Angekündigter US-Truppenabzug: Eine Sorge weniger
Sollten die USA tatsächlich Truppen aus Deutschland abziehen, könnte das für die Bundesregierung Grund zur Erleichterung sein.
S ollten die USA tatsächlich mehr als ein Viertel ihrer in Deutschland stationierten Truppen abziehen: Es gäbe gute Gründe, begeistert zu sein. Selbst für Leute, die es prinzipiell begrüßen, dass die Vereinigten Staaten im Rahmen der Nato die Rolle einer Schutzmacht in Europa übernehmen.
Es besteht ein großer Unterschied zwischen einer solchen allgemeinen Bündnisverpflichtung – an der kein Truppenabzug etwas ändert – und der Bedeutung, die einzelne Stützpunkte haben. Seit Jahren ist Deutschland europäischer Dreh-und Angelpunkt für US-Militäroperationen in Afrika und dem Mittleren Osten, bei denen immer wieder das Völkerrecht gebrochen wird. Das sieht jedenfalls das Oberverwaltungsgericht Münster so. Es hat im vergangenen Jahr entschieden: Die Bundesregierung muss aktiv dafür sorgen, dass sich die USA bei Aktivitäten auf deren Basis in Ramstein an das Völkerrecht halten. Dieser Stützpunkt ist von zentraler Bedeutung für den Drohnenkrieg, beispielsweise im Jemen. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig – die Bundesregierung hat Revision dagegen eingelegt –, aber sollte es dahin kommen: dann viel Vergnügen bei der Umsetzung.
Es ist offen, ob tatsächlich Truppen aus Deutschland abgezogen werden. US-Militärexperten warnen dringend vor einem solchen Schritt. Verständlicherweise. Nachvollziehbar ist auch, dass die Nato insgesamt besorgt ist. Aber die Bundesregierung wäre, wenn es denn zu einem Abzug käme, möglicherweise eine große Sorge los. Und könnte einen ganz leisen, diskreten Seufzer der Erleichterung ausstoßen – der allerdings davon abhinge, wie sich die verbliebenen US-Truppen organisierten.
Donald Trump scheint zu glauben, die Stationierung von US-Truppen sei eine Art Geschenk für undankbare Europäer – vor allem Deutsche –, die nicht bereit sind, ihren aus seiner Sicht „gerechten“ Anteil an Militärkosten zu übernehmen. Er irrt. Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten in Deutschland dienen inzwischen vor allem deren nationalstaatlichen Interessen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg
Jugend im Wahlkampf
Schluss mit dem Generationengelaber!
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt