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Angriffe auf Neonazis in BudapestUngarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus

Tobias E. wurde als Mitglied der mutmaßlich kriminellen Vereinigung um Lina E. in Deutschland festgenommen. Seine Anwältin kritisiert die Inhaftierung.

Antifa-Protest in Berlin – den mutmaßlichen Gruppenmitgliedern um Lina E. wird der Angriff auf Neonazis in Budapest vorgeworfen Foto: Christian Mang/reuters

Frankfurt am Main taz/afp | Im Zusammenhang mit dem Ermittlungskomplex um Lina E. hat Ungarn den Tatverdächtigen Tobias E. ausgeliefert. E. wurde am Montag am Flughafen Frankfurt am Main von Beamten des sächsischen Landeskriminalamts festgenommen und in Untersuchungshaft genommen, wie die Generalbundesanwaltschaft am Montag in Karlsruhe mitteilte. Ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs habe ihm den Haftbefehl eröffnet.

Tobias E. wird unter anderem vorgeworfen, einer kriminellen Vereinigung in Budapest um die Verurteilte Lina E. angehört zu haben, die zwischen 2018 und 2020 mutmaßlich gezielte Angriffe auf Rechtsextreme verübt haben soll.

Zudem soll Tobias E. im Januar 2019 mit fünf bis sechs weiteren Personen in einer Unterführung am Bahnhof Dessau-Roßlau vier Menschen angegriffen haben, die von einer rechtsextremen Demonstration kamen. Dabei soll die Gruppe um Tobias E. gezielt unter anderem mit einem Hammer und einem sogenannten Totschläger die Rechtsextremen an den Kopfbereichen angegriffen und sie lebensgefährlich verletzt haben.

Die Verteidigerin von Tobias E., Anna Luczak, kritisierte die Festnahme in Deutschland: Der Haftbefehl beziehe sich auf denselben Vorwurf der Mitgliedschaft in einer 2018 in Deutschland gegründeten kriminellen Vereinigung, für den ihr Mandant bereits in Ungarn verurteilt sei und dort über ein Jahr in Untersuchungshaft gesessen habe.

Anwältin sieht keine Fluchtgefahr

Der Vorwurf aus dem Haftbefehl, wie etwa die Beteiligung an einer Körperverletzung im Januar 2019, beruhe auf vagen Indizien. Zudem habe sich Tobias E. seit 2019 dem Verfahren in Deutschland nie entzogen und wolle sich diesem auch weiterhin stellen. Die erneute Haft wegen angeblicher Fluchtgefahr sei daher nicht nachvollziehbar.

Der Fall Tobias E. ist Teil des Ermittlungskomplexes gegen die mutmaßliche kriminelle Vereinigung um Lina E. Im November 2024 war Johann G., ein weiteres Mitglied der Gruppe, nach vierjährigem Untertauchen in Thüringen festgenommen worden. Bereits im Mai 2023 hatte das sächsische Oberlandesgericht Lina E. und drei weitere Mitangeklagte zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Parallel dazu beginnt in München im Februar 2025 der Prozess gegen Hanna S., der vorgeworfen wird, im Februar 2023 an Angriffen auf Rechtsextreme in Budapest beteiligt gewesen zu sein. Die Organisation „Rote Hilfe“ kritisiert die Festnahmen scharf und bezeichnet sie als „staatliche Verfolgungswut“ und „Hetze auf Antifaschist*innen“. Sie fordert die Freilassung der Inhaftierten.

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11 Kommentare

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  • Keine Solidarität!Das ist einfach nur eklige Selbstjustiz.

  • Die Rote Hilfe ist nicht gut für Angeklagte "In ihrer Mitgliedszeitschrift schrieb der Verein zu dieser Praxis 2010, dass in Fällen, „bei denen es eine Distanzierung von der vorgeworfenen Tat oder eine Entschuldigung bei Polizist/-innen gab, […] in der Regel die Unterstützung abgelehnt oder gekürzt“ werde [...] Der Bundesvorstand kann den Regelsatz kürzen bzw. die Unterstützung ganz ablehnen, wenn nach umfassender Einzelfallprüfung festgestellt wird, dass es im Rahmen eines Strafverfahrens zu Aussagen oder gar zur Zusammenarbeit mit Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht gekommen ist. […] Bei Geständnissen vor Gericht und/oder Entschuldigungen für die vorgeworfene ‚Tat‘ kann der Regelsatz – nach Prüfung des Einzelfalls – gekürzt oder der Antrag auf Unterstützung abgelehnt werden" de.wikipedia.org/w...gen_f%C3%BCr_Hilfe

    Das ist nicht Hilfe. Da werden Angeklagte zu Soldaten im Kampf gegen den Staat missbraucht.

  • Wir leben halt in einem rechts Staat. Rechts ist gesellschaftsfähig, im Osten schon immer, wodurch auch das rechts System mehr und mehr das ausführen kann, wofür früher noch eine Hemmschwelle vorhanden war.

    • @Dale Earnhart:

      Mal ganz allgemein gefragt: sollten Taten von Linksextremen gegen Rechtsextreme nicht strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie gegen geltendes Recht verstoßen?

    • @Dale Earnhart:

      Nein - genau darum geht es nicht.



      Glücklicherweise geht es nicht darum was gesellschaftsfähig ist und was nicht. Wenn dies unsere Rechtsgrundlage wäre, dann gäbe es keinen Rechtsschutz für Minderheiten.



      Es geht nicht darum wer gesellschaftsfähig ist und wer nicht - vor dem Gesetz sind alle gleich und auch gleich schützenswert.

  • „Angriffe mit Totschläger auf den Kopf. Mehrfache gefährliche Lebensverletzung“.



    Man kann nur hoffen das dieser Mensch und seine Komplizen nie wieder die Chance bekommen Menschen anzugreifen.



    Zudem scheint Null Einsicht zu bestehen. Schrecklich.

  • Warum tut sich die TAZ so schwer, Verbrechen von links als das zu benennen, was sie sind: Verbrechen. Verbrechen, die bestraft werden müssen. Verbrechen, die verachtenswert sind.

    Die Gesetze gelten für alle oder sie gelten gar nicht...

  • Jegliche körperliche Gewalt ist abzulehnen, unabhängig aus welcher politischen und ideologischen Ecke etc. sie kommt. Das bei bewiesener Schuld die Straftaten auch entsprechend bestraft werden ist ein großes Plus eines Rechtstaates.

  • Verharmlosen die Rechtsanwältin und die Rote Hilfe die Taten nicht sehr?



    "Dabei soll die Gruppe um Tobias E. gezielt unter anderem mit einem Hammer und einem sogenannten Totschläger die Rechtsextremen an den Kopfbereichen angegriffen und sie lebensgefährlich verletzt haben." Das klingt nach versuchtem Mord, und scheinbar hat die Staatsanwaltschaft genügend Beweise, dass ein Richter oder eine Richterin einen Haftbefehl ausgestellt hat

  • Hammerschläge auf den Kopf und es finden sich immer noch Sympathisanten.

    Weiß man nicht mehr was man sagen soll .

  • Ein bisschen mehr Distanz täte der Autorin wahrscheinlich gut.