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Angriff auf Bremer MoscheeDer Koran im Klo

Unbekannte Täter zerstörten am vergangenen Wochenende rund 50 Korane in der Bremer Rahma-Moschee. Der Staatsschutz ermittelt.

Angriff auf den gesellschaftlichen Frieden: Geschändete Korane in der Bremer Rahma-Moschee Foto: Schura

Bremen taz | Auf den Fotos vom Tatort sind ganze Berge zerfetzter Korane zu sehen, einige wurden wüst in eine Toilette gestopft. Am vergangenen Samstag zerstörten ein oder mehrere Unbekannte rund 50 der für Muslime heiligen Bücher in der Rahma-Moschee in der Bremer Bahnhofsvorstadt. Die Tat ereignete sich am späten Nachmittag zu den regulären Öffnungszeiten des Gotteshauses. Vertreter der Politik verurteilten die Angriffe aufs Schärfste. Der „Zentralrat der Muslime in Deutschland“(ZMD), sieht den Anschlag als ein Zeichen steigender Gewaltbereitschaft gegen Muslime.

Aiman Mazyek, der Vorsitzende des ZMD, verurteilte die Tat. Sie ziele klar darauf ab, „die Spirale von Hass und Gewalt gegen Muslime und ihre Moscheen sowie allgemein gegen ihre Religion weiter anzutreiben“.

Auch in einer Presseerklärung der „Schura – islamische Religionsgemeinschaft Bremen“ wird der Angriff auf die Bremer Moschee als abscheulich und widerwärtig gebrandmarkt. Außerdem befürchtet der Verein, dass die Täter auch bereit gewesen seien müssten, Personen anzugreifen. Schließlich mussten sie damit rechnen, von Gemeindebesuchern entdeckt zu werden.

Die Polizei spricht derweil lediglich von Sachbeschädigung und sucht noch nach Zeugen. Wer am vergangenen Samstag zwischen 14 und 16 Uhr etwas Verdächtiges in der Löningstraße beobachtet hat, solle sich beim Kriminaldauerdienst melden. Immerhin ermittelt der Staatsschutz der Bremer Polizei und prüft ob ein religiös oder politisch motivierter Hintergrund vorliegt.

Wir werden weiterhin in unseren beiden weltoffenen Städten Menschenfeindlichkeit in all ihren Erscheinungsformen bekämpfen

Carsten Sieling, Bürgermeister (SPD)

Die Schura zeigt sich wegen der Häufung der Angriffe auf Muslime besorgt. Erst vor rund anderthalb Wochen war ein Jugendlicher und sein Begleiter in einer Bremer Straßenbahn von einem 27-Jährigen zunächst islamfeindlich beleidigt und schließlich mit einem Messer am Hals verletzt worden. Der Täter ist mittlerweile gefasst und geständig. Er wurde in einer Psychiatrie untergebracht.

Mazyek sieht in den Angriffen auf Muslime auch schwere Attacken auf den gesellschaftlichen Frieden und Zusammenhalt. Mazyek findet, alle müssten begreifen und es auch bei Angriffen auf Muslime und ihre Moscheen öffentlich und laut artikulieren: „Es ist ein Angriff auf uns alle!“ Die Bezeichnung „Sachbeschädigung“ durch die Bremer Polizei, bagatellisiere den Vorfall. Stattdessen fordert der ZMD intensive Ermittlungen und „die Ahndung dieser Taten als gefährliche Staatsschutzstraftat“, durch die Bremer Polizei und den Innensenator Ulrich Mäurer (SPD).

Der Bremer Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) verurteilte am Dienstag die antimuslimischen Attacken und versprach, alles für eine Aufklärung zu tun: „Unsere Sicherheitsbehörden arbeiten mit Hochdruck an beiden Fällen. Wir werden weiterhin in unseren beiden weltoffenen Städten Menschenfeindlichkeit in all ihren Erscheinungsformen bekämpfen.“

Schura und der ZMD bekräftigen vor dem Hintergrund antimuslimischer Attacken ihre Forderung nach polizeilichem Schutz für Moscheen. Mayzek fordert weiterhin die Einführung des Amtes eines Beauftragten zur Muslimfeindlichkeit, analog zu dem Amt des Antisemitismus-Beauftragten.

Das Amt des „Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus“ wurde im vergangenen Jahr geschaffen. Dieser soll Maßnahmen der Bundesregierung gegen Antisemitismus koordinieren und als Ansprechpartner für jüdische Gruppen fungieren. Das Amt wurde als Folge antisemitischer Straftaten in Deutschland eingeführt.

Eine solche Debatte gibt es auch über Muslim-Hass. Eine Notwendigkeit für einen Beauftragten für Muslimfeindlichkeit sah die Bundesregierung bisher aber nicht. Die Zahl der islamfeindlichen Straftaten ist zwischen 2017 und 2018 von 1.075 auf 910 gesunken. Das belegen Zahlen des Bundesinnenministers Horst Seehofer. Der Minister beklagte hingegen den Anstieg antisemitischer Straftaten 2018 gegenüber 2017 um etwa 20 Prozent auf 1.799. Die Zahl rassistisch motivierter Übergriffe ist um 425 Fälle auf 1.725 gestiegen.

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5 Kommentare

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  • Was die Statistik angeht, werden weder alle antimuslimischen noch alle antijüdischen Straftaten zur Anzeige gebracht. Das sollten die Betroffenen unbedingt vermehrt tun. Ansonsten sollten sie sich zusammenschließen. Die Hetze ist die selbe. Gleichzeitig würde man sich gegenseitig in Ruhe lassen.

  • 9G
    95692 (Profil gelöscht)

    nicht "der Angriff auf die Bremer Moschee" ist "abscheulich und widerwärtig" sondern die Religion als solches, egal welche ! Ist es denn schon soweit, das die linke eine menschen-, frauenfeindlich und represive Religion verteitigt ? OK, jeder hat das Recht seinem "Gott" einen Tempel zu bauen sagt Bakunin, aber muß ich deshalb eine Schrift verteidigen, die jenseits aller Toleranz den Krieg als heilig und die Frau als unrein definiert? Um nicht falsch verstanden zu werde: Ich meine die Religion als solches, nicht die Opfer die nach einer erfolgreichen Gehirnwäsche an "sie " glauben.

  • Im Artikel heißt es: "Die Zahl der islamfeindlichen Straftaten ist zwischen 2017 und 2018 von 1.075 auf 910 gesunken. Das belegen Zahlen des Bundesinnenministers Horst Seehofer. Der Minister beklagte hingegen den Anstieg antisemitischer Straftaten 2018 gegenüber 2017 um etwa 20 Prozent auf 1.799."

    Die Anzahl der antisemitischen Straftaten lag also 2018 fast doppelt so hoch wie die Anzahl der islamfeindlichen. Unter Berücksichtigung des weiteren Umstands, dass es in Deutschland über 4 Mio. Muslime, aber nur ca. 200.000 Juden gibt, ist das Verhältnis antisemitischer zu antiislamischen Straftaten etwa 40 zu 1. Dies zeigt, dass die Bundesregierung mit ihrer Einschätzung Recht hat.

    • @Budzylein:

      Alles zu viel, Budzylein

  • Findet in der Gesellschaft nun ein Wettbewerb statt, der testen soll , welche religöse Verachtung leichter akzeptiert wird? Die gegen Muslime oder die gegen Juden? scheinbar ist Religion noch immer ein beliebter Sandkasten, auf dem Hasserspielplatz.