Alltag in Russland während des Kriegs: Gleiche Pommes, anderer Name
Wegen der Sanktionen gegen Russland heißt McDonald's in St.Petersburg jetzt „Lecker und Punkt“. Aus rechtlichen Gründen gibt es nun anderes Fast Food.
Hast du schon gehört, wie McDonald’s jetzt heißt?“ Die Kollegin am Nachbartisch hat gerade die Nachricht gelesen und verschluckt sich fast vor Lachen. Der neue Name kam am Vorabend der Neueröffnung. Zuerst dachte ich, das sei ein Fake. Kein Marketingexperte würde dem Namen „Lecker und Punkt“ zustimmen.
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Über den Namen der russischen Kette ergießt sich tonnenweise Spott und Hohn. „Lecker und Punkt“ klingt nicht einfach nur lang und umständlich, sondern auch bedrohlich. Man kann nicht umhin, Angst vor einer Geldstrafe zu bekommen für die Diskreditierung einheimischen Fast Foods, wenn es einem nicht schmeckt. Das Essen ist übrigens das Gleiche geblieben. Dieselben Lieferanten, dieselbe Rezeptur, die gleichen Cheeseburger und Pommes. Und die wichtigste Botschaft der Marketing-Kampagne der neuen Kette ist dann auch: „Wir haben uns gar nicht verändert.“ „Der Name ändert sich, die Liebe bleibt“, sagt ein Plakat.
Big Mac und Big Tasty zum Beispiel sind wegen der Soße verschwunden, auf die McDonald’s ein Patent hat. Softdrinks in Bechern sind auch weg – weil es Coca-Cola in Russland nicht mehr gibt. Und das Softeis McFlurry gibt es nicht mehr, weil die russische Kette die Maschinen nicht benutzen darf, mit denen man es herstellt. Die Papierverpackung ist bislang noch ohne Aufdruck. Die Vitrine mit dem Spielzeug, was es zu den Happy Meals dazugab, ist ebenfalls noch leer. Und mit den Soßen ist es auch lustig: die Verpackungen sind dieselben wie früher, aber der Aufdruck „McDonald’s“ ist auf jedem Deckel von Hand mit einem schwarzen Stift übermalt worden.
20 Millionen Gäste in den ersten Tagen
ist Journalistin und Videoproduzentin. Sie lebt und arbeitet in St. Petersburg.
Die Preise sind nach der Wiedereröffnung ein bisschen gestiegen – ungefähr um 10 Prozent. Aber wenn man den allgemeinen Preisanstieg bei Lebensmitteln beobachtet, scheint das normal zu sein. An den ersten Tagen nach der Eröffnung einiger dieser Fastfood-Restaurants gab es lange Schlangen. Die einen hatten einfach Sehnsucht, andere waren aus Neugier gekommen. In den ersten 30 Tagen seit der Einführung der neuen Kette kamen 20 Millionen Gäste. Und dabei war bislang nur ein Drittel aller ehemaliger Restaurants wieder aufgemacht worden.
Zum Vergleich: Im Jahr 2019 hatte McDonald’s in Russland täglich 1,5 Millionen Gäste. Natürlich hat die hohe Besucherzahl von „Lecker und Punkt“ ihren Grund in der langjährigen Popularität von „Mäcces“. Wie es dort weitergeht wird sich zeigen. Aber eines kann man schon jetzt sicher sagen: Die Neuerungen werden noch lange für Unmut und Unzufriedenheit sorgen. Denn für Russen war McDonald’s 32 Jahre lang nie ein minderwertiges Lokal. Hierher kam man nicht nur für einfaches und vertrautes Essen, sondern seltsamerweise auch für die Atmosphäre und das Gefühl, Teil der globalen Welt zu sein. Das ist natürlich Quatsch, aber irgendwie auch traurig. Und Punkt.
Aus dem Russischen von Gaby Coldewey
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