Amnesty zur Asylpolitik der Türkei: Anbau an die Festung Europa
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty hat schwere Vorwürfe gegen die Türkei erhoben. Das Land schiebe Flüchtlinge einfach ins Bürgerkriegsland Syrien ab.
Das EU-Abkommen sieht vor, dass die Türkei jegliche auf griechischen Inseln angelandete Migranten und Flüchtlinge aus Syrien zurücknimmt. Dafür hat sich die Europäische Union verpflichtet, für jeden Zurückgebrachten einen syrischen Bürgerkriegsflüchtling aufzunehmen. Ankara erhält zudem von der EU Geld für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. Am 4. April soll der Pakt voll in Kraft treten.
Menschenrechtsgruppen treibt jedoch die Sorge um, dass der Deal die Rechte von Asylsuchenden beschneiden könnte. Zudem steht die Frage im Raum, ob die Türkei für die Menschen sicher ist.
John Dalhuisen, Amnesty-Direktor für Europa und Zentralasien, äußerte auch scharfe Kritik an der EU. Diese sei „nicht nur weit davon entfernt, die Türkei zur Verbesserung des Schutzes“ von syrischen Flüchtlingen zu drängen, sondern schaffe „tatsächlich Anreize für das Gegenteil“, monierte er. „Nachdem wir die Schaffung der Festung Europa bezeugt haben, erleben wir nun den Nachahmungsbau der Festung Türkei.“
In der Anfangszeit des Syrien-Konflikts konnten Syrer mit Pässen noch über reguläre Grenzposten in die Türkei einreisen. Selbst jene, die illegal in das Nachbarland gelangten, konnten sich später bei den Behörden registrieren lassen. Inzwischen lässt die Türkei nur noch Flüchtlinge einreisen, die dringend medizinische Hilfe benötigen. Laut Amnesty haben die Behörden auch die Registrierung von Syrern in den südlichen türkischen Provinzen zurückgefahren. Dadurch werde es ihnen unmöglich gemacht, grundlegende Dienste in Anspruch zu nehmen.
Im Umkreis von 20 Kilometern von der türkischen Grenze sollen sich laut Schätzungen 200.000 vertriebene Syrer aufhalten. Verschärfte Grenzkontrollen und neue Visabestimmungen trieben Syrer zudem in die Arme von Schmugglern, die durchschnittlich 1.000 Dollar (rund 880 Euro) pro Grenzübertritt verlangten, berichtete Amnesty.
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