Angriff auf Minderheit in Pakistan: Christen fürchten um ihr Leben
Eine angebliche Entweihung des Koran in Pakistan führt zu Ausschreitungen gegen Christen. Die Polizei erstattet Anzeige gegen christliche Anwohner.
Wie lokale Medien auf Urdu berichteten, hatten Moscheeprediger zwei junge Männer beschuldigt, die heilige Schrift des Islam entweiht zu haben. Daraufhin kam es zu Ausschreitungen, die durch soziale Medien angeheizt wurden. Videos im Netz zeigen, wie Männer Gebäude zerstören und Kreuze von Kirchen reißen. Der bewaffnete Mob forderte die Übergabe der Beschuldigten, die nicht auffindbar waren. Bewohner:innen flohen aus dem Viertel.
„Wir rufen nach Gerechtigkeit und Maßnahmen seitens der Strafverfolgungsbehörden“, sagte Bischof Azad Marshall. „Bibeln wurden geschändet, Christ:innen gefoltert und schikaniert, da sie fälschlicherweise beschuldigt wurden“, so das Oberhaupt der evangelischen „Kirche von Pakistan“. Das Leben von Christ:innen sei „wertvoll“. In Zusammenhang mit den Ausschreitungen wurden 100 Personen festgenommen. Paramilitärs wurden eingesetzt.
Politiker verurteilen die Gewalt gegen Christen
Politiker:innen von allen Seiten des politischen Spektrums Pakistans äußerten sich betroffen über die Gewalttaten. Selbst Vertreter der islamistischen Jamaat-e-Islami verurteilten die Übergriffe. Auch das US-Außenministerium verurteilte die Tat und forderte Aufklärung: Die USA unterstützten die freie Meinungsäußerung, aber „Gewalt oder die Androhung von Gewalt ist niemals eine akzeptable Form der Meinungsäußerung“, hieß es.
Akmal Bhatti, Vorsitzender der Minorities Alliance Pakistan, sagte, der Mob habe die Blasphemiegesetze benutzt, um das Niederbrennen von Privathäusern Unschuldiger zu rechtfertigen. Die lokalen Behörden hätten es versäumt, Leben und Eigentum der christlichen Bewohner:innen zu schützen.
Angriffe auf die christliche Minderheit sind in Pakistan keine Seltenheit. Christ:innen stellen weniger als zwei Prozent der Bevölkerung und leben meist in prekären Verhältnissen. Immer wieder kommt es zu Übergriffen, die meist nur wenig mediale Aufmerksamkeit erhalten. Nach Angaben der NGO Centre for Social Justice (CSJ) wurden in der islamischen Republik seit 1987 mehr als 2.000 Menschen der Gotteslästerung beschuldigt und mindestens 88 Personen aufgrund dieser Anschuldigungen getötet. Von staatlicher Seite wurde bisher kein Todesurteil wegen Blasphemie vollstreckt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?