Angriffe auf Kurden in Syrien: Nur die Nato kann Erdoğan stoppen
Die demokratische Kurdenrepublik gerät zunehmend unter Beschuss der türkischen Armee. Doch solidarischer Protest aus dem Westen bleibt aus.
![Ein zerstörtes Fahrzeug nach einem Angriff. Ein zerstörtes Fahrzeug nach einem Angriff.](https://taz.de/picture/5933327/14/31551250-1.jpeg)
D ie derzeit viel beschworenen westlichen Werte sind schon lange keine belastbare Kategorie mehr, wenn es um den türkischen Krieg gegen die Kurden geht. Das zeigen die aktuell ausbleibenden internationalen Reaktionen einmal mehr. Seit Samstagnacht fliegt die türkische Armee Luftangriffe auf Kobanê und andere Städte in Nordostsyrien. Mindestens 35 Personen sind bisher getötet worden, darunter etliche Zivilisten.
Kampfdrohnen und Artilleriegeschütz zerstören gezielt Öl- und Gasfelder, Elektrizitätswerke. Die Bedrohung ist existenziell. Sollte es zu einer Bodenoffensive kommen, wie Erdoğan sie mehrfach angekündigt hat, dann stünde der kurdischen Bevölkerung in Nordostsyrien Flucht und Vertreibung bevor. Das Gebiet des demokratischen Autonomieprojekts würde wohl zwischen türkeinahen islamistischen Milizen und der syrischen Regierung aufgeteilt werden.
Aber auch der IS wird diese Chance für sich zu nutzen wissen. Wir erleben die Eskalation eines seit Monaten andauernden hybriden Krieges. Ende September wurden zwei medico-Partner gezielt von einer türkischen Drohne getötet. Mit allen Mitteln versucht die türkische Regierung, die demokratische Entwicklung in der Region zu bekämpfen. Der Anschlag in Istanbul, den die Türkei bis heute der PKK und PYD anlastet, dient nun als Vorwand. Dabei bestehen erhebliche Zweifel von Sicherheitsexperten. Die Ermittlungen laufen noch, und die PKK hat dementiert.
Im Juni 2023 sind Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Der Wahlkampf in der Türkei hat offensichtlich begonnen. Nur die Nato kann Erdoğan stoppen, sie handelt jedoch nicht. Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser übernimmt bei ihrem Türkeibesuch Erdoğans Terrorismusnarrativ, anstatt auf das Völkerrecht zu bestehen und die Angriffe zu verurteilen. Für die Bundesregierung sind Menschenrechte oder „feministische Außenpolitik“ scheinbar keine Grundsätze, sondern etwas, das man nach Belieben an- und ausknipsen kann. So wie es gerade passt.
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