Amtsantritt von Gabriel Boric: Neue Ära in Chile
An den jungen linken Staatspräsidenten knüpfen viele Menschen große Hoffnungen. Sie alle zu erfüllen, wird keine leichte Aufgabe für ihn werden.
M it Tränen, Jubelrufen und Applaus erwarteten Hunderte Fans den neuen Präsidenten Chiles am Samstagabend vor seiner Haustür, um ein Selfie mit ihm zu machen oder ihm Geschenke und Briefe zu übergeben. Es ist das erste Mal, dass ein Staatschef in einem Arbeiter:innenviertel im Stadtzentrum von Santiago lebt, anstatt in einer abgeschotteten Villa. Und das ist nur eines von vielen Neuheiten, mit denen Gabriel Boric seine Amtszeit als Präsident einläutet.
Vor seiner Antrittsrede verbeugte er sich vor der Statue des sozialistischen Präsidenten Salvador Allende, der 1973 beim Putsch ums Leben kam, als das Militär den Regierungspalast La Moneda bombardierte. „Nie wieder darf sich das in unserer Geschichte wiederholen“, sagte Boric. Tausende Menschen in allen Altersklassen jubelten ihm zu. Mit bunten Fahnen, Boric-T-Shirts und Plakaten waren sie zum Regierungsgebäude gekommen, um dem neuen Präsidenten zu lauschen.
„Boric, mein Freund, das Volk ist bei dir“, riefen sie. Die Reaktionen bei der Antrittsrede ähnelten denen des Publikums bei einem Rockkonzert – Kreischen inklusive. Straßenverkäufer boten sogar Boric-Puppen an. „All meine Hoffnung ist bei dir, Präsident“, las man auf dem Plakat einer Frau im Publikum. Der neue Präsident steht für einen Zeitenwechsel: Sein Kabinett besteht mehrheitlich aus Frauen und er will vom neoliberalen Kurs der letzten Jahrzehnte abkehren. „Nie wieder“, sagt Boric mehrfach in seiner Rede.
Die Hoffnungen, die die Menschen in den neuen Präsidenten setzen, sind riesig. Und Boric hat viel versprochen: soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz, Frauenrechte. Aber all die Erwartungen zu erfüllen, wird keine leichte Aufgabe sein. Der jüngste Präsident Chiles übernimmt die Regierung inmitten einer Pandemie, einer wirtschaftlichen Rezession und einer sich zuspitzenden Klimakrise. Und er hat keine Mehrheit im Parlament.
Die Indigenen erwarten Landrückgaben, die Student:innen kostenlose Bildung, die Arbeiter:innen höhere Löhne. Sie alle setzen große Hoffnungen auf den Mann aus dem Volk, der jetzt ganz oben steht.
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