Amtseinführung des US-Präsidenten: Freiheit auf Spanisch

Kitsch ist schön und gut. Aber kaum eine Inaugurationsfeier in den USA war so versöhnlich und inklusiv wie die von Joe Biden.

Jennifer Lopez singt voller Innbrunst

Setzt ein Zeichen für Vielfalt: Jennifer Lopez bei ihrem Auftritt zur Amtseinführung Foto: Carolyn Kaster/ap

Mitten in ihrer Version des Woody-Guthrie-Folkklassikers „This Land Is Your Land“ setzt Popstar Jennifer Lopez ein Zeichen. „Eine Nation unter Gott, unteilbar, mit Freiheit und Gerechtigkeit für alle“, lauten die Worte der Sängerin übersetzt. Es ist der erste Satz der „Pledge of Allegiance“: der Treueschwur auf Nation und Einheit, der etwa zum Morgenritual in US-Schulen gehört. Das Besondere: Die Sängerin sagt diese Worte am Mittwoch auf der Tribüne vor dem Kapitol auf Spanisch – der Sprache lateinamerikanischer Ein­wan­de­r:innen. Auch Lopez ist Tochter puertoricanischer Ein­wan­de­r:in­nen.

Kitsch gehört zum Ritual jeder Amtseinführungsfeier in den USA. Dieses Mal wirkte alles noch ein bisschen eindringlicher und zugleich versöhnlicher, inklusiver als sonst. Das Rührselige entfaltete sich ungehindert, was angesichts der tumultuösen letzten Wochen nicht verwunderlich ist. Im Showbusiness sind die USA weiterhin eine Supermacht.

Die Auswahl der Stars, die abwechselnd Songs performten, war handverlesen: Etwa R&B-Sänger John Legend, der Nina Simones Evergreen „Feeling Good“ interpretierte. Allein sein A-cappella-Einstieg war schon eine Verheißung auf bessere Zeiten, daran konnte auch die eher gewöhnliche Bigbandbegleitung nicht rütteln. Glamour mischte sich mit altmodischem Zeremoniell.

Ein Elitesoldat führte, den Arm untergehakt, Lady Gaga die Treppe zur Präsidentenloge hinunter: Dort sang sie die US-Nationalhymne, und das tat sie natürlich auch für die LGBT-Gemeinde, für deren Belange sich Lady Gaga traditionell einsetzt.

Punk auf Regierungsebene

Etwas später hatte dann Gospelsängerin Yolanda Adams in der Dämmerung vor dem Lincoln-Memorial ihren großen Auftritt: Ihre ergreifende Version von „Halleluja“ sang sie zum Andenken an die 400.000 Amerikaner:innen, die dem Covid-Virus zum Opfer gefallen sind. Countrystar Garth Brooks versuchte sich an „Amazing Grace“.

Für die letzte Strophe wollte er die Festgäste zum Mitsingen animieren: Viel drang nicht durch die Mundschutzmasken. Stärker wird der Mittwoch ohnehin in Erinnerung bleiben, als Tag, an dem Punk auf US-Regierungsebene kam: Dave Grohl von den Foo Fighters sang „Times Like These“ und widmete den Song allen Lehrer:innen, die trotz Lockdown die Kinder weiterbilden.

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Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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