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Weidel gegen WindkraftAuch ökonomisch dumm

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Mit ihrem Hass auf Windräder bedient die AfD-Chefin Ressentiments. Fast noch schlimmer ist: Sie könnte bei dem Thema den Takt vorgeben.

Windkraft ist eines der großen Kulturkampf­themen der extremen Rechten Foto: photo2000/imago

E s ist so grotesk wie abstoßend. Als „Windmühlen der Schande“ bezeichnet AfD-Frontfrau Alice Weidel allen Ernstes Windräder zur Stromerzeugung, und das ganz bewusst in Anlehnung an die Bezeichnung ihres faschistischen Parteifreundes Björn Höcke für das Holocaustdenkmal. Jetzt fühlt sich Weidel mal wieder missverstanden: Beim Parteitag der AfD hatte sie angekündigt, alle Windräder würden abgerissen, wenn die Partei „ans Ruder“ komme. Später behauptete sie, das gar nicht so gemeint zu haben, weil das nur für jene gelten solle, die im hessischen Reinhardswald entstehen würden. Wie üblich: Die Hass- und Hetzbotschaft gegen die ökologische Stromerzeugung ist gesetzt.

Windkraft ist eines der großen Kulturkampf­themen der extremen Rechten. Sie machen mobil gegen den „Zappelstrom“, gegen die vermeintliche Verschandelung der Landschaft – gegen die Weidel und Co. im Fall eines Autobahnbaus in der Regel nichts haben. Windräder sind nicht nur unverzichtbar für eine CO2-neutrale Stromerzeugung. Sie stehen auch für den Abschied vom fossilen Zeitalter, für ökologische Modernität, für den Kampf gegen die Klimakrise. Schon deshalb sind sie für die AfD und ihre An­hän­ge­r:in­nen Hassobjekte. Nach Angaben der Bundesnetzagentur stammte 2024 fast ein Drittel der deutschen Stromerzeugung aus Windenergie.

Wer anfängt, die Anlagen abzureißen, würde als Allererstes dafür sorgen, dass die Strompreise explodieren. Das weiß auch die Ökonomin Weidel. Ganz abgesehen davon, dass vor einem staatlich verordneten Windrad-Abbruch die Enteignung steht – was für die ultraneoliberale AfD keine Kleinigkeit ist.

Es droht ein Desaster

taz Themenwoche Klima

Im Wahlkampf spielt die Klimakrise keine große Rolle. Dabei schreitet die Erderhitzung weiter voran. Die taz schaut in dieser Woche dahin, wo es brennt. Alle Texte zum Thema finden Sie hier.

Wie beim Thema Migration greift die AfD mit ihren Attacken auf die Windenergie Ressentiments in der Gesellschaft auf, verzerrt und radikalisiert sie. Weil SPD, Union, FDP und auch Grüne dem in der Asylpolitik in weiten Teilen folgen, ist aus einem Land mit Anspruch auf Weltoffenheit eines der Hil­fe­ver­wei­ge­re­r:in­nen geworden. Wenn die AfD auch beim Thema Windenergie den Ton vorgibt, sieht es für die Energiewende schlecht aus. Die Auslassungen von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz zur „Übergangstechnologie“ Windenergie lassen Schlimmes befürchten. Von notorischen Windkraftskeptikern wie CSU-Chef Markus Söder gar nicht zu sprechen.

Um die Energiewende auszubremsen, muss kein Windrad abgerissen werden. Es reicht, den Neubau zu erschweren, statt den Weg des grünen Bundeswirtschaftsministers fortzusetzen und zu erleichtern. Das wäre ein Desaster. Die Folge wäre eine Renaissance des Fossilen und die Befeuerung der Klimakrise – und ein Hochschnellen des Strompreises.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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21 Kommentare

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  • Vielleicht sollte man von der AfD berichten wie von dem Gelabber bei einem Saufgelage.

    Gar nicht.

    • @petross:

      Sowas wollen Musk und Zuckerberg auch. Ungemütliches unkommentiert lassen. Progressive Strategien dagegen werden von ki-gestützten Algorithmen wegmoderiert.

