenen in Niederbayern waren, sondern Alltag in der Weltstadt und Metropole Minka.

  • Ist der Ruf erst ruiniert, verhaftet es sich ungeniert.

    Ob Mollath oder aktuell, die Staatsanwaltschaft nebst Innenminister Bayerns haben ein massives Demokratiedefizit.

     

    Demnächst werden wohl die bayerische Holzpantoffeln der Bergkrempeltierchen als Waffe definiert.

    Die spinnen die Amigos.

    Da wird eine Festplatten von Strauß mit einer Fahnenstange in der Asservatenkammer ausgetauscht.

     

    Vielleicht sollte man die ehemalige DDR Mauer doch in den Süden verlegen, den Willen von FJS einen eigenen Staat zu gründen nachkommen.

  • Frau Haftrichterin, wer hat Sie dabei beraten ?

  • Sehe ich auch so "FUCK YOU SYSTEM". Aktivismus gegen rechts? Unerwünscht. Lebensmittel die noch genießbar sind vor der Vernichtung retten? Unerwünscht.

  • Das ist nicht zu glauben! Weiß Prantl schon davon?

  • Ich mag die Leute bei Pegida nur wirklich nicht, aber das ist schon ein Skandal. Danke liebe TAZ, dass ich das hier lesen durfte und ihr darauf aufmerksam macht.

    • @Monika Linder:

      Vll. überlesen; Der verknackte "Paul" ist kein Pegida-Anhänger.

      • @lions:

        Sonst würde das ja auch in der jungen Freiheit und nicht in der TAZ stehen.

  • wenns wirklich so war,

    dann schäme ich mich noch mehr Deutsch zu sein!

     

    NIE WIEDER NAZIS an der MAcht!!!

    wieso kann das nicht wahr werden?

    FUCK YOU SYSTEM!!!

  • W enn sich die Staatsmacht mit solch schwerwiegenden Problemen rumschlagen muß hat sie logischerweise keine Zeit sich um Nazis zu kümmern.

  • Und die IS Leute die nach Syrien fahren und dort Köpfe abschneiden laufen frei herum.

  • Solche lächerlich und hilflos aussehenden Behördenmaßnahmen wären überflüssig, würde die Regel eingehalten: Nur eine einzige Kundgebung zur gleichen Zeit am gleichen Ort. Das vermeidet Gefahren und falschen Verdacht. Eine Anti-Kundgebung muss sich zeitlich hinten anstellen und bis zum nächsten Tag warten.

    • @Emma Dorfener:

      Immer schön artig sein ! Damit kommt man persönlich am weitesten. Welches System, ist dabei egal.

    • @Emma Dorfener:

      ein grandioses Demokratieverständnis!

  • Wenn sich das so zugetragen hat und die Umstände wirklich so sind, ist schwer nachzuvollziehen, dass der Anwalt beim Haftprüfungstermin nichts für seinen Mandanten erreichen kann.

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @Lütt Matten:

      Für einen Anti-Faschismus Demonstranten in Bayern etwas erreichen?? Unmöglich. Die regierende CSU hat an so etwas keinerlei Interesse. Ein Rechtsstaat ist das dort - wenn auch in ganz anderem als juristischem Sinne. Und mit solchen Leuten bildet Mutti und der Dicke eine Koalition!!??

    • @Lütt Matten:

      Der Anwalt ist wohl unfähig?

      • @nemski:

        In Seppel-Land? Das ist doch eine völlig verkommene "Kultur".



        Man sehe sich die Menschen an, die neben den Einheimischen das Bayerische als dumpfes Partythema feiern, der Pöbel.



        Alkohol, Dumpfkonservatismus, Primitivität, das ist die "Baierische Kultur".



        Ja, Ich bin Antibajuvarist" ;-D .



        Es gibt eine alte TV-S/W-Aufnahme wo eine Frau sich über die Bayernfeindlichkeit beschwert ;-D .