America first, Germany second: Deutschland bewirbt sich
Jan Böhmermann wirbt bei Trump für Deutschland. Das Kernargument: zwei gewonnene Weltkriege und Erfahrung beim Mauerbau.
Das Neo Magazin Royale ist zurück aus der Winterpause. Natürlich widmet sich Moderator und frisch mit dem Grimme-Preis ausgezeichneter Hofnarr des ZDF, Jan Böhmermann, dem in den Medien seit Wochen dauerpräsenten Thema Donald Trump. Dabei präsentiert er auch ein Video, über das man herzlich lachen kann, das aber den Beigeschmack von Abklatsch mit sich bringt: Es wirkt wie eine Kopie des Internetvideos „The Netherlands welcomes Trump in his own words“, das eine niederländische Produktionsfirma bereits am 23. Januar auf Youtube veröffentlichte.
Fast 17 Millionen Aufrufe hatte das niederländische Bewerbungsvideo an US-Präsident Donald Trump allein bis zum 3. Feburar. Unterwürfig baten sie da um Beachtung: „America first, the Netherlands second“. Die Argumente der Niederländer könnten – zumindest aus Trumps Sicht – nachvollziehbar sein: Holländisch sei die beste Sprache der Welt und Deutsch nur eine Fake-Sprache, die nicht existiere. Außerdem hätten die Niederländer einen ganzen Ozean gebaut, um sich vor Mexikanern zu schützen und diese hätten dafür gezahlt. Und man habe auch die beleidigendste und rassistischste Tradition der Welt, das Blackfacing zu Nikolaus.
Das Video Böhmermanns wirkt daneben wenig innovativ. Das gibt er aber auch selber zu und erklärt, was es damit genau auf sich hat. Einige der großen Late-Night-Shows Europas haben sich nach dem Coup der Niederländer mit ihnen zusammengetan. Unter everysecondcounts.eu veröffentlichen sie Bewerbungsvideos ihrer eigenen Länder, um sich bei Trump „beliebt“ zu machen. Die Seite ist so beliebt, dass sie am Freitagmorgen teilweise nicht erreichbar war, was der Twitteraccount des Projektes allerdings als Fake-News bezeichnet.
Die deutsche Bewerbung sieht dann in etwa so aus: Lieber Trump, hör nicht auf die Niederländer, sie sind böse und haben Rudi Völler die Frisur versaut. Außerdem haben wir die beste Kultur der Welt (die Lombardis und die Wiesn) und FKK („Pussies everywhere, so great!“). Auch wir hatten mal einen großartigen Politiker, einen Bestseller-Autor, den die Medien liebten und der Deutschland wieder „great“ machte. Wir haben die zwei besten Weltkriege der Welt ausgerichtet – und gewonnen (wer anderes behauptet, ist Fake News). Und wir haben eine Mauer gebaut, für die nicht wir, sondern die Russen gezahlt haben und bei deren Fall wir alle sehr weinen mussten.
Empfohlener externer Inhalt
Neben den Niederlanden und Deutschland sind auch andere Länder auf der Seite mit Videos vertreten und präsentieren sich von ihrer besten Seite: Die Schweiz („Das sexieste Land Europas. Schau dir nur diese berge an“), Portugal („Unser Gründungsvater hat die Araber von hier vertrieben, damit wir her können“), Belgien („Wir haben riesige Bälle“ – Blick auf das Atomium) und Dänemark („Unsere Windräder können zur Ölförderung umgebaut werden“).
Für die nächsten Tage werden auch noch Bewerbungen aus Österreich, Littauen, Spanien, Estland und Island erwartet. Die Entscheidung, welche Land nun zweiter werden soll, dürfte Trump sicher schwer fallen. Gute Argumente haben sie alle.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch