Angriff auf Team der ZDF-„heute-show“: Abscheulich und bitter
Am 1. Mai wurde ein Team der „heute show“ angegriffen. Satiriker werden immer wieder bedroht. Der Umgang mit den Anfeindungen ist manchmal fraglich.
![Die Ausrüstung eines Kamerateams liegt auf der Straße. Die Ausrüstung eines Kamerateams liegt auf der Straße.](https://taz.de/picture/4124040/14/kamerateam-heute-show-angriff-1.jpeg)
Ein „durchaus wirklich feiger Angriff“ sei das gewesen, sagte die Berliner Polizeipräsidentin am Samstag im Radio. Auch der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands, Frank Überall, sprach von einem „feigen“ Überfall. „Feige“ ist nun wirklich das letzte Wort, das mir einfällt zu dem Angriff auf ein Reporterteam der ZDF-„heute show“ am Freitag. Aggressiv, abscheulich, brutal, es gäbe da eine Reihe von Adjektiven. Aber feige? Wie hätte denn ein „mutiger Angriff“ ausgesehen?
„Bitter“ ist noch so ein Wort, das auf diesen Angriff passt. Denn dass ausgerechnet zwei Tage vor dem internationalen Tag der Pressefreiheit in Berlin ein Fernsehteam verprügelt wird, ist besonders bitter. Am 3. Mai wird daran erinnert, dass JournalistInnen weltweit verfolgt, inhaftiert, entführt, gefoltert, ermordet werden.
Zwar arbeiten die meisten JournalistInnen in Deutschland so frei wie fast nirgends auf der Welt, aber seit Pegida und Co. drehen auch hier viele Kamerateams auf Demos nur noch in Begleitung von Sicherheitsleuten. Das ist schlimm genug. Dass die ReporterInnen aber selbst mit Security nicht sicher sind, so wie das „heute show“-Team, ist beängstigend.
Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet SatirikerInnen immer wieder hart angegangen, bedroht und sogar ermordet werden, wie die MitarbeiterInnen von Charlie Hebdo. Wie groß die Presse- und Kunstfreiheit in einer Gesellschaft ist, beweist sich vor allem dort, wo ihre Grenzen getestet werden, mit Kritik, die manche geschmacklos oder beleidigend finden.
Wer ist wichtiger als die Pressefreiheit und wer nicht?
Das erinnert an die unsägliche Debatte Anfang des Jahres, als ein rechter Mob im Namen der deutschen Oma gegen den WDR-Kinderchor hetzte. Das Video vom Lied über die Umweltsau wurde gelöscht, WDR-Intendant Tom Buhrow entschuldigte sich und fiel seiner Redaktion öffentlich in den Rücken, als er fragte, ob die KollegInnen das Lied auch getextet hätten, wenn es nicht um die Oma, sondern um den „Ali“ gegangen wäre. Ihr politisch Korrekten, sollte das heißen, seid nur politisch korrekt, wenn es um eure lieben Migranten geht.
Jetzt tauchte ein Video auf, das zeigt, dass es der WDR aber selbst mit der Korrektheit gegenüber dem „Ali“ nicht so genau nimmt, um im Buhrow-Slang zu bleiben. Ende 2018 trat die österreichische Komikerin Lisa Eckhart im WDR-Fernsehen mit vermeintlichen Witzchen auf, die so offen antisemitisch und rassistisch sind (Grenzen, siehe oben), dass man kaum glauben kann, dass das niemandem im Sender aufgefallen ist.
Auf eine Programmbeschwerde reagierte der WDR schmallippig: „Die mehrfach preisgekrönte Künstlerin erörtert die Schwierigkeiten im Umgang mit Minderheiten (…), wenn diese Personengruppen sich Verfehlungen leisten (...).“
Satire sei dazu da, Mächtige aufs Korn zu nehmen, aber nicht, um eine Generation pauschal vor den Kopf zu stoßen und die Gefühle von Menschen zu verletzen, hatte Buhrow im Umweltsau-Skandal von seinem Moderationskärtchen abgelesen. Das gilt aber offenbar nur so lange, wie die Oma keine Jüdin oder Schwarze ist.
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