Anhörung Netanjahus wegen Korruption: Israels Justiz funktioniert
Trotz aller Versuche Netanjahus, sich Immunität zu verschaffen, wird er jetzt wegen Korruption angehört. Der Rechtsstaat funktioniert gut ohne ihn.
S eit Beginn der Ermittlungen gegen ihn Ende 2016 versucht Netanjahu zu verhindern, was heute stattfinden wird: seine erste Anhörung in drei Fällen von Bestechlichkeit, Untreue und Betrug. Er selbst geriert sich als Opfer, beteuert seine Unschuld: „Es wird nichts sein, denn es gab nichts“ ist zu einem geflügelten Wort geworden. Statt auf die Vorwürfe einzugehen – seine Anwälte reichten als Verteidigungsschrift lediglich eine Seite ohne nennenswerte Inhalte ein –, forderte er, die Anhörung öffentlich zu machen. Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit verweigerte dies.
Was ihn vor der Anklage noch retten könnte, ist eine Gesetzesänderung, die ihm Immunität verschafft. Die durchzubringen wird nur gelingen, wenn er Premierminister bleibt. Doch viele WählerInnen haben genug von seinen Korruptionsaffären: Seine Wahlkampfmanöver haben ihm nicht die benötigte Mehrheit verschafft.
Vielmehr hat die Sorge, dem Land könne die Demokratie abhandenkommen, die Israelis auf die Straße gebracht. Seit Ende 2016 fanden wöchentlich Demonstrationen vor dem Haus des Generalstaatsanwalts statt mit Slogans wie „Corrupt, go home!“ Aus ihnen wurden Massendemos auf Tel Avivs Prachtstraße, dem Rothschild Boulevard, mit rund 20.000 TeilnehmerInnen. Und auch diejenigen im Polizei- und Justizsystem, von denen Netanjahu sich Hilfe erhofft hatte, waren Teil des funktionierenden Rechtsstaats. Polizeipräsident Roni Alscheich empfahl – trotz eines angeblichen Angebots, zum Chef des Inlandsgeheimdienstes befördert zu werden, sollte Netanjahu im Amt bleiben – die Anklage gegen den Ministerpräsidenten. Und Generalstaatsanwalt Mandelblit lud Netanjahu zur Anhörung.
Es sieht aus, als könnte die Integrität des israelischen Justizsystems und der Öffentlichkeit vorerst einen Sieg verzeichnen. Möglich, dass dem „politischen Zauberer“, wie Netanjahu mitunter genannt wird, die Kaninchen ausgegangen sind, die er aus dem Hut ziehen könnte.
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