      Leider ist die Realität, Nazis unkommentiert machen zu lassen, sie nur noch mehr stärkt, weil es zu einem sicheren Hafen führt, der nicht geahndet wird.

  • Ja, das ist Quatsch!



    Das ist ja nichts Neues bei einer Partei, die besser kleingeschrieben sein soll und deren eigener Anspruch in Ironie gesetzt werden muss.



    Die "afd" erinnert, zeitgemäß, an einen Büttenredner meiner Kindheit, der für die "Blaue Partei" warb.



    Inhaltlich ist mir nichts erinnerlich, jedoch sind die Worte eines Betrunkenen ähnlich intelligent, wie Weidels Inhalte.



    Schließlich wäre die "Remigration" das Gegenteil von dem, was unsere Wirtschaft braucht, nämlich ArbeiterInnen.



    Ein paar Freigestellte aus der Automobilindustrie können die Verrentung der BoomerInnen nicht relativieren.



    Natürlich wäre der kulturelle Verlust ebenfalls tragisch. Wenn bekanntermaßen Nazis heute schon heimlich Döner essen müssen, was machen sie, wenn auch die Mafiatorte vom Speisezettel verschwinden würde?



    Pommes? die kommen doch aus Südamerika, wie Andere Zuwanderer. Das Schimpfwort "Kartoffel", für "Biodeutsche", trägt somit schon den Fehler in sich.



    Wenn wir, beim ortsüblichen, germanischen Hirsebrei siitzen geblieben sein werden,



    kann Alice sagen:" ich esse meine Suppe nicht" worauf der Chor antwortet: " das hast Du Dir selbst eingebrockt!"

  • Zitat: "... Wer anfängt, die Anlagen abzureißen, würde als Allererstes dafür sorgen, dass die Strompreise explodieren. ..."

    Ja, und?

    Zitat: "... Das weiß auch die Ökonomin Weidel. ..."

    Und genau deshalb: www.zeit.de/politi...lichkeit-migration

    Oder ist das schon wieder vergessen?

    Zitat: "Ganz abgesehen davon, dass vor einem staatlich verordneten Windrad-Abbruch die Enteignung steht – was für die ultraneoliberale AfD keine Kleinigkeit ist."

    Und wen würde sie denn entgeignen? Das eigene Klientel ist nicht in Windkraft investiert, ganz sicher nicht. Also ... Und mit Enteignungen hatte man in den Dreißigern schon gute Erfahrungen gemacht.

  • Offensive Ignoranz ist das Markenzeichen der Hasspredigerin. Wenn ich lese, dass sie die Windkraftanlagen im im hessischen Reinhardswald, dem mythischen Märchenwald in Nordhessen, für den sich jetzt auch faschistische "Waldschützer" aus dem Osten interessieren, entfernen lassen möchte, dann empfehle ich mal aus Richtung Süden durch den Märchenwald zu fahren. Da kann man sich mal ansehen, was Klimawandel so im Wald anrichtet.



    Wenn Weidel erst Höckes Vizediktatorin ist, dann verbietet die den Klimawandel und lässt die Wüste ergrünen.

  • Weidel will wie Wagenknecht nur gewinnen. Der Preis spielt keine Rolle. Bezahlen müssen das dann ja sowieso andere.

    • @vieldenker:

      Weidel will wie Wagenknecht nur gewinnen....



      ----



      In Deiner Aufzählung fehlen noch zwei, der Fritz & der Makus!



      Es scheint "zu Vielen" egal zu sein was mit DE passiert. Hauptsache ICH gewinne!" :-(



      Ps. UND DAS scheint sich nicht nur auf Politik zu beschränken, wenn ich mich mal im Alltag umsehe! :-(

  • Mir wäre neu, dass Wind- und Sonnenstrom für niedrige Energiepreise sorgen. Das Gegenteil ist der Fall. Nur die garantieren Strompreise, sprich die EEG sorgen dafür, dass sich Investitionen überhaupt lohnen.

    • @Mouse:

      Wind- und Solaranlagen machen aber auch keine Strompreise - die machen Markt und Politik.

      Erdgas & Dampf, Biomasse, Kohle sind jedenfalls die teuersten Arten der Stromerzeugung und im Vergleich zu Wind und Sonne, mehr als doppelt so teuer.

      www.tech-for-future.de/kosten-kwh/

    • @Mouse:

      Da hat aberjemand nicht gut aufgepasst, oder??

  • "Windräder sind nicht nur unverzichtbar für eine CO2-neutrale Stromerzeugung. Sie stehen auch für den Abschied vom fossilen Zeitalter (...)"

    Beides falsch. Erstens kann man sehr gut auch ohne Windräder CO2-neutral Strom erzeugen. Zweitens brauchen Windräder backup, und das ist in absehbarer Zukunft fossil. Der Neubau von Gaskraftwerken in Deutschland und Kohlekraftwerken in China geschieht Hand in Hand mit dem Ausbau der Windkraft, das gehört zusammen, und ist genau kein Abschied vom fossilen Zeitalter.

    • @Descartes:

      Mmtja, nicht ganz: Solar hat ja eine deutliche Kurve, und solange wir unseren Verbrauch nicht parallel zur Sonneneinstrahlung hinbekommen, ist da ein Backup wie Kraftwerk, Batterie, chemische Speicherung, ... sehr sinnvoll.



      Windkraftwerke puffern das sogar schon etwas, weil der Wind pfeift, auch wenn keine Sonne scheint, sogar etwas mehr im Schnitt, auch in den Wintermonaten.



      Von beidem richtig viel bauen, dass Abregeln einen Großteil der Last regeln kann. Und dafür mussten wir Erneuerbare entfesseln.



      Starre unflexible Großkraftwerke dabei hingegen passen nicht, was das Aus für Braunkohle und Atom war/wird, endlich.

    • @Descartes:

      Och, es gibt da durchaus Möglichkeiten, z.B. umweltfreundliche Natrium-Ionen-Akkus im großen Stil und wiederaufladbare Kalkheizungen keine Alternative zu den Fossilen als Backup. Beides könnte man kurz- und mittelfristig durchaus auf die Beine stellen.

  • Gute Güte wieviel Zeit wir so mit dem Blödsinn der Anderen vergeuden..

    Muss man wirklich über jedes Stöckchen springen was einem die rechten Chaoten so hinhalten.?

    Ich hab jedenfalls bei der Überschrift aufgehört zu lesen..denn wie sacht man in Hamburch so schön:

    -> " gar nich ignorieren"..

    • @Wunderwelt:

      Aber auch nachdem man die nicht mal ignorierte, sind sie immer noch da. Also ist das kein zielführender Ansatz gewesen.

  • Typisch, erst hetzen und dann (scheinbar) zurückrudern, wohlwissend, dass etwas hängenbleibt.

    Und der Hass gegen Erneuerbare Energien, der sich aus (bei aller eventuell möglichen sachlichen Kritik) aus Nicht-Argumenten speist.

  • Lasst uns andere Themen setzen, ja?







    Wie bekommen wir das Klima in einen halbwegs stabilen Bereich?



    Wo müssen wir das soziale Netz verbessern und wie tragen Erben und sehr Reiche auch mal wieder dazu bei?



    Wo kann z.B. Digitalisierung für Produktivität sorgen?

  • Ich gehe davon aus, dass die große Mehrheit der AfD-Delegierten weiß, dass das Quatsch ist - Weidel jedenfalls 100%ig.



    Dass zu so einer Stammtischparole viele bierernste Artikel erscheinen, ist schon bemerkenswert.

    Es geht ihr nicht um wirkliche Politik-Ideen. Es geht um Provokation.



    Und wer leicht zu provozieren ist, wird besonders oft geärgert.



    Die einzelnen Menschen lernen das normalerweise im Grundschulalter; politische Klassen fallen immer wieder drauf rein ...

  • Vermutlich werden sie das Lügenmärchen Trumps aufgreifen, der kürzlich erst behauptet hat, dass das Geräusch der Windräder Krebs erzeugen würde.

    • @Minelle:

      Und welche Krankheit verursacht dann erst eine Parteitagsrede?